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Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)

Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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drinnen gerade passierte. Sie versuchte die Geräusche auszublenden. Ganz für sich zu sein. Sie ließ ihren Atem fließen. Versuchte, in sich hineinzuhören, auf ihren Herzschlag, das Blut in den Adern. Sie musste irgendwie zur Ruhe kommen. Die Angst besiegen.
    Etwas veränderte sich. Sanna hielt die Luft an. Sie hob den Kopf. Lauschte. Um sie herum nur tropfende Dunkelheit, und draußen das Prasseln des Regens. Trotzdem. Sie fühlte sich nicht mehr allein hier draußen.
    »Jannis«, flüsterte sie.
    Doch nichts. Es war nur Einbildung, natürlich. Ein Blitz zuckte am Himmel. Das Zelt wurde in kaltes weißes Licht getaucht. Um sie herum nur leere Plastikstühle und der schmutzige Tisch. Dann kehrte die Dunkelheit zurück, und ein Donnerschlag folgte.
    Irgendwann öffnete sich das Scheunentor. Flackernder Feuerschein fiel auf den Hof. Männer schlenderten heraus, es wurde gelacht. Kurz darauf fielen Autotüren ins Schloss, Scheinwerfer wurden eingeschaltet und Motoren heulten auf. Das Eisentor wurde zur Seite gezogen, und einige der Autos rollten vom Hof. Jedoch nicht alle, wie Sanna bemerkte. Sie versuchte, einen Blick ins Innere der Scheune zu erhaschen, aber da fiel die Tür schon wieder zu. Von Jakob keine Spur. Sie fragte sich, ob er überhaupt noch lebte.
    Das Licht einer Taschenlampe hüpfte auf sie zu. Es war der Mann mit dem Basecap. Er trat in das Zelt, schüttelte den Regen ab und schenkte Sanna ein kaltes Lächeln.
    »Ich hoffe, das Warten ist Ihnen nicht zu lang geworden, Frau Marquart.«
    Er legte die Taschenlampe auf den Tisch und zog einen kleinen Schlüssel hervor. Der gehörte zu den Handschellen. Sanna dachte fiebrig über eine Flucht nach. Inzwischen war sie wieder einigermaßen bei Kräften. Ihre Beine fühlten sich nicht mehr taub an. Wenn sie ihn zur Seite stieß und lossprintete, hatte sie vielleicht eine Chance.
    Doch als hätte er ihren Gedanken gelesen, zog der Mann eine Pistole aus seiner Robe hervor. Er entsicherte sie und hielt den Lauf auf ihren Oberkörper gerichtet.
    »Ich weiß, Sie sind sehr sportlich«, sagte er, immer noch mit diesem kalten Lächeln im Gesicht. »Eine kleine und scheinbar wehrlose Frau. Das ist schon manchem zum Verhängnis geworden. Aber nicht mir.«
    Er schloss die Handschellen auf, ohne sie aus den Augen zu lassen. Die Pistole blieb dabei auf ihre Brust gerichtet. Schließlich war Sanna frei. Er stand vorsichtig auf und trat einen Schritt zurück.
    »Wenn ich Sie jetzt bitten dürfte.«
    Sie blieb auf dem Plastikstuhl sitzen.
    »Ist Jakob tot?«, fragte sie.
    »Aber nein.«
    »Was passiert mit mir?«
    »Sie werden schon sehen. Ich will Ihnen nicht die Überraschung verderben. Kommen Sie.«
    Aus der Scheune drang kein Laut. Jetzt war da nur noch das Prasseln des Regens auf dem Hof. Er bedeutete ihr, mit der Pistole aufzustehen. Ihr blieb keine Wahl. Sie erhob sich. Vor dem Ausgang blieb sie stehen. Der Wind zerrte an einem Stück loser Plane. Regen sprühte herein. Sie zögerte.
    »Wieso sind die meisten weggefahren?«
    »Die Party ist vorbei. Auch der schönste Abend geht einmal zu Ende.«
    »Wer waren diese Leute?«
    »Wollen Sie Namen hören?«
    Sie wusste selbst nicht, was sie hören wollte.
    »Prof. Dr. Gunther Dörrhoff zum Beispiel«, sagte der Mann. »Eine Koryphäe auf seinem Gebiet. Er ist einer von Jakobs Kunden, seit er vier Jahre alt ist. Aber den werden sie gleich noch kennenlernen. Auch die anderen Gäste waren meist alte Kunden. Die Namen spielen keine Rolle, glaub ich. Die meisten von ihnen standen aber auf der Liste, die Jakob ihnen gegeben hat.«
    »Das sind alles Pädophile?«, sagte Sanna ungläubig.
    »Ich bevorzuge den Begriff Kunden . Sie haben der Familie Blank über die Jahre eine Menge Geld eingebracht.«
    »Und vor allem Ihnen, oder?«
    Er lachte. »Ganz schön vorlaut für jemanden, der gerade an einem Baggerloch ermordet wird.«
    »Was sind Sie nur für ein Schwein«, sagte sie.
    »Ich bitte Sie, Frau Marquart! Ich bin ein einfacher Dienstleister. Mein Job ist es, Kunden zufriedenzustellen. Mehr nicht. So, jetzt haben wir genug geplaudert. Es wird Zeit.« Er deutete hinaus in den Regen. »Nach Ihnen, Frau Marquart. Ich fürchte, Sie werden ein wenig nass werden. Leider lässt sich das nicht vermeiden.«
    Sanna trat hinaus auf den Hof. Augenblicklich prasselten dicke Tropfen auf sie ein. Doch sie spürte es kaum. Hinter ihr war der Mann, der ihr die Pistole in den Rücken drückte. Er wich nicht von ihrer Seite. Es gab kein Entkommen.

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