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Schlafende Geister

Schlafende Geister

Titel: Schlafende Geister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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standen die beiden im Laden – fettes Kind, fetter Dad.« Sie lächelte. »Der Fettsack von Vater sagte, wenn ich seinem Sohn keine Maus verkaufte, würde er mich verklagen.«
    »Was hast du gemacht?«
    »Ihm gesagt, er soll sich an meinen Anwalt wenden.«
    Ich zündete eine Zigarette an. »Irgendwo steckt doch wahrscheinlich noch der Witz.«
    »Wahrscheinlich.«
    Sie hob ihren Becher zum Mund und pustete leicht in den Dampf.
    Ich fragte: »Wieso bist du eigentlich heute nicht im Laden?«
    Sie lächelte. »Ich mach blau, genau wie du.«
    »Ich mach nicht blau … nur eine Pause. Muss gleich wieder los.«
    »Na, gut … ist mein freier Nachmittag. Sarah ist heute da.«
    »Wer ist noch mal Sarah?«
    »Meine Partnerin.«
    »Ach so, ja … ich erinnere mich, du hast mir von ihr erzählt.«
    Bridget sah mich an. »Ja, hab ich, oder?«
    »Was?«
    »Ich hab dir von Sarah erzählt.«
    »Sag ich ja.«
    »Ich weiß …«
    Sie sah mich immer noch an und in ihrem Blick schien eine Frage zu lauern. Und es kam mir so vor, als ob ich wissen müsste, wie die Frage lautete, aber ich wusste es nicht.
    »Was ist?«, fragte ich. »Was hast du?«
    Sie lächelte. »Wie lange kennen wir uns jetzt, John?«
    »Keine Ahnung … zehn Jahre vielleicht?«
    »Fast dreizehn, um es genau zu sagen. Dreizehn Jahre. Und in der ganzen Zeit … na ja, ich weiß, wir sind keine richtig engen Freunde oder so, aber wir haben doch schon viel miteinander geredet, oder?«
    »Ja …«
    »Und ich habe dir eine ganze Menge von mir erzählt – wie ich Sarah kennengelernt habe, wie wir zu dem Laden gekommen sind, was ich gern mache, was ich als Kind gern gemacht habe … so was eben. Ich meine, du weißt doch viel über mich, oder?«
    »Ja …«
    »Aber ich weiß immer noch so gut wie nichts über dich. Ich weiß, dass das Haus vorher deiner Mutter gehört hat und dass deine Frau umgebracht wurde … und ich weiß, was du von Beruf bist, aber das ist auch alles.« Sie trank aus ihrem Becher und sah mich über den Rand hinweg an. »Es macht dir doch nichts aus, oder?«
    »Was macht mir nichts aus?«
    Sie zuckte die Schultern. »Dass ich … du weißt schon …«
    »Nein«, sagte ich. »Es macht mir nichts aus.«
    »Sicher?«
    »Ja.«
    Sie lächelte. »Du kannst ruhig sagen, wenn ich die Klappe halten soll.«
    Ich sah sie an und mein Herz schlug heftig wegen einer Erwartung, von der ich nicht wusste, ob sie mir recht war. »Was willst du denn von mir wissen?«, fragte ich.
    »Egal, einfach … was du mir erzählen magst.«
    »Zum Beispiel?«
    »Erzähl mir von deiner Frau.«
    »Stacy?«
    »Ja … Stacy.« Bridget lächelte. »Erzähl mir, wie du sie kennengelernt hast.«
    Wahrscheinlich war es das Lächeln, das den Ausschlag gab. Bridgets Lächeln. Wenn sie gezögert hätte, mich nach Stacy zu fragen, oder wenn da nur eine Spur von Trauer und Mitleid in ihrer Stimme gewesen wäre, hätte ich wahrscheinlich eine Ausrede erfunden und das Thema gewechselt. Aber so, wie sie fragte, als ob die Erinnerung an Stacy etwas sei, das gefeiert und nicht betrauert, vermieden oder auf leisen Sohlen umgangen werden müsse … irgendwie machte das den entscheidenden Unterschied. Und als ich anfing, Bridget vom Sommer 1990 zu erzählen, wurde mir klar, dass ich zum ersten Mal seit dem Tag, als Stacy ermordet wurde, mit jemand anderem als mir selbst über sie sprach.
    »Ich hatte gerade mein erstes Jahr an der Uni beendet«, erklärte ich Bridget, »und war den Sommer über zurück nach Hause gefahren.«
    »Was hast du studiert?«, fragte sie.
    »Philosophie.«
    »Wieso das?«
    Ich sah sie an. »Keine Ahnung … ich dachte wahrscheinlich, es wär interessant.«
    »Und, war es interessant?«
    Ich zuckte die Schultern. »Es war okay. Ich meine, ehrlich gesagt wusste ich damals nicht so richtig, was ich vorhatte. Ich wusste nicht, was ich sein wollte, was ich mit meinem Leben anfangen sollte … Mein Vater hoffte, dass ich vielleicht zur Polizei gehen würde, wenn ich meinen Abschluss hätte.«
    »Zur Polizei?«
    »Na ja, er war Polizeibeamter.«
    »Echt?«
    Ich nickte. »Genau wie sein Vater … es war so eine Art Familientradition.«
    »Und was hält dein Dad davon, dass du Privatdetektiv geworden bist?«
    »Er ist schon tot.«
    »Oh … tut mir leid.«
    Ich nickte wieder. »Na, wie auch immer … es war im Sommer 1990, an einem Freitagabend, und ich hatte gerade im Double Locks einen Drink bestellt … Weißt du, welches Lokal ich meine?«
    »Ja, unten am

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