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Schlaflos - Insomnia

Titel: Schlaflos - Insomnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Lois Chasse und Ralph Roberts wurden rückwärts inmitten einer Rauchwolke herausgeschleudert und hielten einander fest. Aus der Kabine ertönte das Geräusch der abstürzenden Cherokee und dann die Explosion des Plastiksprengstoffs. Ein weißer Lichtblitz war zu sehen, und die blauen Wände der Toilette wölbten sich nach außen, als hätte ein Riese mit der Faust dagegengeschlagen. Eine Sekunde später hörten sie die Explosion noch einmal; diesmal, als sie durch die Luft zu ihnen herübergetragen wurde. Die zweite Version war leiser, aber irgendwie realer.

    Lois stolperte und fiel mit einem Schrei, der teilweise Erleichterung ausdrückte, auf dem Hügel ins Gras. Ralph landete neben ihr, richtete sich aber gleich in eine sitzende Haltung auf. Er sah ungläubig zum Bürgerzentrum, wo sich eine Faust aus Feuer am Horizont ballte. Eine purpurne Schwellung, so groß wie ein Türknauf, wuchs mitten auf Ralphs Stirn, dort, wo Ed ihn getroffen hatte. Seine linke Seite pochte immer noch, aber er glaubte, dass die Rippen wahrscheinlich nur angeknackst waren, nicht gebrochen.
    [»Lois, alles in Ordnung?«]
    Sie sah ihn einen Augenblick verständnislos an, dann tastete sie Gesicht, Hals und Schultern ab. Diese Untersuchung passte so süß und perfekt zu »unserer Lois«, dass Ralph lachen musste. Er konnte nicht anders. Lois lächelte zögernd zurück.
    [»Ich denke, es ist alles in Ordnung. Ich bin mir sogar ziemlich sicher.«]
    [»Was hattest du dort zu suchen? Du hättest getötet werden können!«]
    Lois, die wieder etwas verjüngt aussah (Ralph vermutete, dass der rechtzeitig erschienene Penner etwas damit zu tun hatte), sah ihm in die Augen.
    [»Vielleicht bin ich altmodisch, Ralph, aber wenn du denkst, dass ich die nächsten zwanzig Jahre oder so damit verbringe, in Ohnmacht zu fallen oder zu bibbern wie die beste Freundin der Heldin in diesen Liebesromanen, die meine Freundin Mina immer liest, dann solltest du dir besser eine andere Frau suchen, mit der du herumziehst.«]
    Er sperrte einen Moment den Mund auf, dann zog er sie auf die Füße und umarmte sie. Lois erwiderte die Umarmung.
Sie war unglaublich warm, unglaublich präsent. Ralph musste kurz an die Ähnlichkeiten zwischen Einsamkeit und Schlaflosigkeit denken - beide heimtückisch, wachsend und trennend, Freunde der Verzweiflung und Erzfeinde der Liebe -, dann verdrängte er diese Gedanken und küsste sie.
    Klotho und Lachesis, die auf dem Hügel standen und so ängstlich aussahen wie Arbeiter, die ihr ganzes Weihnachtsgeld beim Boxen auf einen Außenseiter gesetzt haben, kamen zu Ralph und Lois geeilt, die wieder einmal Stirn an Stirn standen und einander in die Augen sahen wie verliebte Teenager. Auf der anderen Seite der Barrens schwoll der Lärm von Sirenen an, wie Stimmen in unruhigen Träumen. Die Feuersäule, die das Grab von Ed Deepneaus Besessenheit kennzeichnete, war jetzt so grell, dass man sie nicht mehr ansehen konnte, ohne die Augen zuzukneifen. Ralph konnte das leise Knallen explodierender Autos hören und musste an sein eigenes Auto denken, das irgendwo verlassen weitab vom Schuss stand. Er beschloss, dass ihm das nichts ausmachte. Er war zu alt zum Fahren.

7
    Klotho: [Geht es Ihnen beiden gut?]
    Ralph: [»Uns geht es bestens. Lois hat mich hochgezogen. Sie hat mir das Leben gerettet.«]
    Lachesis: [Ja, wir haben sie reingehen sehen. Das war sehr tapfer.]
    Und ziemlich verwirrend, Mr. L. was?, dachte Ralph. Sie haben es gesehen, und Sie bewundern es … aber ich glaube,
Sie haben keine Ahnung, wie und warum sie es über sich bringen konnte. Ich glaube, für Sie und Ihren Freund muss das Konzept von Rettung fast so fremd sein wie die Vorstellung von Liebe.
    Zum ersten Mal verspürte Ralph eine Art Mitleid mit den kleinen kahlköpfigen Ärzten und begriff die zentrale Ironie ihres Lebens: Sie waren sich bewusst, dass die Kurzfristigen, deren Existenz zu beschneiden sie gesandt waren, ein mächtiges inneres Leben führten, aber sie begriffen die Wirklichkeit dieses Innenlebens nicht im Geringsten, die Emotionen, die sie antrieben oder die daraus resultierenden Taten - manchmal edel, manchmal dumm. Mr. K. und Mr. L. hatten ihre kurzfristigen Aufträge so gründlich studiert wie gewisse reiche, aber ängstliche Engländer die Karten, die Forscher der viktorianischen Zeit von Expeditionen mitbrachten; Forscher, die in vielen Fällen von denselben reichen, aber ängstlichen Männern finanziert worden waren. Mit manikürten Nägeln und zarten

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