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Schlafender Tiger. Großdruck.

Schlafender Tiger. Großdruck.

Titel: Schlafender Tiger. Großdruck. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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„Ja?“ Er war äl­ter, als sie er­war­tet hat­te, mit ei­ner Glat­ze und ei­ner je­ner Bril­len, bei de­nen man ent­we­der durch die Glä­ser oder über den Rand hin­weg se­hen kann. Im Mo­ment guck­te er über den Rand wie ein al­ter Leh­rer.
    „Ich... Ich glau­be, wir sind ver­ab­re­det.“
    „Tat­säch­lich?“
    „Ja. Ich bin Se­li­na Bru­ce. Ich ha­be heu­te mor­gen an­ge­ru­fen.“
    „Ich bin sehr be­schäf­tigt...“
    „Es wird nicht län­ger als fünf Mi­nu­ten dau­ern.“
    „Sind Sie Schrift­stel­le­rin?“
    „Nein, nichts der­glei­chen. Ich woll­te Sie nur fra­gen, ob Sie mir hel­fen kön­nen... ei­ni­ge Fra­gen zu be­ant­wor­ten.“
    Er seufz­te. „Na gut.“
    Se­li­na trat in sein Bü­ro und sah Bü­cher, wo­hin sie auch blick­te. Auf dem mit Pa­pie­ren über­sä­ten Schreib­tisch, in un­zäh­li­gen Re­ga­len, auf den Ti­schen und Stüh­len und selbst auf dem Tep­pich sta­pel­ten sich Bü­cher und Ma­nu­skrip­te.
    Er ent­schul­dig­te sich nicht für die Un­ord­nung, of­fen­sicht­lich sah er kei­nen Grund da­für, und ei­gent­lich gab es ja auch kei­nen. Höf­lich rück­te er Se­li­na einen Stuhl zu­recht und setz­te sich an sei­nen Schreib­tisch. Er hat­te noch nicht rich­tig Platz ge­nom­men, da be­gann Se­li­na auch schon.
    „Mr. Rut­land, es tut mir wirk­lich leid, daß ich Ih­re Zeit in An­spruch neh­men muß, und ich wer­de mich so kurz wie mög­lich fas­sen. Es geht um ein Buch, das Sie ver­öf­fent­licht ha­ben, Fies­ta in Ca­la Fu­er­te.“
    „Ah ja. Ge­or­ge Dyer.“
    „Ja. Wis­sen Sie ir­gend et­was über ihn?“
    Die­se un­ver­blüm­te Fra­ge wur­de mit stren­gem Schwei­gen und ei­nem noch stren­ge­ren Blick über Mr. Rut­lands Bril­len­rän­der be­ant­wor­tet. „Wie­so?“ frag­te er schließ­lich. „Wis­sen Sie denn et­was über ihn?“
    „Ja. Zu­min­dest glau­be ich das. Er war ein... Freund mei­ner Groß­mut­ter. Sie starb vor un­ge­fähr sechs Wo­chen, und ich... Nun, ich woll­te es ihn gern wis­sen las­sen.“
    „Ich kann je­der­zeit einen Brief von Ih­nen wei­ter­lei­ten.“
    Se­li­na hol­te tief Luft und ver­such­te es mit ei­ner an­de­ren Tak­tik. „Wis­sen Sie viel über ihn?“
    „Ich den­ke, so­viel wie Sie. Ich neh­me an, Sie ha­ben das Buch ge­le­sen.“
    „Ich mei­ne... Sie ha­ben ihn nie ken­nen­ge­lernt?“
    „Nein“, ant­wor­te­te Mr. Rut­land. „Er lebt in Ca­la Fu­er­te auf der In­sel San An­to­nio. Und zwar, so­weit ich weiß, seit sechs oder sie­ben Jah­ren.“
    „Er ist nie nach Lon­don ge­kom­men? Nicht mal zur Ver­öf­fent­li­chung sei­nes Bu­ches?“
    Mr. Rut­land schüt­tel­te sei­nen kah­len Kopf, und das Licht, das durchs Fens­ter fiel, spie­gel­te sich dar­auf.
    „Wis­sen... Wis­sen Sie, ob er ver­hei­ra­tet ist?“
    „Bei der Ver­öf­fent­li­chung des Bu­ches war er nicht ver­hei­ra­tet. Er könn­te es al­ler­dings in­zwi­schen sein.“
    „Und wie alt ist er?“
    „Ich ha­be kei­ne Ah­nung, wie alt er sein mag.“ Mr. Rut­land klang lang­sam et­was un­ge­dul­dig. „Mei­ne lie­be jun­ge Da­me, Sie ver­schwen­den mei­ne Zeit.“
    „Ich weiß. Es tut mir leid. Ich dach­te nur, Sie könn­ten mir hel­fen. Ich dach­te, es wä­re im­mer­hin mög­lich, daß er jetzt in Lon­don ist und ich ihn hät­te tref­fen kön­nen.“
    „Nein, lei­der nicht.“ Mr. Rut­land er­hob sich ent­schlos­sen, um an­zu­deu­ten, daß das Ge­spräch für ihn be­en­det war.
    Se­li­na stand eben­falls auf, und er be­glei­te­te sie zur Tür. „Aber soll­ten Sie wirk­lich mit ihm in Kon­takt tre­ten wol­len, wer­den wir Ih­re Brie­fe gern an Mr. Dyer wei­ter­lei­ten.“
    „Vie­len Dank. Es tut mir leid, daß ich Ih­re Zeit in An­spruch ge­nom­men ha­be.“
    „Kei­ne Ur­sa­che. Auf Wie­der­se­hen.“
    „Auf Wie­der­se­hen.“
    Doch als sie an ihm vor­bei­ging und das Vor­zim­mer durch­quer­te, sah sie so ver­zwei­felt aus, daß Mr. Rut­land ge­gen sei­nen Wil­len ge­rührt war. Er run­zel­te die Stirn und nahm sei­ne Bril­le ab. „Miss Bru­ce?“
    Se­li­na dreh­te sich um.
    „Wir schi­cken al­le Brie­fe an den Yacht-Club in San An­to­nio, aber sein Haus heißt Ca­sa Bar­co in Ca­la Fu­er­te. Es spart viel­leicht Zeit, wenn Sie

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