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Schlafender Tiger. Großdruck.

Schlafender Tiger. Großdruck.

Titel: Schlafender Tiger. Großdruck. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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ihm di­rekt schrei­ben. Und wenn Sie das tun, er­in­nern Sie ihn dar­an, daß ich im­mer noch auf das Ex­po­se sei­nes zwei­ten Bu­ches war­te. Ich ha­be ihm be­reits ein Dut­zend Brie­fe ge­schrie­ben, doch er scheint ei­ne tie­fe Ab­nei­gung da­ge­gen zu ha­ben, sie zu be­ant­wor­ten.“
    Se­li­na lä­chel­te, und der Ver­le­ger war über­rascht, wie ver­än­dert sie da­durch wirk­te. „Oh, ha­ben Sie vie­len Dank“, sag­te sie. „Ich bin Ih­nen sehr dank­bar.“
    „Kei­ne Ur­sa­che“, er­wi­der­te Mr. Rut­land.
     
    Die lee­re Woh­nung war nicht ge­ra­de der ge­eig­nets­te Ort für ein Ge­spräch von sol­cher Wich­tig­keit, doch es ging nicht an­ders.
    Se­li­na un­ter­brach Rod­neys Be­trach­tun­gen über die Vor­zü­ge schlicht­ge­mus­ter­ter Tep­pi­che mit den Wor­ten: „Rod­ney, ich muß mit dir re­den.“
    Leicht ver­är­gert blick­te er auf sie hin­un­ter. Schon wäh­rend des Mit­ta­ges­sens und der dar­auf­fol­gen­den Ta­xi­fahrt hat­te er den Ein­druck ge­habt, sie sei ir­gend­wie an­ders als sonst. Sie hat­te kaum et­was ge­ges­sen, zer­streut und geis­tes­ab­we­send ge­wirkt. Au­ßer­dem trug sie ei­ne Blu­se, die nicht zu ih­rem reh­brau­nen Man­tel und Rock paß­te, und in ih­rem rech­ten Strumpf hat­te Rod­ney ei­ne Lauf­ma­sche ent­deckt. Se­li­nas Äu­ße­res war nor­ma­ler­wei­se so ge­pflegt und ma­kel­los wie das ei­ner Siam­kat­ze, und die­se klei­nen Un­re­gel­mä­ßig­kei­ten be­un­ru­hig­ten ihn.
    „Stimmt ir­gend et­was nicht?“ frag­te er.
    Se­li­na ver­such­te ihm in die Au­gen zu se­hen, tief Luft zu ho­len und ganz ru­hig zu blei­ben, doch ihr Herz klopf­te wie ein Vor­schlag­ham­mer, und ihr Ma­gen fühl­te sich an, als wä­re sie ge­ra­de in ei­nem viel zu schnel­len Fahr­stuhl nach oben ge­fah­ren. „Nein, es ist al­les in Ord­nung, ich woll­te ein­fach mit dir re­den.“
    Er run­zel­te die Stirn. „Hat das nicht bis heu­te abend Zeit? Dies ist die ein­zi­ge Mög­lich­keit, die Fuß­bö­den aus­zu­mes­sen...“
    „Oh, Rod­ney, bit­te hilf mir und hör zu.“
    Er zö­ger­te, ließ dann mit ei­nem re­si­gnier­ten Ge­sichts­aus­druck das Buch mit den Tep­pich­mus­tern sin­ken, roll­te das Maß­band zu­sam­men und steck­te es in die Ta­sche. „Nun? Ich bin ganz Ohr.“
    Se­li­na fuhr sich mit der Zun­ge über die Lip­pen. Die lee­re Woh­nung mach­te sie ner­vös. Ih­re Stim­men hall­ten, und es gab we­der Mö­bel noch Nip­pes, die man ver­rücken, kein Kis­sen, das man glatt­strei­chen konn­te. Sie fühl­te sich, als hät­te man sie oh­ne Ku­lis­sen und Stich­wor­te auf ei­ne große, lee­re Büh­ne ge­stellt und sie hät­te ih­ren Text ver­ges­sen.
    Schließ­lich hol­te sie tief Luft und sag­te: „Es geht um mei­nen Va­ter.“
    Rod­neys Ge­sichts­aus­druck ver­än­der­te sich kaum. Er war ein gu­ter An­walt, und er spiel­te gern Po­ker. Au­ßer­dem war er über Ger­ry Daw­son ge­nau­es­tens in­for­miert, denn Mrs. Bru­ce und Mr. Ar­thur­sto­ne hat­ten es schon vor lan­ger Zeit für rich­tig ge­hal­ten, ihn ein­zu­wei­hen. Ihm war be­kannt, daß Se­li­na nichts über ih­ren Va­ter wuß­te. Und er wür­de ganz be­stimmt nicht der­je­ni­ge sein, der dar­an et­was än­der­te.
    „Was ist mit dei­nem Va­ter?“ frag­te er freund­lich.
    „Nun... Ich glau­be, er­lebt.“ Rod­ney lach­te un­gläu­big. „Se­li­na...“
    „Nein, sag es nicht. Sag nicht, daß er tot ist. Hör ein­fach einen Mo­ment zu. Du kennst das Buch, das du mir ges­tern ge­ge­ben hast? Fies­ta in Ca­la Fu­er­te. Und du hast das Fo­to des Au­tors, Ge­or­ge Dyer, auf der Rück­sei­te ge­se­hen?“ Rod­ney nick­te.
    „Nun, die Sa­che ist die... Er sieht ge­nau­so aus wie mein Va­ter.“
    Rod­ney brauch­te ein paar Se­kun­den, um die­sen Satz zu ver­dau­en. Dann frag­te er: „Und wo­her weißt du, wie dein Va­ter aus­ge­se­hen hat?“
    „Ich weiß es, weil ich vor Jah­ren ein Fo­to von ihm in ei­nem Buch ge­fun­den ha­be. Und ich glau­be, es ist die­sel­be Per­son.“
    „Du meinst, Ge­or­ge Dyer ist...“ Er hielt ge­ra­de noch recht­zei­tig in­ne.
    „Ger­ry Daw­son“, be­en­de­te Se­li­na mit ei­nem tri­um­phie­ren­den Lä­cheln den

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