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Schlafender Tiger. Großdruck.

Schlafender Tiger. Großdruck.

Titel: Schlafender Tiger. Großdruck. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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knurr­te Ge­or­ge und griff nach sei­nem Ra­sier­ap­pa­rat.
    Er ra­sier­te sich mit äu­ßers­ter Sorg­falt und nahm so­gar et­was von dem Ra­sier­was­ser, so sel­ten be­nutzt, daß die Fla­sche sich nur un­ter Schwie­rig­kei­ten öff­nen ließ.
    Oh, sehr hübsch, sag­te sein Spie­gel­bild und trat zu­rück, um ihn zu be­wun­dern.
    „Zu­frie­den?“ frag­te Ge­or­ge, und sein Spie­gel­bild grins­te ihn bos­haft an.
    Der Whis­ky war be­reits auf dem Tisch am Ka­min. Se­li­na war in der Kü­che, wo sie einen Sa­lat in ei­ner großen Schüs­sel zu­be­rei­te­te.
    Ge­or­ge nahm das Tran­sis­tor­ra­dio, setz­te sich mit dem Rücken zum Ka­min auf einen Stuhl und such­te nach pas­sen­der Mu­sik.
    „Da läuft ir­gend­ei­ne Par­ty un­ten am Ha­fen“, sag­te Se­li­na.
    „Man kann den Ge­sang hö­ren.“
    „Ich weiß. Es ist fas­zi­nie­rend, nicht?“
    „Es klingt gar nicht wie ei­ne rich­ti­ge Me­lo­die.“
    „Kann es auch nicht. Es ist mau­risch.“
    Aus dem Tran­sis­tor­ra­dio kam nach Knis­tern und Kra­chen end­lich ein­schmei­cheln­de Gi­tar­ren­mu­sik. Ge­or­ge stell­te das Ra­dio hin und griff nach sei­nem Glas.
    „Ich hof­fe, Ihr Drink ist rich­tig so“, sag­te Se­li­na.
    Er pro­bier­te ihn. Er war zu stark. „Per­fekt“, er­wi­der­te er.
    „Ich hof­fe nur, daß das Es­sen auch per­fekt ist. Ich hät­te bei Ma­ria auch fri­sches Brot kau­fen sol­len, aber es schi­en noch so­viel da­zu­sein, des­halb hab ich es ge­las­sen.“
    „Jua­ni­ta ist ei­ne heim­li­che Brot­süch­ti­ge. Sie ißt je­den Tag Brot zum zwei­ten Früh­stück, mit Schafs­kä­se und ei­nem Be­cher Rot­wein. Wie sie da­bei wach bleibt, ist mir ein Rät­sel.“
    Se­li­na kam hin­ter dem Tre­sen her­vor und stell­te die Sa­lat­schüs­sel auf den Tisch. Sie trug sein blau-grün ge­streif­tes Hemd, das Ge­or­ge bis­her nie ge­mocht hat­te, und ei­ne per­fekt sit­zen­de dun­kelblaue Ho­se mit ei­nem schma­len Le­der­band als Gür­tel.
    Ge­or­ge hat­te voll­kom­men ver­ges­sen, worum es bei ih­rem Streit an die­sem Mor­gen über­haupt ge­gan­gen war; die gan­ze lä­cher­li­che An­ge­le­gen­heit war aus sei­nem Ge­dächt­nis ge­löscht. Doch als er Se­li­na so an­sah, er­kann­te er plötz­lich, daß sie sei­nen Gür­tel trug. Als sie wie­der in die Kü­che zu­rück­ge­hen woll­te, hielt er sie an dem schma­len Le­der­band fest. „Wo­her ha­ben Sie die­se Ho­se?“ frag­te er.
    Se­li­na, fest­ge­hal­ten wie ein Hun­de­ba­by am Schwanz, ant­wor­te­te: „Es ist Ih­re.“
    Ihr läs­si­ger Ton war ab­so­lut nicht über­zeu­gend.
    „Mei­ne?“ Es war tat­säch­lich sei­ne. Sei­ne al­ler­bes­te blaue Ho­se. Er stell­te sein Glas ab und dreh­te Se­li­na zu sich her­um. „Aber sie paßt Ih­nen.“ Sie hielt sei­nem Blick stand. Fast. „Was ha­ben Sie mit mei­ner bes­ten Ho­se ge­macht?“
    „Nun... Als Sie heu­te mor­gen weg wa­ren, hat­te ich nichts zu tun. Ich hab ein biß­chen her­um­ge­räumt, und da fiel mir auf, daß die Ho­se, die Sie ges­tern abend an­hat­ten, ganz schmut­zig war. Ich mei­ne, da wa­ren Fle­cken an ei­nem Ho­sen­bein, wie von So­ße oder so. Al­so ha­be ich sie Jua­ni­ta ge­zeigt, und Jua­ni­ta hat sie für Sie ge­wa­schen. Und da­bei ist die Ho­se ein­ge­lau­fen.“
    Nach die­ser un­glaub­li­chen Ent­hül­lung hat­te sie we­nigs­tens den An­stand, ver­le­gen aus­zu­se­hen. „Das ist ei­ne ver­damm­te Lü­ge, das wis­sen Sie ge­nau“, sag­te Ge­or­ge. „Die­se Ho­se war ge­ra­de aus der Rei­ni­gung ge­kom­men, und seit ich aus San An­to­nio zu­rück bin, se­hen Sie aus wie ei­ne Kat­ze, die ge­ra­de ei­ne Maus ver­speist hat. Und ich ar­mer Narr glaub­te, das lä­ge dar­an, daß Sie dem ar­men al­ten Ge­or­ge ein gu­tes Es­sen ge­kocht ha­ben. Doch das ist nicht der Grund, stimmt's?“
    „Aber ich hat­te über­haupt nichts an­zu­zie­hen“, er­wi­der­te Se­li­na schmol­lend.
    „Al­so ha­ben Sie sich an mei­ner bes­ten Ho­se ge­rächt.“
    „Es war kei­ne Ra­che.“
    „Und das nur, weil Sie nicht über sich selbst la­chen kön­nen.“
    „Sie schei­nen das auch nicht ge­ra­de sehr gut zu kön­nen.“
    „Das ist et­was ganz

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