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Schlafende Geister

Schlafende Geister

Titel: Schlafende Geister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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Verletzungen im Gesicht stammten, hatten mir zu denken gegeben. Trotzdem erwartete ich nicht wirklich, die Hand zu sehen, die gestern Nacht meinen Schädel getroffen hatte …
    Und natürlich sah ich sie auch nicht.
    Was ich jedoch sah, als die Fahrstuhltür aufging und ich zur Seite trat, um ein paar Leute herauszulassen, war ein Gesicht, dem ich lange nicht mehr begegnet war. Der Mann hieß Cliff Duffy. Er war DC gewesen, als mein Vater starb, und nun war er immer noch DC. Unsere Blicke trafen sich, als er vorbeiging, doch wir nahmen uns nicht offen zur Kenntnis.
    Ich behielt ihn im Auge, während ich DC Wade in den Fahrstuhl folgte, schaute, in welche Richtung er ging, und gerade als sich die Fahrstuhltür schloss, streckte ich den Arm aus, hielt sie offen und sagte zu Wade: »Warten Sie einen Moment.« Und ehe er mich aufhalten konnte, lief ich schon eilig den Gang entlang und holte Duffy ein, als er eben einen Raum betreten wollte. Er blieb stehen, drehte sich um, als ich seinen Arm berührte, und während ich eine Schau abzog, seine Hand schüttelte und ihn breit anlachte, flüsterte ich ihm ins Ohr: »Blue Boar, halbe Stunde … ist wichtig, okay?«
    Er antwortete nicht, sondern schüttelte nur weiter meine Hand, doch das unmerkliche Kopfnicken sagte mir, dass er mich verstanden hatte. Ich tätschelte zum Abschied seinen Arm und ging zum Fahrstuhl zurück, wo DC Wade ungeduldig wartete.
    »Tut mir leid«, erklärte ich ihm. »Cliff war ein alter Freund meines Vaters …«
    Wade sagte nichts, sondern drückte nur den Knopf fürs Erdgeschoss.
     
    Vor ungefähr zehn Jahren hatte sich Cliff Duffy wegen einer Sache an mich gewandt, die seinen achtzehnjährigen Sohn betraf. Cliff arbeitete damals an einem Betrugsfall, der ursprünglich ganz harmlos zu sein schien, sich dann aber zu einer viel größeren Operation ausweitete. Etliche hochkarätige Politiker waren in den Fall verstrickt, unter anderem auch der Parlamentsabgeordnete für Hey West, Meredith Chase, der zu jener Zeit dem Schattenkabinett angehörte. Cliffs Rolle war dabei relativ unbedeutend, doch er gehörte zu dem Überwachungsteam, das es geschafft hatte, Fotos zu schießen, die Meredith Chase in intimen Situationen mit einem siebzehnjährigen Jungen zeigten. Dummerweise hatte Cliff eines Abends den Fehler begangen, ein paar von den Fotos mit nach Hause zu nehmen, und ausgerechnet in dieser Nacht drang sein Sohn, mit dem er im Streit lebte, frühmorgens ins Elternhaus ein auf der Suche nach etwas, das er stehlen und verkaufen konnte, um seinen Drogenkonsum zu finanzieren. Es war nicht der erste Besuch dieser Art, und obwohl Cliff und seine Frau jedes Mal am Boden zerstört waren, wenn es geschah, hatten sie gelernt, ihre Verzweiflung runterzuschlucken, den Mund zu halten und es zu akzeptieren. Und sie wären auch diesmal gern dabei geblieben, wenn Richey nicht die Überwachungsfotos von Meredith Chase geklaut hätte.
    »Jetzt verstehst du«, hatte Cliff zu mir gesagt, »in welcher Lage ich bin. Sobald Richey merkt, wer der Mann auf dem Foto ist, wird sein erster Gedanke Erpressung sein. Oder er verkauft die Bilder vielleicht an die Boulevardpresse, wenn der Preis stimmt. Was auch immer, meine Karriere wäre vorbei.«
    Er sagte es nicht, aber ich glaube, Cliff wusste, dass, wenn es zum Schlimmsten käme, nicht nur seine Karriere, sondern auch seine Ehe vorbei wäre. Wenn die kriminelle Lebensweise ihres Sohnes ans Licht käme, würde Mrs Duffy diese Schande und Peinlichkeit nicht verkraften, und auch ohne dass ich sie kannte, hatte ich den Eindruck, dass sie Cliff für all die Probleme ihres Sohnes verantwortlich machte.
    Der Grund, weshalb sich Cliff in dieser Sache an mich wandte, war zum einen, dass er mich ganz gut kannte – er hatte jahrelang mit meinem Vater zusammengearbeitet und ihn geachtet, außerdem glaubte er, sich auf meine Diskretion verlassen zu können. Zum anderen war sein Sohn immer auf dem Sprung – er wohnte mal da, mal dort, in irgendwelchen besetzten Häusern oder bei Freunden, gelegentlich schlief er auch unter freiem Himmel – und Cliff hatte einfach nicht die Zeit, nach ihm zu suchen, weil er immer noch in die Recherchen um Meredith Chase involviert war. Außerdem war Cliff, wenn er es auch nicht zugab, in detektivischer Hinsicht nie besonders gut gewesen, was dazu führte, dass er die längste Zeit seiner Karriere DC geblieben war.
    Jedenfalls sagte ich Cliff, ich würde schauen, was ich tun könne. Nach ein paar Tagen

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