Schlaflos in Tofuwuerstchen
Make-Up werde ich mich bereits vor dem Frühstück im Gästezimmer zurechtmachen, warten, bis Clara verschwunden ist und dann nach unten schleichen, um zum Angriff überzugehen. Ein subtiler Angriff, aber umso fruchtbarer.
"Ich hoffe, dass er auch wirklich zu Hause ist morgen."
"Aber ich dachte, er hat sich extra ein paar Tage frei genommen."
"Ja schon…"
"Na, siehst du. Kein Grund zur Sorge. Du machst das schon, Mädchen."
"Wenn du es sagst."
Der Anrufbeantworter versaut mir die Laune. Warum ist er überhaupt angesprungen? Ist Peter unter der Dusche? Schläft er noch? Und warum ist das verdammte Dinge so laut, dass ich es bis ins Gästezimmer hören kann?
Hier ist der gemeinsame Anschluss von Peter Kajewski und Clara Schaper. Wir sind zur Zeit leider nicht erreichbar. Wenn Sie uns eine Nachricht nach dem Piepton hinterlassen, rufen wir Sie allerdings gerne zurück.
Wir sind nicht erreichbar. Wir rufen Sie gerne zurück. Verdammt, ist es denen denn nicht peinlich, nach ein paar Wochen Beziehung schon einen gemeinsamen Anrufbeantworter zu haben?
Der Anblick im Spiegel, den ich eben noch als ganz annehmbar empfunden habe, fällt nun gnadenlos durch. Warum läuft diese beschissene Ansage gerade jetzt, wo ich vorhabe, ihn mir mit neuem Selbstbewusstsein zurückzuholen? Lass dich nicht von so einer albernen Sache einschüchtern, würde Julia jetzt sagen. Und sie hätte recht. Trotzdem macht es mich wütend. Ein weiteres Indiz für die heile Welt zwischen Püppchen und Peter.
Andererseits: wie heil kann diese Welt schon sein, wenn Peter schon beim Austausch von ein paar harmlosen Erinnerungen im Sternenlicht schwach wird?
Das Rot des Tops ist beinahe unverschämt leuchtend. Bereits zweimal habe ich es heute Morgen gegen mein schwarzes Lieblingsshirt ausgetauscht, um es dann doch wieder anzuziehen. Männer werden verrückt, wenn Frauen Rot tragen. Hoffentlich hat Julia auch hiermit recht.
Ich werfe einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel, bevor ich das Zimmer verlasse. Ja. Du siehst gut aus, Eve. Und er ist blind, wenn er das nicht genauso sieht.
Er steht gebeugt vor dem Ofen, als ich in die Küche komme. Es sieht aus, als hätte er gerade etwas hinein geschoben. Brötchen?
"Morgen", sage ich ein wenig schüchtern.
"Morgen", antwortet er, beinahe erschrocken, mich zu sehen.
Ich setze mich auf einen der Küchenstühle. Auf dem Tisch steht eine Kanne Kaffee, daneben eine halbgeleerte Tasse. Seine Tasse? Hat Clara nichts getrunken? Haben sie nicht zusammen gefrühstückt?
"Ist Clara schon weg?", frage ich, ohne wirklich eine Antwort zu brauchen. Ich habe sie vom Fenster aus losfahren sehen.
"Vor zehn Minuten", antwortet er, während er mir den Rücken zuwendet und in der Spüle an einem Teller schrubbt. Versucht er, einen Abwasch vorzutäuschen, nur um nicht mit mir reden zu müssen?
"Peter", sage ich schließlich.
"Wenn du Hunger hast, ich habe grad Brötchen in den Ofen geschoben", sagt er. "Sind in zehn Minuten fertig. Clara isst selten Frühstück. Sie sagt, das schlägt ihr so früh am Morgen auf den Magen."
"Wenn du vorhast, dich mit mir über Brötchen zu unterhalten, sag bitte Bescheid. Dann geh ich schnell nach oben und zieh mir was Anderes an."
Er kennt den Sarkasmus in meiner Stimme. Nach einem kurzen Zögern dreht er sich um.
"Eve", sagt er leise.
"Ich trage Rot, Peter. Eine Signalfarbe."
"Ich weiß." Er vermeidet es, mich anzusehen.
"Warum ignorierst du meine Signale dann so gekonnt?"
"Ich ignoriere sie nicht, Eve. Ich steige nur nicht darauf ein."
"Und gestern? Das ist von dir ausgegangen, Peter. Allein von dir."
"Gestern. Ja, ich weiß. Das war ein Fehler. Und es tut mir leid."
"Es tut dir leid?" Ich schiebe die Tasse zur Seite und lege meine Ellenbogen auf den Tisch. "Ein Fehler, der dir leid tut? Wirklich interessant, wie schnell man nach drei Jahren Beziehung von der geliebten Freundin zum Fehler wird."
"Du bist nicht mehr meine Freundin, Eve. Deshalb war es ein Fehler. Weil ich jetzt mit Clara zusammen bin. Und weil es zwischen dir und mir vorbei ist. Vorbei. Verstehst du das nicht?"
Er schaut mir in die Augen. Der so vertraute Blick, der alles und gleichzeitig nichts sagt. Der Blick, an den ich denke, bevor ich einschlafe. Wenn ich aufwache. Oder auf Hollywoodschaukeln sitze und nichts ahnend in den Himmel starre.
"Ja, Peter. Vorbei. Und es ist sehr nett von dir, dass du mich immer wieder daran erinnerst. Aber was ist dann mit gestern, wenn es zwischen
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