Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schlafender Tiger. Großdruck.

Schlafender Tiger. Großdruck.

Titel: Schlafender Tiger. Großdruck. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
Vom Netzwerk:
und ei­ne haut­en­ge wei­ße Se­gel­tuch­ho­se. Die Schu­he hat­te sie aus­ge­zo­gen, und ih­re Fü­ße wa­ren dun­kel­braun und stau­big, die Nä­gel knall­rot la­ckiert. Sie mach­te kei­ner­lei An­stal­ten sich auf­zu­set­zen, ge­schwei­ge denn auf­zu­ste­hen, son­dern blieb ein­fach lie­gen und be­trach­te­te Ge­or­ge mit ei­nem süf­fi­san­ten Lä­cheln.
    „Ist das nicht ei­ne net­te Über­ra­schung?“ Sie sah an Ge­or­ge vor­bei und ent­deck­te Se­li­na. „Hal­lo.“
    Se­li­na lä­chel­te schwach. „Hal­lo.“
    Ge­or­ge stell­te den Korb hin. „Was machst du denn hier?“
    „Nun, San An­to­nio ist heiß, voll und laut, und da dach­te ich, ich neh­me mir ein paar Ta­ge frei.“
    „Du bleibst hier?“
    „Ro­dol­fo sag­te, er hät­te ein Zim­mer für mich.“
    „Du warst bei Ro­dol­fo?“
    „Ja, ich ha­be auf dem Weg hier­her et­was mit ihm ge­trun­ken.“ Sie be­ob­ach­te­te ihn mit ei­nem bos­haf­ten Glit­zern in den Au­gen, wohl wis­send, daß er sich jetzt frag­te, wie­viel Ro­dol­fo ihr ver­ra­ten hat­te.
    Ge­or­ge setz­te sich auf den Tisch­rand. „Hat Ro­dol­fo dir er­zählt, daß Se­li­na bei mir ist?“
    „Aber si­cher hat er mir das er­zählt.“ Sie lä­chel­te Se­li­na an. „Wis­sen Sie, Sie sind die größ­te Über­ra­schung mei­nes Le­bens. Ge­or­ge, willst du uns nicht mit­ein­an­der be­kannt ma­chen?“
    „Ent­schul­di­ge. Se­li­na, das ist Mrs. Don­gen...“
    „Fran­ces“, ver­bes­ser­te ihn Fran­ces schnell.
    „Und das ist Se­li­na Bru­ce.“
    Se­li­na trat vor und streck­te die Hand aus, doch Fran­ces igno­ri­er­te sie und frag­te statt des­sen: „Sie sind zu Be­such hier?“
    „Ja, ich bin...“
    „Ge­or­ge, du hast mir nie er­zählt, daß du ei­ne Toch­ter hast.“
    „Sie ist nicht mei­ne Toch­ter.“
    Fran­ces ver­zog kei­ne Mie­ne. Sie setz­te sich auf­recht hin und nahm ih­re Fü­ße vom Tisch. „Willst du da­mit sa­gen, daß...“
    „Einen Mo­ment. Se­li­na...“ Sie dreh­te sich zu ihm um, und er sah, daß sie ver­wirrt und ver­le­gen und wahr­schein­lich auch et­was ver­letzt war. „Wür­de es Ih­nen et­was aus­ma­chen, mich kurz mit Fran­ces al­lein zu las­sen?“
    „Nein. Nein, na­tür­lich nicht.“ Sie ver­such­te zu lä­cheln, ih­nen zu zei­gen, daß es ihr nicht das ge­rings­te aus­mach­te, und leg­te has­tig die spa­ni­sche Gram­ma­tik und das Hand­tuch auf den Tisch, als woll­te sie sich von die­sen Las­ten be­frei­en, be­vor sie so schnell wie mög­lich von hier ver­schwand.
    „Nur für fünf Mi­nu­ten...“ sag­te Ge­or­ge.
    „Ich wer­de zum An­le­ger hin­un­ter­ge­hen, dort ist es schön kühl.“
    „Tun Sie das.“
    Kaum hat­te sie die Ter­ras­se ver­las­sen, da er­hob sich Pearl, die auf der Brüs­tung ge­ses­sen hat­te, streck­te sich und folg­te Se­li­na. Ge­or­ge dreh­te sich wie­der zu Fran­ces um. „Sie ist nicht mei­ne Toch­ter“, wie­der­hol­te er.
    „Nun, wer zum Teu­fel ist sie dann?“
    „Sie ist aus Lon­don und hat mich aus hei­te­rem Him­mel auf­ge­sucht, weil sie dach­te, ich wä­re ihr Va­ter.“
    „Wie kommt sie denn dar­auf?“
    „We­gen des Fo­tos auf mei­nem Buch.“
    „Siehst du et­wa wie ihr Va­ter aus?“
    „Ja, das tue ich. Er war so­gar ein ent­fern­ter Ver­wand­ter von mir, aber das tut jetzt nichts zur Sa­che. Er lebt nicht mehr. Er fiel vor Jah­ren im Krieg.“
    „Sie hat doch nicht ernst­haft ge­glaubt, er wä­re wie­der le­ben­dig ge­wor­den, oder?“
    „Ich neh­me an, wenn man sich et­was ganz stark wünscht, glaubt man an Wun­der.“
    „Ro­dol­fo hat mir ge­schwo­ren, daß sie dei­ne Toch­ter ist.“
    „Ja, ich weiß. Das Ge­rücht ging so­fort im Dorf her­um, und um ih­ret­wil­len ha­be ich es nicht ge­leug­net. Im­mer­hin ist sie schon seit zwei Ta­gen hier.“
    „Sie wohnt hier? Mit dir? Du mußt voll­kom­men ver­rückt sein.“
    „Es ging nicht an­ders. Ihr Ge­päck war ver­lo­ren­ge­gan­gen, und auf dem Flug­ha­fen wur­de ihr das Rück­flug­ticket ge­stoh­len.“
    „Warum hast du mir ges­tern nichts da­von er­zählt?“
    „Weil es dich nichts an­geht.“ Das klang här­ter, als er be­ab­sich­tigt hat­te. „Tut mir leid, aber so lie­gen die Din­ge nun mal.“
    „Was

Weitere Kostenlose Bücher