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Schlaflos - Insomnia

Titel: Schlaflos - Insomnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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verdächtig wie Ed Deepneau an.«

    Ralph drehte sich um. Heißes Blut pulsierte hinter seinem Gesicht. »Warum tust du das? Warum versuchst du so sehr, mir eins auszuwischen?«
    »Ich versuche nicht, dir eins auszuwischen, Ralph, ich versuche, dir zu helfen. Dein Freund zu sein.«
    »Den Eindruck habe ich nicht.«
    »Nun, manchmal tut die Wahrheit ein bisschen weh«, sagte McGovern ruhig. »Du solltest zumindest über die Möglichkeit nachdenken, dass dein Körper und dein Geist versuchen, dir etwas zu sagen. Ich will dir eine Frage stellen - war das der einzige beunruhigende Traum, den du in letzter Zeit gehabt hast?«
    Ralph dachte flüchtig an Carol, die bis zum Hals im Sand begraben war und von Fährten des weißen Mannes kreischte. Dachte an die Käfer, die aus ihrem Kopf gequollen waren. »Ich hatte in letzter Zeit überhaupt keine Albträume«, sagte er steif. »Ich nehme an, das wirst du mir nicht glauben, weil es nicht in das kleine Drehbuch passt, das du dir zurechtgelegt hast.«
    »Ralph …«
    »Ich will dich etwas fragen. Glaubst du wirklich, es war nur ein Zufall, dass ich diese beiden Männer gesehen habe und May Locher gestorben ist?«
    »Vielleicht nicht. Vielleicht hat dein körperlich und emotional aufgewühlter Zustand Bedingungen geschaffen, die eine kurze, aber durchaus echte übersinnliche Wahrnehmung ermöglicht haben.«
    Darauf wusste Ralph nichts zu sagen.
    »Ich glaube, dass so etwas von Zeit zu Zeit vorkommt«, sagte McGovern und stand auf. »Hört sich von einem rationalen alten Vogel wie mir wahrscheinlich komisch an,
aber es ist so. Ich will nicht behaupten, dass es sich tatsächlich so abgespielt hat, aber es könnte sein. Ich bin mir aber ganz sicher , dass die beiden Männer, die du gesehen hast, in Wirklichkeit nicht existiert haben.«
    Ralph sah zu McGovern auf; er hatte die Hände in den Taschen stecken und so fest zu Fäusten geballt, dass sie sich wie Steine anfühlten. Er konnte die Muskeln in seinen Armen vibrieren spüren.
    McGovern kam die Verandastufen herunter und hielt ihn dicht über dem Ellbogen behutsam am Arm. »Ich glaube nur …«
    Ralph zog den Arm so ruckartig weg, dass McGovern überrascht grunzte und ein wenig auf seinen Füßen schwankte. »Ich weiß , was du glaubst.«
    »Du begreifst nicht, was ich …«
    »Oh, ich begreife durchaus. Mehr als mir lieb ist. Glaub mir. Und entschuldige mich bitte - ich glaube, ich werde noch einen Spaziergang machen. Damit ich wieder einen klaren Kopf bekomme.« Er konnte das heiße Blut in Wangen und Stirn pochen fühlen. Er versuchte, einen Vorwärtsgang in seinem Gehirn einzulegen, der ihm ermöglichen würde, diese sinnlose, ohnmächtige Wut hinter sich zu lassen, aber er schaffte es nicht. Er fühlte sich fast so, wie nach dem Traum von Carolyn; seine Gedanken wirbelten vor Angst und Verwirrung durcheinander, und als er seine Beine in Bewegung setzte, hatte er nicht das Gefühl, zu gehen, sondern zu fallen, wie er am Montagmorgen aus dem Bett gefallen war. Trotzdem ging er weiter. Manchmal konnte man nichts anderes tun.
    »Ralph, du musst zu einem Arzt gehen!«, rief McGovern ihm nach, und nun konnte sich Ralph nicht mehr einreden,
dass er nicht eine unheimliche, heftige Schadenfreude in McGoverns Stimme hörte. Die Sorge, die darin mitschwang, war wahrscheinlich aufrichtig, aber sie war wie ein süßer Zuckerguss auf einem bitteren Kuchen.
    »Keinem Apotheker, keinem Hypnotiseur, keinem Akupunkteur! Du musst zu deinem Hausarzt gehen! «
    Klar, zu dem Typ, der meine Frau unterhalb der Flutlinie begraben hat!, dachte er mit einer Art geistigem Aufschrei. Dem Mann, der sie bis zum Hals im Sand begraben und ihr anschließend gesagt hat, sie müsste keine Angst haben zu ertrinken, solange sie schön brav ihre Valium und Tylenol-3 nahm!
    Laut sagte er: »Ich muss einen Spaziergang machen! Das brauche ich, und mehr brauche ich nicht .« Sein Herz pochte jetzt mit den kurzen, harten Schlägen eines Vorschlaghammers in seinen Schläfen, und er überlegte sich, dass so ein Schlaganfall anfangen musste; wenn er sich nicht bald unter Kontrolle bekam, würde er ins Wutkoma fallen, wie sein Vater sich immer ausgedrückt hatte.
    Er konnte hören, wie McGovern ihm den Fußweg entlang folgte. Fass mich nicht an, Bill, dachte Ralph. Wage es nicht, mir die Hand auf die Schultern zu legen, denn in diesem Fall werde ich mich wahrscheinlich umdrehen und dir eine scheuern.
    »Ich versuche nur, dir zu helfen , begreifst du das nicht?«,

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