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Schlafender Tiger. Großdruck.

Schlafender Tiger. Großdruck.

Titel: Schlafender Tiger. Großdruck. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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Mit­te - in der Wo­che, in der die Eclip­se in den Ha­fen von De­los ein­ge­lau­fen war. Und dann wür­de er an den An­fang zu­rück­keh­ren, um in ei­ner Fol­ge von Rück­blen­den zu zei­gen, wie die Rei­se lang­sam Form an­ge­nom­men hat­te, wie sie ur­sprüng­lich ge­plant ge­we­sen war. Das Schreib­ma­schi­nen­pa­pier fühl­te sich dick und weich an, und sei­ne Schreib­ma­schi­ne lief schnur­rend wie ei­ne gut­ge­öl­te Ma­schi­ne. Se­li­na war noch beim Ba­den, und Jua­ni­ta trak­tier­te im Wasch­haus Ge­or­ges La­ken mit ei­nem Stück Sei­fe und träl­ler­te da­bei ein ein­hei­mi­sches Lie­bes­lied, wes­halb Ge­or­ge das Klop­fen an der Tür zu­nächst nicht hör­te. Er blick­te von der Schreib­ma­schi­ne auf, als sich die Tür öff­ne­te.
    Der Mann, der dort an der Tür stand, war jung, groß und sehr at­trak­tiv. Er trug einen ganz nor­ma­len Ge­schäfts­an­zug, ein Hemd mit ei­nem stei­fen wei­ßen Kra­gen und ei­ne Kra­wat­te, und trotz­dem schaff­te er es, pro­vo­zie­rend frisch und kühl zu wir­ken. „Ver­zei­hen Sie, wenn ich stö­re“, sag­te er, „aber auf mein Klop­fen hat nie­mand rea­giert. Ist dies die Ca­sa Bar­co?“
    „Ja...“
    „Dann müs­sen Sie Ge­or­ge Dyer sein.“
    „Das bin ich...“ Er stand auf.
    „Mein Na­me ist Rod­ney Ack­land.“ Of­fen­bar war er der Mei­nung, daß sie ihr Ge­spräch nicht fort­set­zen soll­ten, oh­ne sich vor­her of­fi­zi­ell mit­ein­an­der be­kannt ge­macht zu ha­ben. Er schüt­tel­te Ge­or­ge die Hand. „Gu­ten Tag.“ Fes­ter Hän­de­druck, dach­te Ge­or­ge. Ge­ra­der, of­fe­ner Blick. Ganz und gar ver­trau­ens­wür­dig - und tod­lang­wei­lig.
    „Ge­he ich recht in der An­nah­me, daß Se­li­na Bru­ce sich hier auf­hält?“
    „Das stimmt.“ Als Rod­ney sich fra­gend um­blick­te, füg­te er hin­zu: „Sie ist ge­ra­de schwim­men ge­gan­gen.“
    „Ver­ste­he. Nun, in die­sem Fal­le ist es wohl bes­ser, wenn ich Ih­nen den Grund mei­nes Hier­seins er­klä­re. Ich bin Se­li­nas An­walt. Und lei­der war es, wenn auch in­di­rekt, mei­ne Schuld, daß sie die­se Rei­se nach San An­to­nio über­haupt ge­macht hat. Ich ha­be ihr näm­lich Ihr Buch ge­ge­ben, sie sah Ihr Fo­to und war über­zeugt da­von, daß Sie ihr Va­ter wä­ren. Sie hat mit mir dar­über ge­spro­chen, daß sie her­kom­men und Sie su­chen woll­te. Ich soll­te sie be­glei­ten, doch lei­der war ich ge­zwun­gen, ge­schäft­lich nach Bour­ne­mouth zu rei­sen, um einen sehr wich­ti­gen Kun­den zu tref­fen, und als ich nach Lon­don zu­rück­kehr­te, war Se­li­na be­reits drei oder vier Ta­ge fort. Al­so nahm ich na­tür­lich das nächst­bes­te Flug­zeug nach San An­to­nio und... nun, ich den­ke, ich soll­te sie wie­der mit zu­rück­neh­men.“ Sie mus­ter­ten ein­an­der. „Sie sind na­tür­lich nicht ihr Va­ter“, füg­te Rod­ney hin­zu.
    „Nein, das bin ich nicht. Ihr Va­ter ist tot.“
    „Es gibt da al­ler­dings ei­ne selt­sa­me Ähn­lich­keit. Selbst ich kann das er­ken­nen.“
    „Ger­ry Daw­son war ein ent­fern­ter Ver­wand­ter von mir.“
    „Was für ein au­ßer­ge­wöhn­li­cher Zu­fall!“
    „Ja“, sag­te Ge­or­ge. „Au­ßer­ge­wöhn­lich.“
    Zum ers­ten­mal wirk­te Rod­ney ein we­nig ver­un­si­chert.
    „Mr. Dyer, ich weiß ab­so­lut nichts über die nä­he­ren Um­stän­de von Se­li­nas ... ziem­lich un­kon­ven­tio­nel­lem Be­such, oder wie­viel sie Ih­nen von sich er­zählt hat. Aber sie hat­te im­mer ei­ne große Sehn­sucht nach ih­rem Va­ter, ja, sie war ge­ra­de­zu be­ses­sen von dem Ge­dan­ken an ihn. Se­li­na wur­de von ih­rer Groß­mut­ter auf­ge­zo­gen, und ih­re Kind­heit war, ge­lin­de ge­sagt, an­ders als die an­de­rer Kin­der...“
    „Ja, das hat sie mir er­zählt.“
    „Nun, da Sie die Fak­ten ken­nen, bin ich si­cher, daß wir ei­ner Mei­nung sind.“
    „Ja, ich neh­me an, das sind wir.“ Ge­or­ge grins­te. „Nur so aus In­ter­es­se, wie hät­ten Sie rea­giert, wenn sich her­aus­ge­stellt hät­te, daß ich wirk­lich Se­li­nas Va­ter bin?“
    „Daß Sie...“ Rod­ney traf die­se Fra­ge völ­lig un­vor­be­rei­tet. „Al­so, ich... äh...“ Er be­schloß, das gan­ze als Scherz ab­zu­tun.

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