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Schlaflos

Schlaflos

Titel: Schlaflos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Bender
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banal.
    »Geht es dir wieder besser?«, fragte er nach längerem
Schweigen. »Was macht deine Schulter.«
    Sie bewegte das Gelenk. Es fühlte sich noch ein wenig steif
an, das war alles. »So gut wie neu«, behauptete sie. Zumindest würde es in ein
paar weiteren Stunden so sein.
    »Gut«, meinte er knapp.
     
    Armand fuhr auch die ganze Nacht. Ihr Angebot, ihn abzulösen,
lehnte er schroff ab. Sie nahm es nicht persönlich. Dass er sie nicht ans
Steuer seines Luxusschlittens lassen wollte, war zu erwarten gewesen.
    Als der Himmel im Osten heller wurde, konnte selbst ein
gefallener Engel nicht mehr verbergen, wie erschöpft er war.
    »Wie weit ist es noch?«, fragte Madeleine.
    »Ein paar Stunden.«
    »Das ist unvernünftig. Du musst dich ausruhen!«
    Er gab nicht sofort nach, aber schneller, als sie erwartet
hatte. Wahrscheinlich hatte er seit achtundvierzig Stunden nicht geschlafen.
Als er auf den Parkplätzen vor einem Autobahnmotel hielt, stieg grade die Sonne
über den Horizont.
    Armand bestand darauf, ihre beiden Reisetaschen in die Lobby
zu tragen. Er fragte nach einer Suite mit zwei Schlafzimmern.
    »Im Augenblick kann ich Ihnen nur ein Zimmer mit Doppelbett
anbieten. Wenn sie bis mittags warten wollen, können Sie zwei Einzelzimmer
bekommen.«
    Madeleine beantwortete Armands fragenden Blick mit einem
Nicken. Sie fand die Vorstellung beunruhigend, wollte es aber nicht zugeben. Er
hatte sich die ganze Nacht so schweigsam verhalten. Sein Desinteresse
vermittelte ihr das Gefühl, sich eine Blöße zu geben, wenn sie sich zierte.
     
    »Du scheinst vergessen zu haben, dass ich nicht schlafe!«
    Ihre Stimme verriet ihren Ärger. Den ganzen Tag in den
klumpigen Polstern des einzigen Sessels zuzubringen, würde unbequem genug
werden. Jetzt musste sie sich auch noch mit Händen und Füßen gegen ein
bequemeres Arrangement zur Wehr setzen!
    Armand konnte gegen ihr Argument wenig einwenden. Trotz
seiner übernatürlichen Macht bewohnte er einen menschlichen Körper. Er
benötigte Nahrung, die er im Restaurant des Motels in Form von Croissants,
belegten Baguettebrötchen und Milchkaffee zu sich genommen hatte. Und er
brauchte Schlaf.
    »Du musst schlafen, ich nicht!«
    Er fand sich widerwillig damit ab und döste praktisch in dem
Moment weg, als sein Kopf das Kissen berührte.
    Madeleine verspürte keine Befriedigung darüber, recht behalten
zu haben. Stattdessen fühlte sie einen weiteren, unvernünftigen Stich des
Ärgers. Könnte es ihn nicht wenigstens ein kleines bisschen nervös machen, dass
er mit ihr alleine in einem Schlafzimmer war? Und wenn es das nicht tat, warum
verbrachte sie dann den Tag in diesem teuflisch unbequemen Sessel? Die Lehne
und diverse Sprungfedern stachen sie in den Hintern und Rücken. Dass sie zur
Uhr spähte, war ein Zeichen ihrer Niedergeschlagenheit. Sie brauchte keine
mechanische Zeitanzeige. Sie spürte auf die Sekunde genau den Lauf der Sonne,
das lag in ihrer Natur. Der Tag hatte grade erst begonnen.
    Madeleine zappte durch ein bescheidenes Senderangebot. Es
musste doch irgendetwas geben, womit sie sich ablenken konnte! Sie blieb bei
einem Schwarz-Weiß-Film hängen. Nach einer Weile drehte sie den Ton lauter.
Armand grunzte leise vor sich hin.
    Gegen zwei Uhr mittags drückte Madeleine auf den Ausknopf.
Sie war es gewohnt, sich hirnlose Fernsehsendungen anzusehen. Nachts, in ihrer
tödlich ruhigen Wohnung. Aber das war nicht dasselbe. Heute war sie nicht
allein!
    Armands Augenlieder zuckten. Seine Glieder setzten zu
Bewegungen an, die sie nicht ausführten, zeugten von lebhaften Träumen. War er
genauso unruhig wie sie?
    Madeleine zog sich im Bad aus und schlüpfte in das frische
T-Shirt, das Armand ihr vorhin angeboten hatte. Die Länge wäre allemal als
Kleid durchgegangen. Auf die Idee, sie könnte Nachtwäsche benötigen, war sie
zuvor nicht gekommen.
    Auf der freien Seite des breiten Doppelbettes schob sie sich
ganz am Rand unter die Decke. Was für eine Wohltat es war, die Beine
auszustrecken!
    Armand rührte sich nicht. Er schnarchte einfach weiter.
Teufel, wie dieser Kerl ihr auf die Nerven ging!
    Sie hatte so viele einsame Nächte verbracht, gewartet, dass
die Zeit an ihr vorbei zog. Welcher Sterbliche würde wohl glauben, wie absurd
langweilig die Unsterblichkeit sein konnte? Heute fiel es ihr schwerer als
sonst, untätig da zu liegen. Ihre Glieder schienen von einem unerklärlichen
Bewegungsdrang befallen.
    Alles, was sie hörte, war das beständige Rauschen des
Verkehrs

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