Schlaflos in Schottland
davon.“ Hugh überlegte. „Nein, bringen Sie zwei. Eine für hier und eine für unterwegs. Ich fürchte, ich werde sie beide brauchen.“
Der Wirt strahlte. „Sehr wohl, Mylord.“
Nun gab es keinen Grund mehr, noch länger zu zögern; Hugh ging in den Salon.
Wie er es erwartet hatte, standen Lady Galloway, Caitlyn und die Furcht einflößende alte Kinderfrau um Triona herum, die auf dem Sofa saß. Lady Galloway war an Trionas Seite, tätschelte ihre Hand und bemerkte in zornigem Ton: „... was für eine fürchterliche Sache da passiert ist! Ich schwöre, als Caitlyn ins Zimmer trat, traute ich meinen Augen nicht! Und dann kam deine Nurse herein und kreischte buchstäblich, dass du entführt worden warst! Zum Glück kehrte dein Onkel in genau diesem Augenblick von White’s nach Hause zurück. Er wusste sofort, was zu tun war, und entschied, dass wir dir alle folgen sollten und ... “
„Ich hab’ nich’ gekreischt“, widersprach die Kinderfrau entrüstet. Dann bemerkte sie Hugh und stellte sich schützend zwischen ihn und Triona. „Oh, wagen Sie nich’, sie auch nur anzuseh’n, Sie Wüstling!“
„Dein Schützling ist sicher vor mir.“ Hugh streifte seine Handschuhe ab und stellte sich auf die andere Seite des Kamins, der angenehme Wärme verströmte. Als er nun Caitlyn und Triona so dicht beieinander sah, stellte er fest, dass Caitlyn bei Weitem die Hübschere war; ihre Gesichtszüge waren perfekt, ihre Augen von einem dunklen Braun, ihre Haare golden, ihre Bewegungen anmutig.
Doch Triona war diejenige, an der sein Blick hängen blieb. Ihr Gesicht war voller und wirkte erwachsener. Ihre Augen, die in einem hellen Haselnussbraun schimmerten, von unglaublich langen Wimpern beschattet und von dieser verdammt kecken Brille eingerahmt wurden, sprühten vor Intelligenz und Geist. Ihr Mund glich einer prallen Pflaume, die den Betrachter stumm dazu aufforderte, sie zu probieren. Während Caitlyn eine schier überirdische Schönheit war, strahlte Triona eine sehr irdische Sinnlichkeit aus, zu der die gezierte Haltung, mit der sie jetzt auf dem Sofa saß, so gar nicht passen wollte.
Sie zog eine Braue hoch, so, als wollte sie ihn fragen, weshalb er sie anstarrte. Dabei hatte sie aufmerksame Blicke sehr wohl verdient, auch wenn er bezweifelte, dass sie das wusste.
Als er sich spöttisch in ihre Richtung verbeugte, errötete sie und schaute weg. Nun, da sie endlich den lästigen Umhang nicht mehr trug, stellte er mit seltsamer Zufriedenheit fest, dass er recht gehabt hatte: Ihre Figur war üppig gerundet. Allein beim Anblick ihrer vollen Brüste, die sich gegen ihr züchtiges Kleid pressten, wurde ihm der Mund wässrig. Ihm hatten schon immer Frauen gefallen, die wie Frauen geformt waren und nicht wie Besenstiele, und Triona Hurst hatte mehr als den ihr zustehenden Anteil an Rundungen erhalten. Tatsächlich war sie ...
Lord Galloway, dessen Gesicht in der Zwischenzeit noch mehr errötet war, trat nach vorn und stellte sich zwischen Hugh und Triona. „Mylord“, fuhr ihn der ältere Mann an, „wir müssen über diesen unerfreulichen Vorfall reden und entscheiden, was getan werden kann, um ihn aus der Welt zu schaffen.“ Er warf einen Blick hinüber zu den Frauen. „Hier können wir nicht sprechen. Kommen Sie mit zum Fenster.“ Ohne sich umzuschauen, ob Hugh ihm folgte, ging Galloway ans andere Ende des Zimmers.
Hugh presste die Lippen zusammen. Er war es nicht gewohnt, dass Leute mit ihm redeten wie mit einem Achtjährigen, der beim Kuchenstehlen in der Küche erwischt worden war.
„MacLean?“ Galloways Stimme war laut und herrisch.
Hugh ballte die Hände zu Fäusten, sein Zorn wurde heftiger. Draußen vor dem gemütlichen Gasthaus erhob sich plötzlich ein starker Wind und rüttelte an Fensterläden und Türen. Die Pferde auf dem Hof begannen, mit den Hufen zu scharren und zu wiehern.
„Herrjemine!“, kreischte Nurse. Eine Schneewolke wurde gegen die Fensterscheibe geweht, und über ihnen klapperten die Dachschindeln aus Kiefernholz.
„Gütiger Himmel! Was passiert denn da draußen?“ Lady Galloways angsterfüllte Stimme zitterte.
Caitlyn, die aus Furcht die Augen weit aufgerissen hatte, umarmte ihre Tante.
Nur Triona blieb ruhig und sah ihn so vorwurfsvoll an, dass er keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte.
Beruhige dich, MacLean. Wenn du dich aufregst, wird alles nur noch schlimmer. Wenn er seine Gefühle nicht unter Kontrolle brachte, würden sie den Wind weiter anfachen, und das
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