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Schlafender Tiger. Großdruck.

Schlafender Tiger. Großdruck.

Titel: Schlafender Tiger. Großdruck. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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zu hal­ten. Sie muß­te ver­rückt sein. Sie war wahr­schein­lich ei­ne die­ser wahn­sin­ni­gen Frau­en, die her­um­ren­nen und be­haup­ten, sie sei­en Prin­zes­sin Eu­ge­nie. Nur hat­te die­se Per­son ei­ne fi­xe Idee, die ihn be­traf.
    „Ja. Ich glau­be, Sie sind mein Va­ter.“
    Sie war nicht wahn­sin­nig. Sie war voll­kom­men arg­los, und sie glaub­te wirk­lich, was sie da sag­te. Er muß­te jetzt einen kla­ren Kopf be­hal­ten. „Wie kom­men Sie dar­auf?“
    „Ich ha­be ein klei­nes Fo­to von mei­nem Va­ter. Ich dach­te, er wä­re tot. Aber er sieht ge­nau­so aus wie Sie.“
    „Pech für ihn.“
    „O nein, ganz und gar nicht ...“
    „Ha­ben Sie das Fo­to hier?“
    „Ja, Au­gen­blick...“ Wäh­rend sie sich bück­te, um ih­re Ta­sche auf­zu­he­ben, ver­such­te er ver­zwei­felt, als gin­ge es um Le­ben und Tod, ihr Al­ter ab­zu­schät­zen. Er muß­te her­aus­fin­den, ob auch nur die ge­rings­te Chan­ce be­stand, daß die­se furcht­ba­re An­schul­di­gung wahr sein könn­te.
    „Hier ist es. Ich tra­ge es im­mer bei mir, seit ich es vor un­ge­fähr fünf Jah­ren ge­fun­den ha­be. Und dann, als ich das Bild auf Ih­rem Buch sah...“ Sie hielt ihm das Fo­to hin.
    Er nahm es, oh­ne sie aus den Au­gen zu las­sen. „Wie alt sind Sie?“
    „Zwan­zig.“
    Vor Er­leich­te­rung wur­de ihm ganz schwind­lig. Schnell blick­te er auf das Fo­to, das Se­li­na ihm ge­ge­ben hat­te. Er sag­te kein Wort. Und dann, ge­nau wie Rod­ney, als Se­li­na ihm das Bild ge­zeigt hat­te, ging Ge­or­ge Dyer da­mit ans Licht. Nach ei­ner Wei­le frag­te er: „Wie hieß er?“
    Se­li­na schluck­te. „Ger­ry Daw­son. Aber es sind die­sel­ben In­itia­len.“
    „Könn­ten Sie mir et­was über ihn er­zäh­len?“
    „Nicht sehr viel. Se­hen Sie, man hat mir im­mer ge­sagt, er wä­re ge­fal­len, als ich noch nicht ge­bo­ren war. Mei­ne Mut­ter hieß Har­riet Bru­ce, sie starb kurz nach mei­ner Ge­burt, des­halb zog mei­ne Groß­mut­ter mich auf, und da­her hei­ße ich auch Se­li­na Bru­ce.“
    „Ih­re Groß­mut­ter. Die Mut­ter Ih­rer Mut­ter.“
    „Ja.“
    „Und Sie fan­den die­ses Fo­to...?“
    „Vor fünf Jah­ren. In ei­nem Buch mei­ner Mut­ter. Und dann... be­kam ich Fies­ta in Ca­la Fu­er­te in die Hän­de und
    sah Ihr Bild auf dem Um­schlag.“
    Ge­or­ge Dyer er­wi­der­te dar­auf nichts. Er trat von der of­fe­nen Tür zu­rück und gab Se­li­na das Fo­to. Dann zün­de­te er sich ei­ne Zi­ga­ret­te an, und nach­dem er das Streich­holz aus­ge­macht und ge­nau in die Mit­te des Aschen­be­chers ge­legt hat­te, sag­te er: „Sie be­haup­ten, man hät­te Ih­nen er­zählt, Ihr Va­ter wä­re ge­fal­len. Was mei­nen Sie da­mit?“
    „Man hat es mir wirk­lich er­zählt. Aber ich ha­be im­mer ge­wußt, daß mei­ne Groß­mut­ter ihn nicht aus­ste­hen konn­te. Sie hat nie ge­wollt, daß mei­ne Mut­ter ihn hei­ra­tet. Und als ich das Fo­to sah, dach­te ich, viel­leicht war al­les ein Irr­tum. Viel­leicht ist er gar nicht ge­stor­ben. Viel­leicht war er nur ver­wun­det oder so, oder er hat sein Ge­dächt­nis ver­lo­ren. So was ist vor­ge­kom­men, wis­sen Sie.“
    „Aber nicht bei Ih­rem Va­ter. Ihr Va­ter ist tot.“
    „Aber Sie...“
    „Sie sind zwan­zig. Ich bin sie­ben­und­drei­ßig. Ich se­he wahr­schein­lich sehr viel äl­ter aus, aber ich bin tat­säch­lich erst sie­ben­und­drei­ßig. Ich war nicht ein­mal im Krieg - je­den­falls nicht in dem, in dem Ihr Va­ter war.“
    „Aber die Fo­tos...“
    „Ich ha­be so ei­ne Ver­mu­tung, daß Ger­ry Daw­son ein Groß­cou­sin von mir war. Die Tat­sa­che, daß wir uns so ähn­lich se­hen, ist ei­ne Lau­ne der Na­tur. Ehr­lich ge­sagt glau­be ich nicht ein­mal, daß wir uns so ähn­lich wa­ren. Das Fo­to Ih­res Va­ters und das Fo­to auf dem Um­schlag mei­nes Bu­ches lie­gen Jah­re aus­ein­an­der. Und selbst in mei­ner bes­ten Zeit war ich nie so at­trak­tiv wie er.“
    Se­li­na starr­te ihn an. Sie hat­te noch nie einen der­art braun­ge­brann­ten Mann ge­se­hen. An­schei­nend fehl­ten ein paar Knöp­fe an sei­nem Hemd, denn es war vor­ne ganz of­fen, so daß man das dunkle Haar auf sei­ner Brust se­hen konn­te. Die Är­mel wa­ren läs­sig bis zu den Ell­bo­gen

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