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Schlaflos - Insomnia

Titel: Schlaflos - Insomnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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altmodische Imbissbuden schwärmte, in denen Chrom glänzte und wo es nach Fett roch, aber der Kuchen war gut, und der Kaffee war zwar nicht so gut wie der von Lois Chasse - Lois machte den besten Kaffee, den er je getrunken hatte -, aber er war heiß und stark.
    »Und welche Weise wäre das?«, fragte Ralph.
    »Es gibt bestimmte Dinge, nach denen mann - und frau - strebt. Nicht das, worüber in den Geschichts- und Staatsbürgerkundebüchern geschrieben wird, jedenfalls zum überwiegenden Teil; ich spreche hier von den grundsätzlichen Dingen. Ein Dach über dem Kopf, das den Regen fernhält. Drei Herdplatten und ein Bett. Ein anständiges Liebesleben. Gesunde Eingeweide. Aber das wichtigste von allem ist wahrscheinlich das, was Ihnen fehlt, mein Freund. Denn nichts auf der Welt geht über einen gesunden Schlaf, oder?«
    »Mann, da haben Sie völlig recht«, sagte Ralph.
    Wyzer nickte. »Schlaf ist der übersehene Held und der Arzt des armen Mannes. Shakespeare nannte ihn den Faden,
der den zerrissenen Ärmel der Sorge flickt, Napoleon nannte ihn das segensreiche Ende der Nacht, und Winston Churchill - einer der großen Schlaflosen des 20. Jahrhunderts - bezeichnete ihn als einzige Erleichterung von seinen tiefen Depressionen. Das hatte ich alles in meinen Arbeiten zitiert, aber worauf die ganzen Zitate letztlich hinauslaufen, ist das, was ich gerade gesagt habe: Nichts auf der Welt kommt einem gesunden Schlaf gleich.«
    »Sie haben das Problem selbst gehabt, richtig?«, fragte Ralph plötzlich. »Haben Sie mich deshalb … nun … deshalb unter Ihre Fittiche genommen?«
    Joe Wyzer grinste. »Habe ich das denn?«
    »Ja, ich glaube schon.«
    »He, damit kann ich leben. Die Antwort ist Ja. Ich leide seit meinem dreizehnten Lebensjahr an Einschlafstörungen. Darum habe ich nicht nur eine Forschungsarbeit über das Thema geschrieben, sondern zwei.«
    »Und wie geht es Ihnen heutzutage?«
    Wyzer zuckte die Achseln. »Bis jetzt war es ein ziemlich gutes Jahr. Nicht das beste, aber ich bin zufrieden. Als ich Anfang zwanzig war, war das Problem zwei Jahre lang akut - ich ging um zehn Uhr ins Bett, schlief gegen vier Uhr ein, stand um sieben wieder auf, schleppte mich durch den Tag und fühlte mich wie ein Komparse im Albtraum eines anderen.«
    Das kam Ralph so bekannt vor, dass er Gänsehaut auf Rücken und Oberarmen bekam.
    »Und jetzt kommt das Wichtigste, das ich Ihnen erzählen kann, Ralph, also hören Sie gut zu.«
    »Mach ich.«

    »Sie müssen sich darauf konzentrieren, dass es Ihnen im Grunde genommen immer noch gut geht, obwohl Sie sich meistens beschissen fühlen. Nicht jeder Schlaf ist gleich, wissen Sie - es gibt guten Schlaf und schlechten Schlaf. Wenn Sie immer noch zusammenhängende Träume haben, und was noch wichtiger ist, luzide Träume, dann haben Sie immer noch guten Schlaf. Und deswegen könnte ein Rezept für Schlaftabletten momentan das Schlechteste auf der Welt für Sie sein. Und ich kenne Litchfield. Er ist ein netter Kerl, aber er liebt seinen Rezeptblock.«
    »Das können Sie laut sagen«, erwiderte Ralph, der an Carolyn dachte.
    »Wenn Sie Litchfield erzählen, was Sie mir auf dem Weg hierher erzählt haben, verschreibt er Ihnen ein Benzodiazepin - wahrscheinlich Dalmane oder Restoril, vielleicht auch Halcion oder sogar Valium. Sie werden schlafen, aber Sie werden den Preis dafür bezahlen. Benzodiazepine machen süchtig, sie wirken atmungslähmend und, was wahrscheinlich am schlimmsten für Leute wie Sie und mich ist, sie reduzieren deutlich den REM-Schlaf. Mit anderen Worten, den Traumschlaf. Wie schmeckt der Kuchen? Ich frage nur, weil Sie ihn kaum angerührt haben.«
    Ralph biss einmal kräftig ab und schluckte, ohne zu schmecken. »Gut«, sagte er. »Und jetzt verraten Sie mir, warum man Träume haben muss, damit Schlaf guter Schlaf ist.«
    »Wenn ich das beantworten könnte, würde ich mich vom Tablettenverkaufen zurückziehen und Schlafguru werden.« Wyzer hatte seinen Kuchen gegessen und benutzte die Kuppe des Zeigefingers, um die größeren Krümel vom Teller zu picken. »REM bedeutet Rapid Eye Movement, schnelle
Augenbewegungen also, und in der Vorstellung der Allgemeinheit sind REM-Schlaf und Traumschlaf ein und dasselbe geworden, aber niemand weiß wirklich, in welchem Zusammenhang die Augenbewegungen der Schlafenden mit ihren Träumen stehen. Es ist unwahrscheinlich, dass die Augenbewegungen auf ein ›Beobachten‹ oder ›Verfolgen‹ hinweisen, denn Traumforscher können jede Menge

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