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Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)

Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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Heute weiß ich das. Du musst dir im Klaren darüber sein, welchen Preis du bereit bist zu zahlen. Und am Besten ist es, du weißt so was vorher.« Sie strich Sanna übers Haar. »Jakob soll abhauen. Hilf ihm dabei. Er soll von hier verschwinden, und zwar so schnell wie möglich. Und wenn er weg ist, mein Schatz: Dann denk nicht mehr über ihn nach.«
    »Frau Marquart?«, kam es mit zittriger Stimme.
    Sanna blickte auf. Eine Kursteilnehmerin stand vor ihr. Frau Kentrup. Sie trat nervös von einem Bein aufs andere. Fasste sich alle zwei Sekunden ans Ohr.
    »Frau Marquart, die Turnhalle ist zu.«
    Ihr Blick sprang von Renate zu Sanna zur Hecke und zurück. Sanna sah auf die Uhr. Sie war zu spät, die Pause war längst vorüber. Frau Kentrup fasste sich wieder ans Ohr. Unpünktlichkeit war eines der Dinge, die für sie nur schwer auszuhalten waren.
    »Ich habe die Zeit vergessen«, sagte Sanna. »Das tut mir leid. Ich komme sofort.«
    »Aber der Kurs hat schon angefangen. Die anderen warten alle vor der Halle. Die Tür ist abgeschlossen.«
    »Ja, das ist meine Schuld. Entschuldigen Sie, Frau Kentrup. Ich komme jetzt.« An Tante Renate gewandt sagte sie: »Ich muss weitermachen, tut mir leid.«
    »Ach was. Ich ja auch, mein Engel, ich ja auch.«
    Sie standen auf und umarmten sich. Frau Kentrup blickte verstört zur Hecke.
    »Mach’s gut«, sagte Tante Renate, dann verschwand sie wieder hinter der mannshohen Hecke, und Sanna machte sich mit Frau Kentrup auf den Weg zur Turnhalle.

    Kurz nach zwölf. Noch eine Stunde, bis Sanna wieder zurück wäre. Er musste sich gedulden. Warten. Den Fernseher hatte Jakob ausgeschaltet, die Bilder und Stimmen hatten ihn nervös gemacht. Nun hockte er in der stillen Wohnung und sah dem Sekundenzeiger der Wanduhr dabei zu, wie er sich übers Zifferblatt bewegte.
    Vor ein paar Minuten hatte es an der Tür geklingelt. Zuerst war Jakob in Schreckstarre gefallen, ein paar Sekunden lang setzte sein Atem aus. Dann war er zum Fenster gegangen, hatte den Vorhang ein Stück zur Seite geschoben und nach draußen gelugt. Ein Paketbote hatte vor der Tür gestanden. Hatte ein zweites Mal geklingelt, hochgesehen, dann ein Kärtchen beschrieben und es in den Briefkasten geworfen. Anschließend war es in der Wohnung wieder still geworden.
    Auf dem Kirchplatz war keine Menschenseele zu sehen. Trotzdem fühlte er sich nicht sicher. Sanna glaubte, er wäre in Gefahr. Er konnte nicht einschätzen, ob das stimmte. Es ging um Maike, so viel war klar. Und um seinen Vater. Um das, was passiert war. Was sein Vater getan hatte. Jakob wusste nicht, wie Maike gestorben war. Er war nicht dabei gewesen. Hatte nichts gehört und nichts gesehen. Das hoffte er jedenfalls. Da waren nämlich Erinnerungslücken. Zeit, die ihm verloren ging. Immer wieder passierte das, und er konnte es sich nicht erklären. Sicher war er sich also nicht, ob er nicht insgeheim doch wusste, was mit Maike geschehen war. Lieber dachte er nicht darüber nach.
    London war eine gute Idee. Er musste von hier weg, dann würde alles besser werden. Tief drin konnte er es spüren: Es war richtig, wegzugehen.
    Der Sekundenzeiger bewegte sich nervenaufreibend langsam. Er stand vom Sofa auf und ging durch den Raum. Seine Reisetasche stand bereit. Es konnte jederzeit losgehen. Fehlte nur noch Sanna. Er ging in die Küche, um sich ein Glas Wasser zu holen. Öffnete die Schranktüren und suchte nach Gläsern. Dabei fiel sein Blick auf den Küchentisch. Ein Stapel Briefe lag dort. Unter einem Brief lugte der Zipfel einer Postkarte hervor. Ein grelles Orange war zu sehen, und Blütenblätter. Eine seltsame Neugierde war in ihm geweckt. Er vergaß den Wunsch nach einem Glas Wasser. Schloss die Schranktür und schob den Brief zur Seite. Nun lag die Postkarte vor ihm. Es war eine Rose. Eine prächtige, orangefarbene Rose.
    Sein Herz setzte einen Schlag aus. Alles drehte sich. Ihm wurde übel, Schweiß bildete sich in seinen Handflächen. Ein Gefühl, als stürze er in einen Abgrund.
    Er blickte sich um. Wo war er? Alles schien fremd. Eine Küche. Dahinter ein Wohnungsflur. Doch er kannte die Wohnung nicht, er war noch nie zuvor hier gewesen. Am Fenster schob er den Vorhang beiseite. Jenseits der Scheibe war der Kirchplatz von Marienbüren. Er befand sich also im Ortskern. Doch wie war er hier hereingekommen? Es war, als wäre er aus einem Traum erwacht.
    Vor ihm lag eine Postkarte. Das Bild einer Rose. Seltsam. Er musste nach Hause, das wusste er. Sofort. Die Rose

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