Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)
fühlte sich steif an. Sie konnte sich kaum auf den Beinen halten. Schwindel erfasste sie. Sie überlegte erst gar nicht, ob sie eine Chance gegen ihn hätte, wenn sie sich losriss und weglief. Geschwächt wie sie war, schien ihr der Gedanke absurd zu sein.
Er nahm den Strahler und schleifte sie mit der freien Hand zum Ausgang. Sanna warf einen Blick zurück zu Jakob, doch der hockte unsichtbar in der Dunkelheit. Er gab keinen Laut von sich. Dann waren sie draußen auf dem Hof. Es hatte zu regnen begonnen. Wolfgang Blank ließ sie los, und sie stürzte. Kleine, weiche Tropfen fielen auf sie herab. Der Himmel über den Hügeln war grau und dunkel. Am Horizont türmten sich tiefschwarze Wolkenmassen. Offenbar braute sich das nächste Unwetter zusammen.
Blank verschloss das Tor und zerrte sie weiter zu dem Zelt vor dem Wohnwagen. Im Zwielicht der Dämmerung standen Plastikstühle und ein schmutziger Tisch. Der Wohnwagen schien verwaist zu sein.
»Setz dich hin«, befahl er und drückte Sanna auf einen Plastikstuhl. Dann zog er Handschellen aus der Jackentasche, ließ ein Ende um Sannas Handgelenk schnappen und kettete sie mit dem anderen an die Tür des Wohnwagens. Er überprüfte, ob beide Enden fest eingerastet waren, dann drehte er sich um und stapfte ohne ein weiteres Wort davon. Sanna blieb allein zurück. Jenseits der durchsichtigen Zeltplane sah sie Wolfgang Blank zurück zur Scheune gehen. Sie hatte keine Ahnung, was als Nächstes passieren würde oder weshalb man sie aus der Scheune geschickt hatte.
Vor dem Holztor wartete der Typ mit dem Basecap auf Blank. Er sprach mit ihm, gestikulierte und erteilte offenbar Befehle. Wolfgang Blank nickte devot und ging mit dem Handstrahler zurück in die Scheune. Offenbar hatte dieser Fremde hier das Sagen, wer immer das war. Als hätte er Sannas Gedanken gehört, warf er einen finsteren Blick in Richtung Wohnwagen, bevor er sich umdrehte und zurück ins Haus ging.
Der Regen verstärkte sich. Leise trommelte er aufs Zeltdach und lief außen an der Zeltwand herab. Der Hof und die Scheune verschwammen zunehmend dahinter. Sanna blickte sich um, suchte nach irgendwas, das ihr die Flucht ermöglichen würde. Doch auch hier gab es nichts, das hilfreich wäre. Kälte zog von draußen herein. Sie fröstelte.
Die Zeit verging. Da war nur das monotone Geräusch des Regens auf dem Zeltdach, sonst nichts. Hoffnungslosigkeit überfiel sie. Es würde für sie keine Möglichkeit zur Flucht geben.
Draußen flackerten Lichter auf. Hinter der regennassen Plane konnte sie die Scheune erkennen. Die Butzenfenster leuchteten orange. Ebenso das Scheunentor. Offenbar war ein Feuer entfacht worden. Der Regen rauschte in ihren Ohren.
Am Hang tauchten Scheinwerfer auf. Autos fuhren den Schotterweg herab. Wolfgang Blank, der sich inzwischen ein Regencape übergeworfen hatte, lief zum Eisentor und zog es auf. Ein dunkler Mercedes rollte auf den Hof, gefolgt von einem Kleinbus. Blank winkte die Wagen am Wohnhaus vorbei zu der freien Fläche hinter der Scheune.
Zwischen Scheune und Parkfläche waren jetzt Gestalten zu erkennen. Vier oder fünf Männer, Sanna konnte jedoch keine Einzelheiten ausmachen, nur Umrisse. Regenschirme. Schließlich das offene Scheunentor und der Widerschein des Feuers. Der Mann mit dem Basecap, der hier offenbar alles organisierte, hatte von einer Party gesprochen. Sanna spürte einen schweren Knoten im Magen. Einem Reflex folgend zerrte sie an den Handschellen. Doch außer weiteren Schmerzen an den wunden Handgelenken erreichte sie damit nichts.
Die Gestalten verschwanden in der Scheune. Das Tor schloss sich, und gespenstische Ruhe legte sich über den Hof. Es wurde dunkel, die Dämmerung schluckte das letzte Licht am Himmel. Sanna blieb allein auf dem Hof zurück. Ein fernes Donnerrollen ertönte. Wetterleuchten flackerte am Horizont. Die dunklen bewaldeten Hänge zeichneten sich vor dem aufziehenden Gewitterhimmel ab.
Der Regen prasselte unvermindert auf sie herab. Pfützen sammelten sich auf dem Hof, und aus einem Leck im Zeltdach tropfte es auf den schmutzigen Tisch.
Sanna lauschte. Da war ein Trommeln in der Luft. Erst ganz leise, dann etwas lauter. Elektronische Musik, wie in einer Disko. Dazu derbes Lachen von Männern. Die Geräusche drangen aus der Scheune, sie mischten sich zunehmend in das Prasseln des Regens. Sie hörte einen Aufschrei, dann wieder das gräßliche Gelächter. Ein Schauer überfiel sie.
Lieber wollte sie sich nicht vorstellen, was da
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