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Schlafender Tiger. Großdruck.

Schlafender Tiger. Großdruck.

Titel: Schlafender Tiger. Großdruck. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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sang das Lied, das ihn den gan­zen Abend ge­quält hat­te, und im­mer noch fiel ihm der Text da­zu nicht ein. Und auf ein­mal, als hät­te je­mand ein Ra­dio aus­ge­schal­tet, hör­te sie auf zu sin­gen. Die plötz­li­che Stil­le wirk­te auf Ge­or­ge ge­nau­so, als hät­te Fran­ces ge­schri­en. Er hielt mit­ten in sei­ner Be­we­gung in­ne und spitz­te die Oh­ren wie ein miß­traui­scher Hund.
    Gleich dar­auf kam Fran­ces mit ei­nem Ge­sichts­aus­druck die Stu­fen wie­der her­un­ter, den er ab­so­lut nicht deu­ten konn­te. „Was ist los?“ frag­te er naiv. „Kein Kamm da?“
    „Ich weiß nicht“, sag­te Fran­ces. „Ich ha­be nicht nach­ge­se­hen. Ich bin nur bis zum Bett ge­kom­men...“
    „Zum Bett?“ Er hat­te kei­ne Ah­nung, wo­von sie sprach.
    „Das ist doch nicht schon wie­der ei­ner dei­ner Scher­ze? Ein wei­te­res Bei­spiel dei­nes un­ver­gleich­li­chen bri­ti­schen Hu­mors?“
    Er­schro­cken be­merk­te er, daß sie wirk­lich wü­tend war. In ih­rer sorg­sam kon­trol­lier­ten Stim­me lag das Zit­tern ei­ner na­hen­den Ex­plo­si­on.
    „Fran­ces, ich ha­be kei­ne Ah­nung, wo­von du sprichst.“
    „Das Mäd­chen. Dei­ne Toch­ter. Se­li­na. Wie im­mer du sie nen­nen willst. Weißt du, wo sie ist? Nicht in Lon­don. Nicht ein­mal auf dem Flug­ha­fen von San An­to­nio. Sie ist dort oben...“ Sie zeig­te in Rich­tung Schlaf­zim­mer, wo­bei ih­re Hand zit­ter­te, und ver­lor plötz­lich die Be­herr­schung, als ris­se ein über­dehn­tes Gum­mi­band. „In dei­nem Bett!“
    „Das glau­be ich nicht.“
    „Nun, dann sieh doch nach. Geh nach oben und sieh nach!“ Er rühr­te sich nicht von der Stel­le. „Ich weiß nicht, was hier vor­geht, Ge­or­ge, aber ich ha­be nicht ei­ne be­trächt­li­che Sum­me da­für aus­ge­ge­ben, um die­ses klei­ne Flitt­chen in dei­nem Bett vor­zu­fin­den...“
    „Sie ist kein Flitt­chen.“
    „...und wenn du ver­su­chen soll­test, mir ir­gend­ei­ne Er­klä­rung da­für zu ge­ben, dann laß dir et­was Gu­tes ein­fal­len, denn ein zwei­tes Mal fal­le ich auf die­ses Ge­schwätz über ver­lo­re­nes Ge­päck und den ver­miß­ten Pa­pi nicht her­ein...“
    „Es war die Wahr­heit.“
    „Wahr­heit? Hör mal, du Ba­stard, wen, glaubst du ei­gent­lich, hältst du hier zum Nar­ren?“ Sie schrie jetzt, und er konn­te es nicht aus­ste­hen, wenn man ihn an­schrie.
    „Ich wuß­te nicht, daß sie zu­rück­kom­men wür­de...“
    „Nun, dann wirf sie so­fort hin­aus!“
    „Das wer­de ich nicht tun.“
    „In Ord­nung.“ Fran­ces griff nach ih­rer Hand­ta­sche.
    „Wenn es dir ge­fällt, dich mit die­sem heuch­le­ri­schen klei­nen Flitt­chen hä­us­lich nie­der­zu­las­sen, bit­te­schön ...“
    „Schrei nicht her­um!“
    „...aber er­war­te nicht von mir, daß ich da­bei auch noch Zu­rück­hal­tung übe, um eu­ren Ruf nicht zu rui­nie­ren.“ Sie ging zur Tür und riß sie weit auf. Dann dreh­te sie sich um, um ihm ei­ne letz­te Be­lei­di­gung an den Kopf zu wer­fen, doch lei­der stör­te Pearls wür­de­vol­les Ein­tre­ten die Wir­kung ih­res Ab­gangs. Die Kat­ze hat­te drau­ßen ge­war­tet, daß je­mand sie her­ein­ließ, und mi­au­te dank­bar.
    „Du gehst jetzt lie­ber“, sag­te Ge­or­ge, so ru­hig er konn­te.
    „Kei­ne Angst, ich bin schon weg!“ Fran­ces gab Pearl einen wü­ten­den Tritt und stürm­te hin­aus, wo­bei sie die Tür mit ei­ner sol­chen Wucht hin­ter sich zu­schlug, daß das gan­ze Haus er­beb­te.
    Kurz dar­auf wur­de die nächt­li­che Stil­le vom Dröh­nen des Ci­tro­ens zer­ris­sen, der mit quiet­schen­den Rei­fen an­fuhr und in ei­nem der­ar­ti­gen Tem­po den Hü­gel hin­auf­jag­te, daß Ge­or­ge un­will­kür­lich die Zäh­ne zu­sam­men­biß.
    Er bück­te sich und nahm Pearl auf den Arm. Sie war tief ge­kränkt, aber un­ver­letzt, und Ge­or­ge setz­te sie sanft auf ihr Lieb­lings­kis­sen auf dem So­fa. Als er über sich ei­ne Be­we­gung wahr­nahm, blick­te er hoch und sah Se­li­na, die an der Brüs­tung der Ga­le­rie stand und ihn be­ob­ach­te­te. Sie trug ein wei­ßes Nacht­hemd mit blau­er Bor­te am Kra­gen. „Ist mit Pearl al­les in Ord­nung?“ frag­te sie ängst­lich.
    „Ja, ihr fehlt nichts. Was tun Sie

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