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Schlaflos - Insomnia

Titel: Schlaflos - Insomnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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winziger Insektenschwärme. Lois schrie und zog die Hand zurück. Ihr Gesicht drückte eine Mischung aus Entsetzen und Abscheu aus. Sie hielt die Hand vor die Augen und schrie wieder, obwohl Ralph nichts daran erkennen konnte. Schmale schwarze Streifen schwirrten nun schwindelerregend über den äußeren Rand ihrer Aura; für Ralph sahen sie wie Planetenbahnen auf einer Karte des Sonnensystems aus. Sie drehte sich um und wollte weglaufen. Ralph hielt sie an den Oberarmen fest, und sie schlug blind nach ihm.
    McGovern und sein Freund schlurften derweil weiter gemächlich den Flur entlang zum Trinkbrunnen, ohne etwas von der kreischenden, um sich schlagenden Frau keine zehn Fuß hinter ihnen zu bemerken. »Als ich Bob fragte, warum er das Buch nicht veröffentlichen wollte«, fuhr McGovern fort, »sagte er, dass ich von allen seine Gründe doch am ehesten verstehen müsste. Ich sagte ihm …«
    Lois, die wie eine Feuerwehrsirene kreischte, übertönte ihn.
    [»!!! - - - - - - -!!! - - - - - - - - - - -!!!«]

    [»Hör auf, Lois! Hör sofort auf! Was immer dir zugestoßen ist, jetzt ist es vorbei! Es ist vorbei, und dir ist nichts geschehen!«]
    Aber Lois wehrte sich weiter, jagte diese unartikulierten Schreie in seinen Kopf, versuchte ihm zu erzählen, wie schrecklich es gewesen war, dass er verfaulte, dass da Kreaturen in seinem Inneren war, die ihn bei lebendigem Leibe auffraßen, und das war schlimm genug, aber es war nicht das Schlimmste. Diese Kreaturen wussten es, sagte sie, sie waren böse und sie hatten gewusst, dass sie da war.
    [»Lois, du bist bei mir! Du bist bei mir, und alles ist g…«]
    Eine ihrer Fäuste traf ihn seitlich am Kinn, und Ralph sah Sterne. Ihm war klar, sie hatten eine Ebene der Wirklichkeit erreicht, in der körperlicher Kontakt mit anderen unmöglich war - hatte er nicht selbst gesehen, wie Lois’ Hand direkt in McGovern eingedrungen war, wie die Hand eines Geistes? -, aber füreinander waren sie offensichtlich nach wie vor real; der Beweis dafür war sein schmerzender Unterkiefer.
    Er legte die Arme um sie und drückte sie an sich, sodass ihre Fäuste zwischen ihren Brüsten und seinem Brustkorb eingeklemmt wurden. Ihre Schreie
    [»!!! - - - - - - - - -!!! - - - - - - - -!!!«]
    tobten und dröhnten allerdings weiter in seinem Kopf. Er verschränkte die Hände zwischen ihren Schulterblättern und drückte. Er spürte wieder, wie die Energie aus ihm entwich, wie an diesem Morgen, aber diesmal fühlte es sich ganz anders an. Blaues Licht strömte durch Lois’ aufgewühlte rot-schwarze Aura und besänftigte sie. Ihre Gegenwehr ließ nach und hörte schließlich ganz auf. Er
spürte, wie sie zitternd Luft holte. Das blaue Leuchten über ihr und um sie herum dehnte sich aus und verblasste. Die schwarzen Streifen verschwanden einer nach dem anderen aus ihrer Aura, von unten nach oben, und der erschreckende, entzündete rötliche Farbton verblasste ebenfalls. Sie legte den Kopf an seinen Arm.
    [»Es tut mir leid, Ralph - ich bin wieder explodiert, richtig?«]
    [»Könnte man sagen, aber mach dir nichts draus. Jetzt geht es dir wieder gut. Darauf kommt es an.«]
    [»Wenn du wüsstest, wie schrecklich es war … ihn so zu berühren …«]
    [»Du hast es mir ziemlich deutlich klargemacht, Lois.«]
    Sie sah den Korridor hinunter, wo McGoverns Freund gerade trank. McGovern lehnte neben ihm an der Wand und redete darüber, wie der Verehrte & Angebetete Bob Polhurst das Kreuzworträtsel der New York Sunday Times immer mit Tinte ausgefüllt hatte. »Er sagte mir immer, das sei kein Stolz, sondern Optimismus«, führte McGovern aus, und das Leichentuch wallte beim Sprechen träge um ihn herum und waberte aus seinem Mund und zwischen den Fingern seiner gestikulierenden, ausdrucksvollen Hand.
    [»Wir können ihm nicht helfen, oder, Ralph? Wir können überhaupt nichts für ihn tun.«]
    Ralph drückte sie kurz und fest an sich. Ihre Aura, sah er, war wieder völlig normal geworden.
    McGovern und sein Bekannter gingen den Korridor zurück und kamen auf sie zu. Einem Impuls folgend, löste sich Ralph von Lois und stellte sich direkt vor Mr. Pflaume, der zuhörte, wie McGovern in epischer Breite von der Tragödie
des Alterns erzählte, und an den richtigen Stellen nickte.
    [Ralph, tu es nicht!«]
    [»Schon gut, mach dir keine Sorgen.«]
    Aber plötzlich war er sich nicht mehr so sicher, dass es gut war . Hätte er noch eine Sekunde Zeit gehabt, wäre er vielleicht ausgewichen. Aber bevor er die

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