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Schlaflos - Insomnia

Titel: Schlaflos - Insomnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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und dem, was sich hier abspielt, ist wie der zwischen einem Klecks und einem schwarzen Loch. Wenn wir versuchen, uns in diese Angelegenheit hier einzumischen, werden wir zerquetscht.
    Er hörte ein Stöhnen neben sich und stellte fest, dass Lois weinte. Er nahm seine ganze schwindende Energie zusammen und legte ihr einen Arm um die Schultern. »Durchhalten, Lois«, sagte er. »Wir können es damit aufnehmen.« Aber er hatte seine Zweifel.
    »Wir atmen es ein!«, schluchzte sie. »Es ist, als würden wir den Tod einatmen! O Ralph, lass uns von hier fortgehen! Bitte, lass uns einfach fortgehen!«

    Das klang so verlockend für ihn, wie Wasser auf einen Verdurstenden in der Wüste wirken musste, aber er schüttelte den Kopf. »Zweitausend Menschen werden heute Abend hier sterben, wenn wir nichts unternehmen. Ich bin ziemlich verwirrt, was den Rest der Angelegenheit angeht, aber das begreife ich mühelos.«
    »Okay«, flüsterte sie. »Lass nur den Arm um mich gelegt, damit ich mir den Schädel nicht aufschlage, wenn ich ohnmächtig werde.«
    Es war die reine Ironie, dachte Ralph. Sie hatten nun Gesichter und Körper von vitalen Menschen in den beginnenden Jahren des mittleren Alters, schlurften aber über den Parkplatz wie zwei alte Leute, deren Muskeln zu dünnen Fäden und deren Knochen zu Glas geworden sind. Er konnte Lois schnell und keuchend atmen hören, wie eine Frau, die gerade schwer verletzt worden ist.
    »Ich bringe dich zurück, wenn du willst«, sagte Ralph, und das war sein Ernst. Er würde sie zum Parkplatz zurückbringen, er würde sie zu der orangefarbenen Bank der Bushaltestelle bringen, die er von hier sehen konnte. Und wenn der Bus kam, wäre es das Einfachste von der Welt, einzusteigen und zur Harris Avenue zurückzufahren.
    Er spürte, wie die tödliche Aura, die diesen Ort umgab, auf ihm lastete, sie wollte ihn ersticken wie ein Plastikbeutel einer Trockenreinigung, und ihm fiel etwas ein, das McGovern über May Lochers Emphysem gesagt hatte - dass es eine der Krankheiten sei, von denen man immer etwas hatte. Jetzt hatte er eine ziemlich gute Vorstellung, wie sich May Locher in den letzten Lebensjahren gefühlt haben musste. Es spielte keine Rolle, wie fest er die schwarze
Luft einsog oder wie tief in die Lunge er sie pumpte; sie befriedigte nicht. Sein Herz und sein Kopf pochten unablässig, und er fühlte sich, als hätte er den schlimmsten Kater seines Lebens.
    Er wollte gerade den Mund aufmachen und ihr sagen, dass er sie zurückbringen würde, als sie selbst atemlos keuchend das Wort ergriff. »Ich glaube, ich schaffe es … aber ich hoffe … es wird nicht lange dauern. Ralph, wie kommt es, dass wir etwas so Schlimmes spüren können, auch wenn wir die Farben nicht sehen? Warum können sie es nicht?« Sie deutete auf die Presseleute, die sich vor dem Bürgerzentrum drängten. »Sind wir Kurzfristigen so unempfindlich? Der Gedanke gefällt mir nicht.«
    Er schüttelte den Kopf, um anzudeuten, dass er es nicht wusste, aber er dachte, dass die Nachrichtensprecher, Videotechniker und das Wachpersonal vor den Türen und unter dem mit Sprühfarbe beschriebenen Banner, das vom Vordach hing, möglicherweise doch etwas spürten. Er sah eine Menge Leute, die Styropor-Kaffeebecher in den Händen hielten, aber niemand trank tatsächlich etwas davon. Ein Karton mit Donuts stand auf der Haube eines Kombis, aber nur ein einziger war herausgeholt worden, und der lag nur einmal angebissen auf einer Serviette daneben. Ralph ließ den Blick über ein Dutzend Gesichter schweifen, ohne ein einziges Lächeln zu entdecken. Die Nachrichtenleute gingen ihrer Arbeit nach - sie justierten die Kameras, markierten Stellen, wo die Moderatoren ins Bild kamen, verlegten Koaxialkabel und befestigten sie mit Klebeband auf dem Beton -, aber sie taten es ohne die Aufregung, die Ralph bei einer Geschichte dieser Größenordnung erwartet hätte.

    Connie Chung kam mit einem bärtigen, gut aussehenden Kameramann unter dem Vordach hervor - MICHAEL ROSENBERG stand auf dem Namensschild an seiner CBS-Jacke -, sie hob die zierlichen Hände und gestikulierte einen Rahmen, um ihm zu zeigen, wie sie das Banner aufgenommen haben wollte, das vom Vordach herunterhing. Rosenberg nickte. Chungs Gesicht war blass und ernst, und einmal im Verlauf ihrer Unterhaltung mit dem bärtigen Kameramann sah Ralph, wie sie verstummte und unsicher eine Hand an die Schläfe hielt, als hätte sie den Faden verloren oder fühlte sich schwach.
    Er fand, dass

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