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Schlafende Geister

Schlafende Geister

Titel: Schlafende Geister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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Teufel, wofür er es ausgibt. Dieser Bastard geht doch noch nicht mal aus, macht keine Ferien … fährt einen beschissenen Honda … wohnt allein in derselben Doppelhaushälfte, in der er immer gewohnt hat.«
    »Was ist mit Familie, Freunden …?«
    »Familie hat er nicht, soviel ich weiß. Keine Freunde, keine Frau, keine Geliebte … nichts. Aber was immer er mit seinem Geld anfängt, er ist jedenfalls verdammt geschickt im Geld machen . Geschickt, seine Spuren zu verwischen, geschickt, jeden aufzuspüren, der ihn zu Fall bringen könnte …« Cliff schüttelte den Kopf. »Jim war nie korrupt, verdammte Scheiße. Er war der sauberste Bulle, den ich je kannte. Ich meine, ja, okay, die Sache mit dem Mädchen war ziemlich blöd. Und es gibt auch viele, die sagen würden, egal was deine Kollegen anstellen, halt deine Klappe … aber der Rest, die Vorstellung, dass Jim die Hand aufgehalten hat …« Cliff schaute zu mir hoch. »Dein Vater ist reingelegt worden, John. Bishop hat ihn gelinkt.«
    »Ja, ich weiß.«
    Cliff sagte eine Weile nichts, sondern saß nur da, sah mich an und versuchte, seinen Kopf auf den Schultern zu halten. Die Augen wurden mit jeder Minute schwerer und einen kurzen Moment dachte ich, er würde einschlafen, doch gerade, als sein Kopf auf die Brust sinken wollte, zerschellte hinter dem Tresen ein Glas. Das Geräusch rief das übliche kurze Schweigen hervor, gefolgt von Jubel und Gelächter, und als ich wieder zu Cliff schaute, saß er kerzengerade auf seinem Stuhl.
    »Ja, also, wie auch immer …«, sagte er. »Diese Sache mit … wie war noch ihr Name … mit dem vermissten Mädchen …«
    »Anna Gerrish.«
    »Ja, genau …« Er zwinkerte in Zeitlupe. »Was wollte ich sagen?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Ach ja … wegen Bishop. Ich meine, ja, wenn du recht hast, dass er den Fall totschweigen will, dann tut er es entweder wegen Geld oder um sich zu schützen.«
    »Wie kann denn dabei Geld im Spiel sein?«
    »Scheiße, John, keine Ahnung … ich mein ja nur …« Seine Stimme wurde immer schwächer, während der Kopf wieder nach vorn zu sinken begann und Cliff sich müde die Augen rieb. »Ich bin fertig«, sagte er. »Ich kann nicht mehr. Tut mir leid …«
     
    Zehn Minuten später saßen wir beide in einem Taxi – Cliff schlief fest und schnarchte besoffen, während ich aus dem Fenster schaute und selbst fast zu betrunken war, um mich zu verachten.
    Aber nicht ganz.
    Es dauerte nicht lange, bis wir Cliffs Haus erreichten. Ich bat den Fahrer zu warten, während ich Cliff ins Haus brachte und im Wohnzimmer aufs Sofa legte. Er sagte nicht viel, als ich ihm die Krawatte löste und ihm half, seine Schuhe auszuziehen – zumindest verstand ich nicht viel –, doch als ich gerade gehen wollte, hörte ich ihn meinen Namen rufen, und als ich mich umdrehte, sagte er: »Mach dir keine Sorgen, ja? Ist alles … verstehst du … ist alles in Ordnung … mach dir echt keine Sorgen … ist alles okay.« Er lächelte mich schief an. »Das Leben ist viel zu beschissen, mach dir echt keine Sorgen.«
     
    Ich sagte dem Taxifahrer, er solle mich an meinem Büro rauslassen. Als ich ankam, machte George Salvani gerade wieder eine seiner vielen Zigarettenpausen und stand in einem seiner vielen teuren dreiteiligen Anzüge gegen die Hauswand gelehnt. Während ich auf die Tür zuging, fragte ich mich, was er wohl von mir dachte – halb betrunken, grün und blau geschlagen, wie immer in meinem tristen schwarzen Anzug …
    »Ada ist gerade gegangen«, sprach George mich mit einem Lächeln an.
    »Was hast du gesagt?«
    »Ada, deine Sekretärin, ist vor ein paar Minuten gegangen. Wenn ich dich sehe, soll ich dir ausrichten, alles ist auf dem Laufenden und auf dem Schreibtisch liegt ein Zettel für dich.«
    »Verstehe …«, sagte ich. »Danke.«
    Er lächelte wieder. »Kein Problem.«
    Ich ließ ihn mit seiner Zigarette allein und ging hinauf in mein Büro.
     
    Ada teilt sich ihre Arbeitszeiten mehr oder weniger selbst ein. Im Grunde arbeitet sie so lange wie nötig und geht dann nach Hause. An manchen Tagen heißt das, dass sie von neun bis fünf oder auch länger im Büro ist, an andern kommt sie auch mal gar nicht. Das passt ihr gut und mir ist es auch recht. Genau darauf haben wir uns geeinigt, als ich sie, kurz nachdem ich mein eigenes Büro aufgemacht hatte, von Mercer Associates abwarb.
    Heute war eindeutig nicht so viel zu tun gewesen.
    Auf dem Tisch lagen ein paar Schecks zum Unterschreiben,

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