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Schlafender Tiger. Großdruck.

Schlafender Tiger. Großdruck.

Titel: Schlafender Tiger. Großdruck. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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wer­den? Aber so­bald er sich an­ge­zo­gen hat­te, ging er nach un­ten, hol­te sei­nen al­ten Plat­ten­spie­ler her­vor, rieb den Staub von der Frank Si­na­tra-Plat­te und leg­te sie auf.
    Jua­ni­ta hat­te in­zwi­schen die Ter­ras­se ge­wischt. Als sie die Mu­sik hör­te, leg­te sie den Schrub­ber hin und kam ins Zim­mer, wo­bei ih­re nas­sen Fü­ße Spu­ren auf den Fuß­bo­den
    ka­cheln hin­ter­lie­ßen.
    „Señor“, sag­te sie.
    „Jua­ni­ta! Bue­nos di­as.“
    „Hat der Señor gut ge­schla­fen?“
    „Viel­leicht so­gar zu gut.“
     
    I've grown ac­cu­sto­med to the tu­ne
    She whist­les night and noon.
     
    „Wo ist die Seño­ri­ta ?“
    „Sie ist zum Schiff von Señor hin­aus­ge­fah­ren, um zu ba­den.“
    „Wie ist sie da­hin ge­kom­men?“
    „Mit dem klei­nen Boot.“
    Er hob über­rascht die Au­gen­brau­en. „Nun, schön für sie. Jua­ni­ta, ist noch Kaf­fee da?“
    „Ich wer­de wel­chen ma­chen.“
    Sie ging zum Brun­nen, um fri­sches Was­ser zu ho­len.Ge­or­ge fühl­te sich so wohl, daß er so­gar Lust auf ei­ne Zi­ga­ret­te hat­te. Er fand ei­ne und zün­de­te sie an. „Jua­ni­ta?“ frag­te er vor­sich­tig.
    „Si, Señor?“
    „Ges­tern hat ei­ne Ame­ri­ka­ne­rin im Ca­la Fu­er­te-Ho­tel über­nach­tet...“
    „Nein, Señor .“
    Er run­zel­te die Stirn. „Was wol­len Sie da­mit sa­gen?“
    Jua­ni­ta setz­te den Kes­sel auf. „Sie ist nicht ge­blie­ben, Señor . Sie ist ges­tern nacht nach San An­to­nio zu­rück­ge­fah­ren. Sie hat das Ho­tel­zim­mer nicht be­nutzt. Ro­si­ta hat es To­meu er­zählt, und To­meu hat es Ma­ria er­zählt, und...“
    „Ich weiß, Ma­ria hat es Ih­nen er­zählt.“ Ihm fiel ein Stein vom Her­zen, wo­für er sich so­fort schäm­te. Bei dem Ge­dan­ken dar­an, wie Fran­ces in die­ser To­des­ma­schi­ne von ei­nem Au­to durch die Nacht ras­te, lief ihm ei­ne Gän­se­haut über den Rücken. Er be­te­te heim­lich, daß ihr nichts pas­siert war, daß sie kei­nen Un­fall ge­habt hat­te und jetzt wo­mög­lich in ir­gend­ei­nem Stra­ßen­gra­ben lag, ein­ge­klemmt in ih­rem Wa­gen.
    Mit der Mie­ne ei­nes Man­nes, auf des­sen Schul­tern schwe­re Sor­gen las­ten, kratz­te er sich am Nacken und ging auf die Ter­ras­se hin­aus, um nach sei­nem Gast zu se­hen. Er nahm das Fern­glas und rich­te­te es auf die Eclip­se. Das Ding­hi düm­pel­te fried­lich am Heck des Se­gel­schif­fes, doch von Se­li­na konn­te er nir­gends ei­ne Spur ent­de­cken.
    Es war trotz al­lem ein schö­ner Tag. Ge­nau­so son­nig wie der vo­ri­ge, je­doch küh­ler und mit ei­nem ziem­li­chen See­gang von der Ha­fen­ein­fahrt her. Die Pi­ni­en war­fen ih­re Kro­nen dem Wind ent­ge­gen, und un­ten schlu­gen klei­ne Wel­len fröh­lich ge­gen die Sli­p­an­la­ge.
    Ge­or­ge ge­noß ein­fach al­les um sich her­um: den blau­en Him­mel, das blaue Meer, die Eclip­se, die mun­ter an ih­rer Ver­täu­ung zog, die wei­ße Ter­ras­se, die ro­ten Ge­ra­ni­en - all das war ihm wohl­ver­traut, und trotz­dem kam es ihm an die­sem Mor­gen vor, als sä­he er es zum ers­ten­mal. Pearl saß am En­de des An­le­gers und ver­speis­te ein de­li­ka­tes Stück Fisch­ab­fall, das sie ge­fun­den hat­te; Fran­ces war wie­der in San An­to­nio, und Jua­ni­ta koch­te ihm einen Kaf­fee. Lan­ge hat­te er sich nicht mehr so wohl ge­fühlt, so hoff­nungs­voll und op­ti­mis­tisch. Es war, als hät­te er mo­na­te­lang in der düs­te­ren Er­war­tung ei­nes kom­men­den Un­wet­ters ge­lebt. Jetzt war das Un­wet­ter vor­über, der Druck war von ihm ge­nom­men, so daß er wie­der frei at­men konn­te.
    Ein we­nig wun­der­te er sich schon über sei­ne gu­te Lau­ne. Ei­gent­lich hät­te er sich mit Vor­wür­fen über­schüt­ten müs­sen, doch sein kör­per­li­ches Wohl­ge­fühl war stär­ker als sein Ge­wis­sen. Die gan­ze Zeit hat­te er die Hän­de auf die Ter­ras­sen­brüs­tung ge­stützt, und als er sich jetzt auf­rich­te­te, sah er, daß sei­ne Hand­flä­chen vol­ler Kalk wa­ren. Er woll­te sie ge­ra­de in­stink­tiv an sei­nen Jeans ab­wi­schen, da ent­deck­te er sei­ne Fin­ger­ab­drücke, die un­ter dem wei­ßen Kalk sicht­bar wur­den und sich so deut­lich und fein

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