Schlaflos - Insomnia
Können Sie es für sich behalten, wenn ich es Ihnen erzähle?«
»Ja.«
»Ich mache mir hauptsächlich wegen Ihres Untermieters Gedanken. Wenn das Wort ›Diskretion‹ genannt wird, denke ich nicht unbedingt an den Prof.«
Ralph lachte herzlich. »Ich werde kein Wort zu ihm sagen - Pfadfinderehrenwort -, aber es ist interessant, dass Sie ihn erwähnen; Bill war damals mit Mrs. Locher in der Schule. In der Grund schule.«
»Mann, ich kann mir den Prof überhaupt nicht in der Grundschule vorstellen«, sagte Leydecker. »Sie?«
»Irgendwie schon«, sagte Ralph, aber das Bild, das ihm in den Sinn kam, war ausgesprochen eigentümlich: Bill McGovern, der wie eine Kreuzung zwischen dem kleinen Lord Fauntleroy und Tom Sawyer aussah - mit Knickerbockern, langen weißen Socken … und einem Panamahut.
»Wir sind uns nicht sicher, was mit Mrs. Locher passiert ist«, sagte Leydecker. »Wir wissen nur, dass kurz nach drei Uhr nachts 911 einen anonymen Anruf von jemandem - einem Mann - bekommen hat, der behauptete, er habe zwei Männer, einer mit einer Schere bewaffnet, aus Mrs. Lochers Haus kommen sehen.«
»Sie wurde ermordet?«, rief er aus und stellte zweierlei gleichzeitig fest: dass er sich glaubwürdiger anhörte, als er je für möglich gehalten hätte, und dass er gerade eine Brücke überquert hatte. Er hatte sie nicht hinter sich verbrannt - noch nicht jedenfalls -, aber er würde nicht mehr auf die andere Seite zurückkehren können, ohne eine Menge Erklärungen abzugeben.
Leydecker kehrte die Handflächen nach oben und zuckte die Schultern. »Wenn, dann jedenfalls nicht mit einer Schere oder einem anderen scharfen Gegenstand. Sie wies keinerlei Verletzungen auf.«
Das zumindest war eine Erleichterung.
»Andererseits ist es möglich, bei der Ausführung eines Verbrechens jemanden zu Tode zu erschrecken - besonders jemanden, der alt und krank ist«, sagte Leydecker. »Wie auch immer, es wird einfacher zu erklären sein, wenn Sie mich einfach erzählen lassen, was ich weiß. Es wird nicht lange dauern, glauben Sie mir.«
»Natürlich. Entschuldigen Sie.«
»Möchten Sie etwas Komisches hören? Als ich den Meldebogen der Notrufannahme 911 gelesen habe, musste ich zuerst an Sie denken.«
»Wegen der Schlaflosigkeit, richtig?«, fragte Ralph. Seine Stimme klang gelassen.
»Einmal das, und weil der Anrufer behauptete, er hätte diese Männer von seinem Wohnzimmerfenster gesehen. Ihr Wohnzimmer geht doch auf die Harris Avenue hinaus, oder nicht?«
»Ja.«
»Hmhm. Ich wollte mir sogar das Band anhören, aber dann fiel mir ein, dass Sie heute vorbeikommen wollten … und dass Sie wieder durchschlafen. Das stimmt doch, oder nicht?«
Ohne einen Augenblick zu zögern oder zu überlegen, setzte Ralph die Brücke in Brand, die er gerade überquert hatte. »Nun, ich schlafe nicht so gut wie mit sechzehn, als ich nach der Schule zwei Jobs hatte, da will ich Ihnen nichts vormachen, aber wenn ich der Mann war, der gestern Nacht 911 angerufen hat, dann muss ich es im Schlaf getan haben.«
»Das habe ich mir auch gedacht. Und außerdem, wenn Sie auf der Straße etwas Ungewöhnliches gesehen hätten, weshalb hätten Sie den Anruf anonym machen sollen?«
»Ich weiß nicht«, sagte Ralph und dachte: Aber angenommen, es war etwas mehr als ungewöhnlich, John? Angenommen, es war vollkommen unglaubwürdig?
»Ich auch nicht«, sagte Leydecker. »Ihr Haus hat Fenster zur Harris Avenue raus, richtig, aber das haben rund drei Dutzend andere auch … und dass der Anrufer gesagt hat, er hätte sich drinnen aufgehalten, heißt ja noch lange nicht, dass es so war, oder?«
»Wohl nicht. Vor dem Red Apple steht eine Telefonzelle, von der er angerufen haben könnte, und beim Spirituosenladen ist auch eine. Und zwei im Strawford-Park, wenn sie funktionieren.«
»Tatsächlich sind es vier im Park, und die funktionieren alle. Wir haben es überprüft.«
»Warum sollte er nicht sagen, von wo er angerufen hat?«
»Höchstwahrscheinlich, weil alles andere auch gelogen war. Wie auch immer, Donna Hagen sagte, der Mann hätte sich sehr jung und selbstsicher angehört.« Er hatte die Worte kaum ausgesprochen, zuckte er zusammen und legte sich die Hand auf den Kopf. »Das war nicht so gemeint, Ralph. Bitte entschuldigen Sie.«
»Schon gut - der Gedanke, dass ich mich wie ein pensionierter alter Furz anhöre, ist nicht gerade neu für mich. Ich bin ein pensionierter alter Furz. Nur weiter.«
»Chris Nell kümmerte sich um den Anruf - er
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