Schlafende Geister
drehte mich wieder zu Bridget um. »Kannst du bei Sarah übernachten?«
Sie nickte. »Die wäre begeistert, uns alle aufzunehmen. Platz genug hat sie.«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich setze nicht noch jemanden einem Risiko aus. Ich such mir ein Hotel und du und Walter übernachtet bei Sarah.«
»Nein«, sagte sie entschlossen. »Ich bleibe bei dir, John.«
Ich sah sie an. »Bishop und sein Bruder suchen nach mir … vielleicht nicht zusammen, aber sie sind beide hinter mir her. Und wenn sie mich mit dir zusammen finden … also, das Mindeste, wofür Mick Bishop sorgen wird, ist, dass du jede Menge Ärger bekommst. Aber Ray Bishop …« Ich schüttelte den Kopf. »Ich darf nicht zulassen, dass er auch nur in deine Nähe kommt, Bridget.«
»Na gut, aber du kannst auch nicht ständig vor ihm davonlaufen, oder? Du musst etwas gegen ihn unternehmen, jemandem sagen, was er getan hat. Er muss eingesperrt werden.«
»Ich weiß«, sagte ich. »Daran arbeite ich ja auch. Ich muss nur noch ein bisschen über die Dinge nachdenken. Und jetzt im Moment bin ich zu müde, um klar zu denken.«
»Wieso fahren wir dann nicht alle zusammen zurück in die Wohnung über dem Laden?«, schlug Bridget vor. »Da sollte es doch eigentlich sicher genug sein, oder?«
»Ja, vielleicht …«, sagte ich, während ich darüber nachdachte. »Mick Bishop weiß, dass wir uns kennen, aber es würde mich überraschen, wenn er im Moment mit seinem Bruder in Kontakt stünde.«
»Also weiß Ray Bishop nichts von dem Laden.«
»Wahrscheinlich nicht, aber Mick. Er wird dich bestimmt sofort überprüft haben, nachdem er dich im Haus gesehen hat. Er wird wissen, was du tust, wo du arbeitest, wie viel Umsatz der Laden macht.«
»Ja, aber er weiß sicher nicht, dass es darüber eine Wohnung gibt, denn sie gehört offiziell nicht zum Laden.«
»Nicht?«
Sie schüttelte den Kopf. »Sarah hat das aus steuerlichen Gründen so geregelt … ich hab das nie genau verstanden. Ich weiß nur, dass die Wohnung rechtlich gesehen nichts mit dem Laden zu tun hat. Wenn du also willst, können wir dorthin zurückfahren, uns was zu essen machen, ein bisschen ausruhen … und du hättest so viel Zeit, wie du brauchst, um über alles genau nachzudenken.« Sie lächelte mich an. »Was meinst du?«
Ich sah sie an. »Ich glaube, das klingt gut.«
Ich sagte Bridget, dass ich auf dem Weg noch kurz in meinem Büro vorbeimüsse, deshalb fuhren wir zum alten Marktplatz und parkten den Kombi dort.
»Dauert nicht lange«, sagte ich zu ihr und löste den Gurt. »Ich muss nur schnell was holen.«
Sie sah mich an. »Bist du sicher, dass das eine gute Idee ist? Ich meine, wenn Bishop hinter dir her ist, hat er doch bestimmt jemanden abgestellt, der dein Büro überwacht.«
»Ja, kann sein …«
»Brauchst du denn das, was du holen willst, wirklich ?«
Ich nickte. »Schon gut. Ich weiß, was ich tue. Aber wenn ich in einer Viertelstunde nicht zurück bin –«
»Ja, klar, dann rufe ich Leon Mercer an.«
»Und –«
»Lass die Türen verriegelt«, sagte sie lächelnd. »Und ja, ich rufe dich an, wenn ich dich brauche.«
Ich sah niemanden, als ich die Wyre Street entlang auf das Büro zuging. Die Straße war menschenleer, die Luft kalt und feucht, und das Einzige, was ich hörte, war das dumpfe Klatschen meiner eigenen Schritte, das in die Nacht hinaushallte. Aber nur weil ich niemanden sah, hieß das noch nicht, dass ich tatsächlich allein war. Es gab genügend Stellen entlang der Straße, wo man sich verstecken konnte – Ladeneingänge, dunkle Gassen, Berge von Abfalltüten, Müllcontainer. Es konnten mich Dutzende von Bishops Leuten überwachen.
Das Ganze ging mir an die Nerven, und als ich endlich auf das Bürohaus zuging und die Eingangstür öffnete, erwartete ich immer noch, dass sich plötzlich jemand auf mich stürzte oder so … aber nichts geschah. Ich ging hinein, schloss die Tür und zog die kleine Taschenlampe heraus, dann ging ich nach oben.
Die Bürotür war abgeschlossen. Nachdem ich sie geöffnet hatte, blieb ich einen Moment stehen, dann trat ich ein. Ich blieb wieder stehen, schwenkte den Taschenlampenstrahl durch den dunklen Raum und horchte auf irgendwelche Lebenszeichen … aber ich nahm nichts wahr, was nicht hierhergehörte. Ich ging hinüber zu meinem eigenen Zimmer und trat direkt vor den Wandsafe. Es dauerte nur einen Moment, ihn zu öffnen. Ich nahm die 9-mm-Pistole heraus, prüfte, ob sie geladen war, klickte die
Weitere Kostenlose Bücher