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Schlafender Tiger. Großdruck.

Schlafender Tiger. Großdruck.

Titel: Schlafender Tiger. Großdruck. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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„Ver­mut­lich hät­te ich Sie um die Hand Ih­rer Toch­ter bit­ten müs­sen.“
    „Die Hand mei­ner Toch­ter?“
    „Ja. Ein biß­chen spät na­tür­lich, da wir be­reits ver­lobt sind. Wir wer­den nächs­ten Mo­nat hei­ra­ten.“
    „Ver­zei­hen Sie bit­te?“ frag­te Ge­or­ge. Die Fra­ge war ein deut­li­ches Zei­chen sei­ner Ent­geis­te­rung, denn er hat­te die­se höf­li­che For­mu­lie­rung seit den Di­ners und Jagd­bäl­len in Brad­der­ford nicht mehr ver­wen­det und ge­dacht, er hät­te sie längst ver­ges­sen. Doch hier war sie wie­der, durch den Schock aus den Tie­fen sei­nes Un­ter­be­wußt­seins her­aus­ge­schleu­dert.
    „Wir sind be­reits ver­lobt. Das wuß­ten Sie doch si­cher?“
    „Nein, das wuß­te ich nicht.“
    „Wol­len Sie da­mit sa­gen, Se­li­na hat es Ih­nen nicht er­zählt? Sie ist wirk­lich ein au­ßer­ge­wöhn­li­ches Mäd­chen.“
    „Warum zum Teu­fel soll­te sie mir das er­zäh­len? Ob sie ver­lobt ist oder nicht, hat mit mir nichts zu tun.“
    „Nein, aber man wür­de doch den­ken, daß es ihr wich­tig ist. Das ers­te, wor­über sie re­den wür­de.“ Ein­ge­bil­de­ter Lackaf­fe, dach­te Ge­or­ge. „Aber das tut nichts zur Sa­che. Nun, da Sie im Bil­de sind, ist Ih­nen si­cher auch klar, daß ich sie mit nach Lon­don zu­rück­neh­men soll­te, und zwar so schnell wie mög­lich.“
    „Ja, na­tür­lich.“
    Rod­ney ging an ihm vor­bei und trat auf die Ter­ras­se hin­aus. „Was für ein phan­tas­ti­scher Aus­blick! Sag­ten Sie, Se­li­na wä­re schwim­men? Ich kann sie gar nicht se­hen.“
    Ge­or­ge stell­te sich ne­ben ihn. „Nein, sie ist... sie ist drau­ßen bei der Yacht. Ich wer­de sie ho­len...“ Doch dann fiel ihm ein, daß er sie nicht ho­len konn­te, da sie das Ding­hi ge­nom­men hat­te. Er muß­te sich das Boot von Rafa­el, To­meus Cou­sin, aus­lei­hen. „Hö­ren Sie... Kön­nen Sie hier kurz war­ten? Set­zen Sie sich. Ma­chen Sie es sich ge­müt­lich. Es dau­ert nicht lan­ge.“
    „Soll ich Sie nicht be­glei­ten?“ Rod­neys Fra­ge klang nicht ge­ra­de be­geis­tert, und Ge­or­ge er­wi­der­te: „Nein, das ist schon in Ord­nung. Das Boot ist vol­ler Fisch­schup­pen, Sie wür­den sich nur Ih­ren An­zug rui­nie­ren.“
    „Nun, wenn Sie wirk­lich...“ Und vor Ge­or­ges Au­gen zog Rod­ney einen Rohr­stuhl in die Son­ne und ließ sich wür­de­voll dar­auf nie­der, das ty­pi­sche Bild des wohl­er­zo­ge­nen Bri­ten im Aus­land.
    Flu­chend zog Ge­or­ge das Boot von To­meus Cou­sin Rafa­el die Sli­p­an­la­ge hin­un­ter ins Was­ser. Es war lang, schwer und un­hand­lich. Au­ßer­dem gab es nur einen Rie­men, des­halb muß­te er wrig­gen, ei­ne Tech­nik, die er kei­nes­wegs vol­len­det be­herrsch­te, was um so un­an­ge­neh­mer war, als Rod­ney Ack­land mit sei­nem glat­ten, lang­wei­li­gen Ge­sicht, sei­ner glat­ten, lang­wei­li­gen Stim­me und sei­nem völ­lig un­zer­knit­ter­ten dun­kel­grau­en An­zug ihn von der Ter­ras­se der Ca­sa Bar­co aus be­ob­ach­te­te. Er ru­der­te schwit­zend und flu­chend zur Eclip­se, doch als er nach Se­li­na rief, er­hielt er kei­ne Ant­wort.
    Mit ei­ni­ger Mü­he ma­nö­vri­er­te er das schwer­fäl­li­ge Boot um die Heck­ver­täu­ung der Eclip­se her­um. Er ent­deck­te Se­li­na so­fort. Sie thron­te wie ei­ne Meer­jung­frau auf ei­nem Fel­sen an der ent­fernt­lie­gen­den Küs­te. Of­fen­bar war sie vom Was­ser aus die Stu­fen zu ei­ner der klei­nen kit­schi­gen Vil­len in den Pi­ni­en­hai­nen hin­auf­ge­klet­tert. Sie saß da, die Ar­me um die Knie ge­schlun­gen, das nas­se Haar an ih­ren Kopf ge­schmiegt wie das Fell ei­ner Rob­be. Rafaels Boot glitt an die Back­bord­sei­te der Eclip­se. Ge­or­ge leg­te den Rie­men ein, form­te die Hän­de zu ei­nem Trich­ter und rief: „Se­li­na!“ Es klang wie ein wü­ten­der Schrei, und sie sah so­fort auf. „Kom­men Sie her, ich muß mit Ih­nen re­den.“
    Sie zö­ger­te nur ei­ne Se­kun­de, dann stand sie auf und ging die wei­ßen Stu­fen hin­un­ter, ließ sich ins Was­ser glei­ten und schwamm ihm ent­ge­gen. Als sie das Boot er­reich­te, war der Boots­rand zu hoch für sie, al­so muß­te er sie an den Ar­men hoch­zie­hen, naß und trop­fend

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