Schlafender Tiger. Großdruck.
weißt doch, wie nervös mich Geschäfte immer machen. Ich würde alles kaufen.“
„Wie sieht das Kleid aus?“
„Nun, es ist weiß, so eine Art Rosacremeweiß. Ich kann es nicht beschreiben...“
„Lange Ärmel?“
„O ja.“
„Ist es kurz oder lang?“
Kurz oder lang! Selina starrte Rodney entsetzt an. „Kurz oder lang? Aber, natürlich ist es lang! Oh, Rodney, glaubst du, ich hätte ein Kurzes nehmen sollen? Mir ist nie der Gedanke gekommen, mir ein kurzes Hochzeitskleid zu kaufen. Ich wußte nicht einmal, daß man so etwas kaufen kann.“
„Mach nicht so ein besorgtes Gesicht, Liebling.“
„Vielleicht hätte ich ein Kurzes kaufen sollen. Da es doch eine Hochzeit im engsten Kreis werden wird, sieht ein langes Kleid bestimmt lächerlich aus, nicht?“
„Du könntest es ändern lassen.“
„Nein, das kann ich nicht. Es ist schon geändert worden.“
„Nun, dann... Dann ist es egal“, besänftigte Rodney sie.
„Und du meinst nicht, daß ich albern aussehen werde?“
„Natürlich nicht.“
„Es ist sehr hübsch, wirklich.“
„Da bin ich sicher. Und jetzt habe ich eine Neuigkeit für dich. Ich habe mit Mr. Arthurstone gesprochen, und er hat sich einverstanden erklärt, dich zum Altar zu führen.“
„Oh!“
Mr. Arthurstone war Rodneys Seniorpartner, ein ältlicher Junggeselle mit äußerst verknöcherten Ansichten. Er litt an Arthritis in den Knien, und der Gedanke, an der Seite eines Mr. Arthurstone, der eher gestützt werden mußte, als daß er sie stützte, zum Altar zu schreiten, war einfach niederschmetternd.
Rodney zog die Augenbrauen hoch. „Liebling, etwas erfreuter könntest du schon klingen.“
„Oh, ich freue mich sehr. Es ist nett von ihm, daß er das übernehmen will. Aber, sag mal, brauche ich denn unbedingt einen Brautführer? Können wir nicht einfach zusammen zur Kirche fahren, und du und ich gehen zum Altar und werden getraut?“
„Das schickt sich wirklich ganz und gar nicht.“
„Aber ich kenne Mr. Arthurstone kaum.“
„Natürlich kennst du ihn. Er kümmert sich seit Jahren um die Belange deiner Großmutter.“
„Aber das bedeutet nicht, daß ich ihn kenne.“
„Du mußt doch nur mit ihm durch die Kirche gehen. Jemand muß dich zum Altar führen.“
„Ich begreife nicht, wieso.“
„Liebling, so sind die Dinge nun einmal. Und es gibt niemand anderen, das weißt du.“
Natürlich wußte Selina das. Es gab keinen Vater, keinen Großvater, keinen Onkel, keinen Bruder. Niemanden. Nur Mr. Arthurstone.
Sie seufzte tief. „Wahrscheinlich hast du recht.“
Rodney tätschelte ihre Hand. „Braves Mädchen! Und jetzt hab ich eine Überraschung für dich. Ein Geschenk.“
„Ein Geschenk?“ Sie war tatsächlich überrascht. Sollte es möglich sein, daß sogar Rodney von der Fröhlichkeit dieses strahlenden Märztages angesteckt worden war? Hatte diese Frühlingslaune ihn etwa auf dem Weg zu seiner Verabredung mit Selina in eine reizende Boutique geführt, wo er ihr irgendeine nutzlose Frivolität gekauft hatte, um etwas Romantik in ihren Tag zu bringen? „Wirklich, Rodney?“ fragte sie gespannt. „Wo ist es?“
(Vielleicht in seiner Tasche? Teure Geschenke waren immer in kleinen Schachteln.)
Rodney griff hinter sich und hielt ihr ein Paket hin, das in Papier eingewickelt und mit einem Bindfaden verschnürt war und ganz offensichtlich ein Buch enthielt. „Hier“, sagte er.
Selina versuchte, sich die Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Es war ein Buch. Hoffentlich war es wenigstens lustig.
„Oh, ein Buch!“ rief sie.
Es fühlte sich schwer an, und die Hoffnung, daß es sie zum Lachen bringen würde, erstarb. Es würde ein äußerst lehrreiches, zum Nachdenken anregendes Buch sein, das auf intelligente Art und Weise die verschiedenen gesellschaftlichen
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