Schlafender Tiger. Großdruck.
Und zwar sofort.“
„Ich konnte ohne einen Pfennig Geld kein Flugticket kaufen.“
„Das ist, wenn ich das mal so sagen darf, die lahmste Ausrede, die ein Mann jemals vorgebracht hat.“
Er sah hinunter auf seinen Drink. „Ja“, sagte er schließlich. „Vielleicht.“
Die Melodie in seinem Hinterkopf hörte nicht auf. Nach einer Weile sagte Frances: „Als du zu Pepe gefahren bist und die Kleine sich auf ihre Abreise vorbereitet hat, bin ich ein bißchen um deinen Schreibtisch herumgeschlichen. Du scheinst im Augenblick nicht gerade sehr produktiv zu sein.“
„Das bin ich auch nicht. Ich habe nicht ein Wort geschrieben.“
„Hast du dem lieben Mr. Rutland schon geantwortet?“
„Nein. Auch das habe ich nicht getan. Aber“, fügte er in leicht gehässigem Ton hinzu, „dafür habe ich einen Spezialisten konsultiert, und der hat mir gesagt, ich litte unter einer Schreibhemmung.“
„Nun“, meinte Frances mit einer gewissen Befriedigung, „das klingt zumindest schon wieder ein bißchen nach dem George, den ich kenne. Und wenn du so frei von der Leber weg redest, kann ich das auch. Siehst du, Liebling, ich glaube nämlich nicht, daß du jemals ein zweites Buch schreiben wirst.“
„Wieso bist du da so sicher?“
„Weil ich dich kenne. Schreiben ist harte Arbeit, und du bist einer dieser typischen trägen Exil-Engländer, die dem Nichtstun so elegant frönen wie kein anderes Volk auf der Welt.“
Er grinste anerkennend, und Frances setzte sich ermutigt auf, froh, daß sie ihn wenigstens immer noch zum Lachen bringen konnte. „George, wenn du nicht nach Málaga willst, wenn du keine Stierkämpfe magst, dann hab ich auch keine Lust. Aber warum gehen wir nicht einfach zusammen fort? Wir könnten mit der Eclipse nach Sardinien segeln, oder auf dem Landweg nach Australien fahren, oder... auf einem Kamel durch die Wüste Gobi reiten...“
„Mit den Koffern auf dem vorderen Höcker.“
„Du machst schon wieder aus allem einen Witz. Es ist mein Ernst. Wir sind frei und haben so viel Zeit, wie wir wollen. Warum willst du dich an der Schreibmaschine herumquälen? Gibt es noch irgend etwas auf der Welt, worüber du wirklich gut schreiben könntest?“
„Frances, ich weiß es nicht.“
Sie lehnte sich in die Kissen zurück. Ihr Glas war leer, und sie stellte es auf den Fußboden neben sich. Ausgestreckt lag sie da, verführerisch, reizvoll und erschreckend vertraut. „Ich liebe dich“, sagte sie. „Das weißt du.“
Es gab anscheinend keinen Grund, nicht mit ihr zu schlafen. Er stellte sein Glas ab, setzte sich neben sie, zog sie in die Arme und küßte sie, als wolle er sich ertränken. Sie seufzte leise und genußvoll und vergrub ihre Hände in seinem Haar. Als er seine Lippen von den ihren löste und seine Wange an ihrer rieb, fühlte er, wie sein unrasiertes Gesicht ihre Haut kratzte. Sie schmiegte ihren Kopf an seine Schulter, die Arme um seinen Nacken geschlungen wie ein Schraubstock.
„Liebst du mich?“ fragte sie, doch er konnte darauf nicht antworten, also fragte sie: „Magst du mich? Willst du mich?“
Er befreite sich aus ihrer Umarmung und hielt sie an den Handgelenken fest, als hätten sie miteinander gekämpft.
Sie lachte. Ihre gutmütige und absolut nicht nachtragende Art hatte ihm schon immer gefallen. „Also, ich glaube, du bist sturzbetrunken“, stellte sie fest.
Er stand auf, um sich eine Zigarette zu holen. Frances erhob sich ebenfalls und fuhr sich mit den Händen durchs Haar. „Ich muß mich etwas zurechtmachen, bevor ich zu Rodolfo zurückfahre. Wie du weißt, ist er in manchen Dingen etwas altmodisch. Hast du was dagegen, wenn ich dein Schlafzimmer benutze?“
„Bitte“, erwiderte George und schaltete das Oberlicht für sie ein.
Sie lief die Stufen hoch, wobei ihre Sandalen auf den Holzbohlen klapperten. Sie
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