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Schlafender Tiger. Großdruck.

Schlafender Tiger. Großdruck.

Titel: Schlafender Tiger. Großdruck. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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gab nach, denn das war ein­fa­cher und kos­te­te we­ni­ger Mü­he, als sich zu strei­ten. Die Nacht war warm und ster­nen­klar. Der Ci­tro­en stand mit­ten auf dem Dorf­platz, und als sie hin­über­gin­gen, ließ Fran­ces die Au­to­schlüs­sel in Ge­or­ges Hand glei­ten und sag­te: „Du fährst.“
    Sie war durch­aus noch in der La­ge, selbst zu fah­ren, doch ab und zu ge­fiel es ihr, das hilflo­se Frau­chen zu spie­len, al­so nahm Ge­or­ge die Schlüs­sel und setz­te sich hin­ter das Steu­er­rad.
    Wäh­rend sein lä­cher­li­ches klei­nes Au­to mit den gel­ben Rä­dern le­dig­lich ein Mit­tel war, um sich auf der In­sel fort­zu­be­we­gen, fand Ge­or­ge, daß Fran­ces' schnel­ler Ci­tro­en mit sei­nem star­ken Mo­tor wie ei­ne ziem­lich ero­ti­sche Er­gän­zung ih­rer ei­ge­nen Per­sön­lich­keit wirk­te. Sie saß jetzt ne­ben ihm, ihr Ge­sicht den Ster­nen zu­ge­wandt, ihr brau­nes De­kol­let von dem tie­fen Aus­schnitt ih­rer Blu­se ein­ge­rahmt. Er wuß­te, sie war­te­te dar­auf, daß er sie küß­te, doch er zün­de­te sich statt des­sen ei­ne Zi­ga­ret­te an.
    „Warum küßt du mich nicht?“ frag­te sie.
    „Ich kann dich nicht küs­sen. Wer weiß, wo du dich her­um­ge­trie­ben hast“, er­wi­der­te Ge­or­ge.
    „Warum mußt du al­les ins Lä­cher­li­che zie­hen?“
    „Ein Teil mei­ner bri­ti­schen Ab­wehr­stra­te­gi­en.“
    Sie sah auf ih­re Uhr. „Es ist ge­ra­de eins. Glaubst du, sie ist in­zwi­schen in Lon­don an­ge­kom­men?“
    „Ich neh­me es an.“
    „Queen's Ga­te. Nicht ge­ra­de un­se­re Ge­gend, Lieb­ling.“
    Er be­gann lei­se ei­ne Me­lo­die zu pfei­fen, die ihn im Un­ter­be­wußt­sein den gan­zen Abend nicht los­ge­las­sen hat­te.
    „Du machst dir doch kei­ne Sor­gen ih­ret­we­gen, oder?“ frag­te Fran­ces.
    „Nein. Ich hät­te sie al­ler­dings selbst zum Flug­ha­fen brin­gen sol­len, an­statt sie mit Pe­pe in die­ser Näh­ma­schi­ne auf Rä­dern fah­ren zu las­sen, die er ein Au­to nennt.“
    „Sie woll­te nicht, daß du sie hin­bringst. Sie hät­te dir die gan­ze Zeit was vor­ge­heult und euch bei­de in ei­ne pein­li­che Si­tua­ti­on ge­bracht.“ Er er­wi­der­te dar­auf nichts, und sie lach­te. „Du bist wie ein stur­er Bär, der sich nicht kö­dern läßt.“
    „Ich bin zu be­trun­ken, um mich kö­dern zu las­sen.“
    „Laß uns nach Hau­se fah­ren.“
    Die gan­ze Fahrt zu­rück pfiff er die­se ver­damm­te Me­lo­die. Als sie vor der Ca­sa Bar­co an­ka­men und Ge­or­ge den Mo­tor ab­stell­te, stieg Fran­ces aus. Als wä­re es von An­fang an so ge­plant ge­we­sen, ging sie mit ihm hin­ein. Im Haus war es an­ge­nehm kühl und dun­kel. Ge­or­ge schal­te­te die Lich­ter ein und ging in die Kü­che, um sich einen Drink ein­zu­schen­ken, denn oh­ne einen Drink wä­re er ge­stor­ben oder ins Bett ge­gan­gen und in Trä­nen aus­ge­bro­chen, und we­der das ei­ne noch das an­de­re hät­te er gern in Fran­ces' Ge­gen­wart ge­tan.
    Sie ließ sich aufs So­fa fal­len, als wä­re sie hier zu Hau­se, einen Arm um die Knie ge­schlun­gen, den Lo­cken­kopf auf ein him­mel­blau­es Kis­sen ge­stützt. Er hat­te of­fen­bar Pro­ble­me, ih­re Drinks zu­zu­be­rei­ten, denn erst fiel ihm der Öff­ner her­un­ter, und dann schüt­te­te er die Eis­wür­fel da­ne­ben.
    „Das ist ei­ne schreck­li­che Me­lo­die, die du da pfeifst“, sag­te Fran­ces. „Kennst du kei­ne an­de­re?“
    „Ich kenn ja die­se nicht mal rich­tig.“
    „Nun, hör trotz­dem auf da­mit.“
    Sein Kopf häm­mer­te, über­all schie­nen sich Sturz­bä­che von Was­ser und ge­schmol­ze­nem Eis zu er­gie­ßen, und er konn­te ab­so­lut nichts fin­den, um sie auf­zu­wi­schen. Er nahm die Drinks und trug sie zu Fran­ces hin­über. Sie griff nach ih­rem Glas, oh­ne ihn ei­ne Se­kun­de aus den Au­gen zu las­sen, wäh­rend er sich auf die Ka­min­soh­le setz­te und sein Glas mit bei­den Hän­den um­schloß.
    „Weißt du was, Lieb­ling?“ sag­te Fran­ces un­be­schwert. „Du bist bö­se auf mich.“
    „Bin ich das?“
    „Und wie.“
    „Warum?“
    „Weil ich dei­ne klei­ne Freun­din weg­ge­schickt ha­be. Und weil du tief in dei­nem Her­zen weißt, daß du es selbst hät­test tun müs­sen.

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