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Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)

Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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bedeutete Zuhause. Er konnte nicht anders. Alles, was er wollte war, nach Hause zu gehen, und zwar so schnell wie möglich.
    Er trat in den Wohnungsflur. Mehrere Türen gingen ab. Die zweite, die er probierte, war offenbar die Tür zum Treppenhaus. Sie war verriegelt. Er prüfte die Schlösser. Alle ließen sich von innen öffnen. Sekunden später war er im Treppenhaus. Und draußen.
    Auf dem Kirchplatz atmete er die feuchte Luft ein. Es war gut gewesen, die Wohnung zu verlassen. Jetzt fühlte er sich besser. Er orientierte sich. Überlegte, wie er am schnellsten zum Hof seines Vaters käme. Und setzte sich in Bewegung.

13
    Beate Heitbrink wurde von zwei Uniformierten ins Vernehmungszimmer begleitet. Die Nacht in Gewahrsam war ihr nicht gut bekommen. Sie sah furchtbar aus. Die Schultern gebeugt, das Gesicht fahl und grau, den Blick stumpf aufs Linoleum gerichtet. Sie schien sich nur mit Mühe aufrecht halten zu können.
    Hinter ihr auf dem Flur tauchte die Schulte auf. Sie folgte dem Grüppchen zum Vernehmungsraum. Ihr Gesicht war unbewegt. Als sie Böttger vor seiner Bürotür entdeckte, nickte sie ihm lediglich zu. Sie hatte es also geschafft: Beate Heitbrink war einverstanden damit, ohne Anwalt befragt zu werden. Eine kleine Sensation.
    Die Tür öffnete sich und Beate Heitbrink wurde in den Vernehmungsraum geführt. Die Schulte schaltete das Licht ein, inspizierte kurz den Raum und trat wieder hinaus in den Flur.
    »Es geht gleich los, Frau Heitbrink«, sagte sie mit einer Sanftheit in der Stimme, die Böttger niemals bei ihr vermutet hätte. »Einen Moment bitte, ich bin gleich wieder da.«
    Beate Heitbrink nickte tapfer, dann sah sie sich zaghaft in dem Büroraum um, in den man sie gebracht hatte. Die Schulte trat auf Böttger zu.
    »Wir haben sie«, stellte sie nüchtern fest. Alles Sanfte war aus ihrer Stimme verschwunden. »Wie wollen wir vorgehen?«
    »Sie führen das Gespräch«, sagte er. »Ich halte mich zurück. Am besten, wir gehen vorsichtig mit ihr um. Empathisch. Ich glaube aber, mit verständnisvollen Männern kann sie nichts anfangen. Da weiß sie nicht, wie sie sich verhalten soll. Ich werde Ihnen also das Feld überlassen, so weit wir kommen.«
    »Einverstanden. Ich hole schnell einen Kaffee. Möchten Sie auch einen?«
    »Gerne. Einfach schwarz, wenn’s geht.«
    Sie nickte und steuerte die kleine Küche am Ende des Flurs an. Böttger betrachtete Beate Heitbrink durch die offene Tür. Sie starrte zu Boden und kaute an einem Fingernagel herum. Auf dem Stuhl gab sie ein seltsames Bild ab. Das Büro wurde selten genutzt. Es war schlicht und zweckmäßig eingerichtet. Weiß getünchte Wände, weiße Büromöbel, ein paar Drucke von Matisse über dem Schreibtisch und auf der Fensterbank eine Birkenfeige. Alles war neu und sauber und aufgeräumt. Beate Heitbrink wirkte wie ein Fremdkörper in dieser Umgebung.
    Hinter ihm eine Stimme: »Was macht denn die Heitbrink da?«
    Böttger drehte sich um. Kriminaloberrat Brüse war im Flur aufgetaucht. Neugierig spähte er in den Vernehmungsraum, dann wandte er sich an Böttger und schob den Krawattenknoten zurecht.
    »Sie wird von uns befragt«, gab der zurück.
    »Ohne ihren Anwalt?«
    »Sie verzichtet darauf.«
    Brüses Gesicht verdunkelte sich.
    »Wie haben Sie das angestellt?«
    »Wir haben Sie einfach gefragt.«
    »Sie haben Druck ausgeübt. Sie manipuliert.«
    »Nein. Wie gesagt: einfach gefragt.«
    Er verschränkte die Arme. »Das glauben Sie doch selber nicht. Was denken Sie eigentlich, was los ist, wenn wir bei so was erwischt werden. Die Pressemeute da draußen wartet ja nur darauf. Denen gehen nämlich langsam die Schlagzeilen aus. Polizisten, die das Recht beugen, na klar, die sind hochwillkommen. Der kleinste Fehler, und hier rollen Köpfe, das schwöre ich Ihnen. Vielleicht sagen Sie also doch lieber dem Anwalt Bescheid, wenn Sie die Frau vernehmen wollen.«
    Böttger verhärtete sich. »Sie wollte keinen Anwalt.«
    Schweigen. Brüses Kiefer arbeitete.
    Böttger fragte sich, wie es für einen Jungspund wie den Brüse sein musste, eine solche Position zu besetzen. Das war bestimmt nicht leicht. Weder Eitelkeit noch Gradlinigkeit konnten etwas daran ändern, dass er erst achtunddreißig war. Und natürlich umgeben von alten Hasen im Geschäft, von gestandenen Ermittlern, denen er niemals würde das Wasser reichen können. Ihn schützte nur die Hierarchie.
    Er schien zu überlegen, ob er es darauf ankommen lassen sollte. Doch dann sagte er nur:

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