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Schlafender Tiger. Großdruck.

Schlafender Tiger. Großdruck.

Titel: Schlafender Tiger. Großdruck. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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ei­nem der großen Korb­stüh­le Sies­ta hielt, schreck­te hoch, als sie her­ein­kam, und stand über­rascht auf.
    „Hal­lo, Ami­go“, be­grüß­te ihn Fran­ces.
    Er rieb sich die Au­gen. „Fran­ces­ca! Was machst du hier?“
    „Bin ge­ra­de aus San An­to­nio ge­kom­men. Gibst du mir et­was zu trin­ken?“
    Er ging hin­ter die Bar. „Was möch­test du?“
    „Hast du kal­tes Bier da?“ Sie setz­te sich auf einen Bar­ho­cker, hol­te sich ei­ne Zi­ga­ret­te her­aus und zün­de­te sie mit den Streich­höl­zern an, die Ro­dol­fo ihr hin­schob. Er öff­ne­te ei­ne Fla­sche Bier und goß es vor­sich­tig in ein Glas. „Das ist nicht die bes­te Zeit des Ta­ges, um in ei­nem of­fe­nen Wa­gen her­um­zu­fah­ren“, be­merk­te er.
    „Stört mich nicht.“
    „Es ist für die­se frü­he Jah­res­zeit sehr heiß.“
    „Dies ist der hei­ßes­te Tag bis­her. San An­to­nio ist wie ei­ne Sar­di­nen­büch­se, es ist ei­ne Er­leich­te­rung, aufs Land zu kom­men.“
    „Bist du des­halb hier?“
    „Nein, nicht nur. Ich woll­te Ge­or­ge be­su­chen.“
    Ro­dol­fo rea­gier­te auf sei­ne ty­pi­sche Art, in­dem er mit den Schul­tern zuck­te und die Mund­win­kel her­un­ter­zog. Fran­ces run­zel­te die Stirn. „Ist er et­wa nicht da?“
    „Aber na­tür­lich ist er da.“ Ro­dol­fos Mie­ne zeig­te ei­ne Spur von Scha­den­freu­de. „Wuß­test du, daß er Be­such in der Ca­sa Bar­co hat?“
    „Be­such?“
    „Sei­ne Toch­ter.“
    „Toch­ter?“ Nach ei­ner Schreck­se­kun­de lach­te Fran­ces.
    „Bist du ver­rückt?“
    „Ich bin nicht ver­rückt. Sei­ne Toch­ter ist hier.“ „Aber... Ge­or­ge war nie­mals ver­hei­ra­tet.“
    Ro­dol­fo zuck­te die Ach­seln. „Da­von weiß ich nichts.“
    „Wie alt ist sie, ver­dammt noch mal?“ Wie­der zuck­te er mit den Schul­tern. „Sieb­zehn?“
    „Aber das ist un­mög­lich...“
    Ro­dol­fo wur­de lang­sam är­ger­lich. „Fran­ces­ca, ich schwö­re dir, sie ist hier.“
    „Ich ha­be Ge­or­ge ges­tern noch in San An­to­nio ge­trof­fen. Warum hat er mir nichts da­von ge­sagt?“
    „Hat er kei­ner­lei An­deu­tung ge­macht?“
    „Nein. Nein, das hat er nicht.“
    Aber das stimm­te nicht ganz, denn sein Ver­hal­ten am Tag zu­vor war durch­aus un­ge­wöhn­lich ge­we­sen und da­mit, in Fran­ces' Au­gen, ir­gend­wie ver­däch­tig. Die­se plötz­li­che Ei­le, ein Te­le­gramm ab­zu­schi­cken, wo er doch erst am Tag zu­vor in San An­to­nio ge­we­sen war, sein Ein­kauf bei Te­resa, dem Ge­schäft mit der schöns­ten Da­men­wä­sche in der gan­zen Stadt, und sei­ne letz­te Be­mer­kung, er hät­te mehr zu füt­tern als nur die Kat­ze, als er nach Ca­la Fu­er­te zu­rück­fuhr. Den gan­zen Abend und fast die gan­ze Nacht hat­te sie über die­se Auf­fäl­lig­kei­ten nach­ge­grü­belt, über­zeugt, daß sie et­was be­deu­te­ten, was sie un­be­dingt wis­sen muß­te.
    Schließ­lich konn­te sie die Un­wis­sen­heit nicht län­ger er­tra­gen und hat­te am Mor­gen be­schlos­sen, nach Ca­la Fu­er­te zu fah­ren, um her­aus­zu­fin­den, was los war. Selbst wenn es nichts her­aus­zu­fin­den gab, wür­de sie we­nigs­tens Ge­or­ge se­hen. Au­ßer­dem be­gan­nen die ver­stopf­ten Stra­ßen und Fuß­we­ge von San An­to­nio tat­säch­lich, ihr auf die Ner­ven zu ge­hen; sie fand den Ge­dan­ken an die ein­sa­men blau­en Buch­ten und den fri­schen Pi­ni­en­duft von Ca­la Fu­er­ta äu­ßerst ver­lo­ckend.
    Und jetzt das. Es war sei­ne Toch­ter. Ge­or­ge hat­te ei­ne Toch­ter. Sie drück­te ih­re Zi­ga­ret­te aus und sah, daß ih­re Hand zit­ter­te. So ru­hig und läs­sig wie mög­lich sag­te sie: „Wie heißt sie?“
    „Die Seño­ri­ta? Se­li­na.“
    „Se­li­na.“ Sie sprach den Na­men aus, als wür­de er einen schlech­ten Ge­schmack in ih­rem Mund hin­ter­las­sen.
    „Sie ist ganz rei­zend.“
    Fran­ces trank ihr Bier aus und stell­te das Glas ab. „Ich den­ke, ich fah­re lie­ber hin und fin­de das selbst her­aus.“
    „Tu das.“
    Sie glitt vom Bar­ho­cker, nahm ih­re Hand­ta­sche und ging zur Tür. Am Per­len­vor­hang dreh­te sie sich noch ein­mal um, und Ro­dol­fo be­ob­ach­te­te sie mit ei­nem amü­sier­ten Blin­zeln in sei­nen

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