Schlaflos in Schottland
schlimmer, als Christina gedacht hatte. „Sie hat das Haus gemütlicher gemacht“, gab Aggie zu bedenken. „Wir hatten letzte Woche besseres Essen, und es ist sauberer hier, und ...“
„Alles funktionierte wunderbar, als noch Devon und ich Mrs Wallis geholfen haben“, gab Christina gereizt zurück. Allerdings hatte Mrs Wallis in Wahrheit Christina und Devon nur erlaubt, die Speisefolgen zusammenzustellen. Dennoch schmerzte es ein wenig, dass die Haushälterin und die übrigen Dienstboten so glücklich darüber zu sein schienen, dass jetzt Catriona das Sagen hatte. Christina war die älteste der drei Schwestern; hätte nicht sie den Haushalt so führen müssen, wie Catriona es nun tat?
Viel schlimmer als die abtrünnige Dienerschaft war jedoch die Tatsache, dass Papa offenbar anfing, seine frisch angetraute Ehefrau mit anderen Augen zu sehen. Während der ersten Tage war er einfach nur freundlich und höflich zu Catriona gewesen. Doch neuerdings strahlten seine Augen auf ganz bestimmte Weise, wenn er nach Hause kam, und das machte Christina sehr viel Angst. So war es auch bei Mutter gewesen. Sie hatte einen Mann kennengelernt und ihn mit diesem Blick angeschaut, und anschließend war sie verschwunden. Dann dauerte es Tage, manchmal auch Wochen, bis sie zurückkam. Christina musste ganz langsam durch die Nase ein- und ausatmen, um sich ein wenig zu beruhigen, damit ihre Schwestern nicht bemerkten, wie sehr sie sich fürchtete.
Devon setzte sich aufrecht hin und umschlang die Knie mit den Armen. „Diese alte Hexe hat ihn verzaubert.“
Entsetzt riss Aggie die Augen auf. „Sie ist eine Hexe?“
„Eine von der schlimmsten Sorte“, legte Devon nach. „Von der Art, die Männer von ihren Familien fortlockt...“
„Zum Beispiel von uns?“, hauchte Aggie atemlos.
„Zum Beispiel von uns“, erklärte Devon energisch. „Hexen wie sie bringen unglückliche Männer dazu, sie zu heiraten.“
Aggies Lippen begannen zu zittern. „Aber wir haben Papa doch gerade erst gefunden. Wir dürfen ihn nicht verlieren.“
Christina nahm ihre kleine Schwester in die Arme. „Mach dir keine Sorgen, Aggie. Wir werden einen Weg finden, Papa zu helfen.“
„Ja, das werden wir“, bekräftigte Devon. „Ach, wenn uns nur etwas einfallen würde, wie wir ..." Sie stockte und blinzelte nachdenklich. Dann blinzelte sie noch einmal.
„Was ist los?“, erkundigte sich Christina. „Hast du eine Idee?“ „Oh ja. Eine sehr gute Idee. Eine, durch die Papa begreifen wird, dass sie nicht so ist, wie er glaubt.“
„Und wie funktioniert diese Idee?“ Christina war fertig damit, Aggies lange Haare zu flechten. Nun steckte sie sie zu einem ordentlichen, niedrig sitzenden Dutt auf.
„Papa hat uns doch versprochen, dass sich nichts ändern soll, deshalb glaube ich, dass er sehr böse sein wird, wenn sie im Haus mehr verändert, als er möchte.“
Christina schob die letzte Haarnadel in Aggies Dutt und trat einen Schritt zurück, um ihr Werk zu begutachten. „Fertig, meine Liebe. Und jetzt hol die hübsche Saphirnadel, die Tante Sophia dir geschenkt hat, dann befestigen wir sie zusätzlich noch in deinen Haaren.“
Während Aggie vom Hocker rutschte und davonlief, um das Schmuckstück zu suchen, setzte Christina sich neben Devon aufs Bett. „Ich verstehe nicht, wieso uns das helfen sollte.“
„Meinst du nicht, er wird verlangen, dass sie früher geht, wenn er nur wütend genug ist?“
Dadurch hätte Papa weniger Zeit, sich in Catriona zu verlieben, wovor Christina so große Angst hatte. „Das würde mir gefallen. Dann wäre alles wieder wie vorher, nur Papa und wir.“
Aggie, die in einer kleinen Schmuckschatulle herumwühlte, schaute zu ihnen herüber. „Ich verstehe nicht, Devon. Was hast du denn vor?“
„Es ist ganz einfach. Wir warten ab, welche Veränderungen im Haus sie plant, und dann machen wir alles viel schlimmer. Papa wird es bald leid sein, dass so viel falsch läuft, und er wird sie wegschicken.“
„Das könnten wir schaffen“, stellte Aggie grinsend fest.
„Ich weiß nicht.“ Christina klang jetzt besorgt. „Es erscheint mir nicht... fair.“
„War es etwa fair, dass sie Papa eine Falle gestellt hat, sodass er sie heiraten musste, obwohl er es nicht wollte?“, fragte Devon.
„Nein.“
„Also bekommt sie nur, was sie verdient. Außerdem wird es immer wahrscheinlicher, dass er sich in sie verliebt, je länger sie hierbleibt. Und ihr wisst, was es heißt, wenn jemand sich verliebt.“
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