Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schlafende Geister

Schlafende Geister

Titel: Schlafende Geister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
Vom Netzwerk:
vier Gestalten auf dem Bild mit Mühe erkennen: einen Mann, der an einen Stuhl gefesselt war, zwei weitere Männer, die hinter ihm standen und von denen einer einen Baseballschläger in der Hand hielt, und Bishop …
    Ich sah Leon an. »Ist es das, wofür ich es halte?«
    Er nickte. »Eine Kopie des Überwachungsvideos, das dein Vater DCI Curtis gegeben hat und das zeigt, wie Bishop und die andern den Mann auf dem Stuhl foltern.«
    »Scheiße«, sagte ich leise und schaute wieder auf den Bildschirm.
    »Du musst es dir nicht ganz anschauen«, sagte Leon. »Und sicher weißt du sowieso, was passiert. Aber ich will dir noch eben zeigen, wozu Bishop fähig ist … Bist du bereit?«
    Ich nickte.
    Leon drückte eine Taste und das Video startete. Bishop stand vor dem Mann auf dem Stuhl, und als das Video anlief, sah ich, wie er sich hinunterbeugte und dem Mann heftig ins Gesicht brüllte. Es gab keinen Ton, weshalb es ein stummes Brüllen war, aber die Wut in Bishops Stimme war nicht zu übersehen. Der Mann auf dem Stuhl kniff die Augen zusammen und reckte den Kopf nach hinten in dem vergeblichen Versuch, Bishop auszuweichen, doch Bishop brüllte ihn weiter an. Und dann, urplötzlich, hörte er auf. Und ohne das leiseste Zögern zog er den Arm zurück und schlug dem Mann brutal ins Gesicht. Der Schlag war so hart, dass der Mann – der immer noch an den Stuhl gefesselt war – seitlich zu Boden kippte. Die beiden anderen Männer richteten ihn wieder auf, und während sie es taten, sah ich, wie Bishop sich eine Zigarette anzündete. Er nahm ein paar kräftige Züge, sagte etwas zu dem Mann, der jetzt wieder aufrecht auf seinem Stuhl saß, und als er mit schrecklicher Angst in den Augen anfing, den Kopf zu schütteln, trat Bishop ruhig vor und bohrte ihm die brennende Zigarette ins rechte Auge.
    »Großer Gott«, flüsterte ich, als Leon das Band anhielt.
    »Und das war nur der Anfang«, sagte er und drückte ein paar weitere Tasten.
    »Der ist ein verdammter Irrer.«
    »Nein«, sagte Leon. »Das ist das Problem. Ich glaube nicht, dass er ein Irrer ist … ich glaube, er tut einfach, was immer er tun muss, um das zu bekommen, was er will … egal was es ist. Aber ich glaube nicht, dass er Spaß daran hat. Er tut es nur einfach.«
    »Glaubst du, er ist fähig, jemanden zu töten?«
    »Jeder ist fähig , jemanden zu töten«, sagte Leon und für einen flüchtigen Moment glaubte ich in seinen Augen einen wissenden Blick zu erkennen. »Aber wenn du mich fragst, ob Bishop Anna Gerrish getötet haben könnte …« Er unterbrach sich für ein paar Sekunden und dachte darüber nach. »Na ja … ich bin sicher, er wäre dazu imstande. Wenn er einen seiner Meinung nach ausreichenden Grund hätte, sie zu töten, würde er es einfach tun.« Leon schnippte mit den Fingern. »Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er es nur um des Kicks willen täte … und wenn, dann würde er gründlich dafür sorgen, dass es niemand herausfindet.« Leon richtete seine Aufmerksamkeit einen Moment auf den Laptop-Bildschirm, fummelte mit dem Touchpad herum, dann sah er zu mir hoch. »Die Männer, die dich vor dem Wyvern zusammengeschlagen haben … du hast gesagt, du hättest sie nicht sehen können?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ging alles zu schnell.«
    »Aber du hast erwähnt, dass der Mann, der dich zuerst geschlagen hat, Ringe an den Fingern trug.«
    »Ja …«, sagte ich und meine Gedanken sprangen zurück zu den Ereignissen jener Nacht – wie ich das Wyvern verließ, in der kalten Nachtluft die Miller’s Row runterging, zu dem fernen Dump-dump, dump-dump aus den Clubs, der Trunkenheit, die in meinem Kopf herumwirbelte … und dann hörte ich wieder die Stimme aus dem Schatten eines Durchgangs nach mir rufen: Hast du mal Feuer, Kumpel? , und wie mir fast im selben Moment die schwer beringte Faust seitlich gegen den Kopf donnerte …
    »Ja«, sagte ich zu Leon. »Er trug Ringe an den Fingern. Einer der Ringe hatte einen Schädel vorne drauf.«
    Leon schob den Laptop zu mir. »Ist er das?«
    Ein herangezoomtes Standbild aus dem Video zeigte eine Gestalt in Nahaufnahme: den Mann mit dem Baseballschläger. Leon hatte das Bild genau in dem Moment angehalten, als der Kerl den Schläger hob, weshalb ich nicht nur das knallharte Gesicht sehen konnte, sondern auch seine Hände. Das Bild war verschwommen und körnig und es fiel schwer, darin irgendwelche Details zu erkennen … doch als ich mich näher heranbeugte und den fetten Silberring am

Weitere Kostenlose Bücher