Schlaflos in Schottland
brauchte all seine Selbstbeherrschung, um seinen Mund von ihrem zu lösen. Hastig trat er einen Schritt zurück, nur so konnte er sich daran hindern, sie sofort wieder in die Arme zu schließen.
Die Brille saß schief auf ihrer Nase, ihre geöffneten Lippen waren geschwollen, ihre Augen starrten ins Leere. „Das war ...“ Ihre Stimme brach, und sie musste tief durchatmen, um dann noch einmal von vorn zu beginnen: „Ich verstehe Ihre Argumente und gebe in diesem Punkt nach, MacLean.“
Bei dieser sachlichen Bemerkung musste er sich das Lachen verkneifen. Diese Frau war ihm ein Rätsel! Obwohl sie eben noch vor Leidenschaft gezittert hatte, gelang es ihr nun, sehr deutlich und doch sensibel ihre Meinung dazu zu äußern. Das gefiel ihm ziemlich gut. „Bitte nenn mich Hugh. Immerhin werden wir schon bald verheiratet sein.“
Sie nickte ruckartig. „Gut. Hugh also. Und ich bin Triona.“ „Ich ziehe Catriona vor.“ Er rückte ihre Brille gerade, sodass sie wieder auf ihrer Nase saß, wie es sich gehörte. „Aber ich werde wohl Cat sagen.“ Er strich eine Strähne ihres seidigen, honigfarbenen Haars, die sich auf ihre Wange verirrt hatte, nach hinten und genoss das glatte, weiche Gefühl unter seinen Fingerspitzen.
Als sein Blick dem ihren begegnete, erstarrte er mitten in der Bewegung, und seine Fingerspitzen blieben auf ihren Wangenknochen liegen. Sie hatte unglaublich faszinierende Augen, ein grünliches Braun mit goldenen und dunkelbraunen Einsprengseln.
Errötend trat sie einen Schritt zurück. „Ich bin an Triona gewöhnt.“
Er ließ seine Hand sinken und zuckte mit den Schultern. „Wie du willst. Und jetzt sollte ich wohl gehen.“
Triona schaute hinüber zur geschlossenen Tür. Sie wusste nicht, wie es Caitlyn gelungen war, ihre Tante und ihren Onkel vom Salon fernzuhalten, aber sie war ihr sehr dankbar dafür. „Ja. Du solltest jetzt gehen.“
„Es gibt noch einige Dinge, die ich erledigen muss, bevor ich die Stadt verlasse. Kannst du bis neun Uhr am Freitagmorgen deine Sachen packen und zur Abreise bereit sein?“
Triona nickte zustimmend, und in ihrem Kopf fuhren die Gedanken Karussell. „Das geht alles ein bisschen schnell, aber es wird kein Problem sein, meinen Koffer zu packen. Ich habe nur sehr wenige Kleider mit, weil ich nicht vorhatte, lange in London zu bleiben.“
„Wir können alles bestellen, was du brauchst, wenn wir erst einmal auf Gilmerton sind. In der nächstliegenden Stadt gibt es einige sehr fähige Schneiderinnen.“
„Ich wünschte, ich wäre so geschickt mit Nadel und Faden wie Caitlyn“, sagte Triona und seufzte.
„Sie kann Kleider nähen?“
„Besser als die meisten Schneiderinnen. Ich kann auch nähen, aber ich habe nicht ihr Auge für Mode.“
Er lächelte sie auf eine Weise an, die dafür sorgte, dass sie vom Kopf bis zu den Zehen ein Kribbeln durchlief. „Ich habe keinen Zweifel, dass du über andere, viel interessantere Talente verfügst.“ Bevor sie sich erkundigen konnte, was genau er meinte, fuhr er fort: „Es wird wirklich Zeit für mich zu gehen. Ich schlage vor, du behältst unseren Plan für dich, es sei denn, du legst Wert darauf, ihn während der kommenden drei Tage verteidigen zu müssen.“
„Ich werde ihn niemandem außer Caitlyn verraten. Sie kann ein Geheimnis für sich behalten.“
„Gut.“ Er schaute in den Spiegel über dem Kamin und zog seine zerdrückte Krawatte zurecht. Dann wandte er sich ihr wieder zu. „Ich werde sehr beschäftigt sein, doch wenn du mich brauchst, schick’ mir einfach eine Nachricht nach MacLean House, und ich werde zu dir kommen, so schnell ich kann.“
„Ich glaube zwar nicht, dass ich dich brauchen werde, aber vielen Dank für das Angebot.“ Sie zögerte und fügte dann hinzu: „Hugh, ich ...“ Verwirrt stockte sie. Was wollte sie ihm eigentlich sagen? Dass sie hoffte, ihre Ehe möge nicht so schrecklich werden, wie sie befürchtete? Wie sehr sie sich wünschte, dass ihre Entscheidung richtig war? Sollte sie ihm von ihrer Hoffnung erzählen, dass sie beide nach den wenigen gemeinsam verbrachten Monaten unverändert, unverletzt und ohne allzu großes Bedauern ihrer Wege gehen würden? Sollte sie ihm gestehen, dass sie es kaum erwarten konnte, noch mehr von der Leidenschaft zu spüren, die er ihr so freigiebig schenkte? Wobei zu diesem Geständnis zweifellos auch gehören würde, dass sie sich gleichzeitig vor dieser Leidenschaft fürchtete.
All diese Worte und noch einige mehr brannten ihr auf
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