Schlaflos
ihm niemals entkommen.« Madeleine seufzte. Er
hatte ja recht! Sie konnten nicht sicher sein.
Er zog sie wieder an sich, sehr sanft diesmal. Madeleine
widerstand nicht länger, lehnte sich an seine Brust.
»Ich habe noch ein paar Asse im Ärmel,« versicherte er ihr.
»Meine Chancen stehen nicht schlecht. Anderenfalls würde ich niemals zulassen,
dass du dich hier in Gefahr befindest. Klar?«
»Und was hättest du sonst getan?«, murmelte Madeleine. Ihre
Erschöpfung holte sie ein. Die beiden Rituale waren anstrengend gewesen.
Zusätzlich zu der Angst, die sie auszustehen hatte. Sie würde sich bald schon
wieder nähren müssen! Aber darüber wollte sie jetzt nicht nachdenken.
»Ich hätte dich mit Irina weggeschickt. Wenn man keine Chance
hat zu gewinnen, ist Flucht keine Schande.«
»Und du? Du wärst nicht geflohen?« Er sagte nichts. Sie
musterte ihn forschend. »Um ihn von mir abzulenken?«, fragte sie ungläubig. Sie
boxte ihn so fest auf die Schulter, dass er überrascht zurückzuckte. »Du blöder
Kerl«, schimpfte sie. »Was glaubst du wohl, wie ich mich dabei fühlen würde.«
Sie versuchte ihr Gesicht vor ihm zu verbergen, aber er ließ
es nicht zu. Statt dessen wischte er die Tränen weg, die über ihre Wangen
rollten. »Warum bist du nicht zurückgegangen?«
Er streichelte sanft ihr Gesicht. »Ich dachte, du hättest
inzwischen verstanden, dass ich dich nicht alleine lassen werde.«
Sie schniefte. »Wegen deiner Rache?«
Armand gab ein Grollen von sich, das tief aus seiner Kehle
kam. Er packte sie fest bei den Schultern, damit sie zu ihm aufsah. »Weil ich
dich liebe, du Schaf!«
Madeleine starrte ihn an, mit großen Augen und offenem Mund.
Natürlich hatte sie gewünscht, gehofft, vermutet, dass er etwas für sie empfand.
Aber sie hätte niemals damit gerechnet, dass er es sagen würde. Einfach so. Sie
fühlte sich völlig überrumpelt.
»Ist das wahr?« Sie schlang die Arme um seinen Hals. »Ich
liebe dich auch, Armand. Ich liebe dich.«
Eine ganze Weile standen sie in dem schwachen Dämmerlicht des
Kellers, umarmten einander, küssten sich, und versicherten einander ihre Liebe.
Bis Madeleine aufhören konnte zu schluchzen.
Wie furchtbar! Vor allem furchtbar dumm! Erst mussten sie den
Tod vor Augen haben, um den Mut aufzubringen, zu ihren Gefühlen zu stehen.
Warum sah sie ausgerechnet jetzt aus wie ein verschnupftes Huhn? Total
verheult! Sie tupfte sich mit Armands Taschentuch das Gesicht und wünschte sich
eine Schüssel kaltes Wasser herbei.
»Du siehst wunderschön aus, Madeleine«, tröstete er sie, und
legte das Kinn auf ihren Scheitel. Ihr Gesicht kam an seinem Hals zu liegen.
Es war nicht mehr als ein unwillkommener Reflex, der sie in
einem unbedachten Augenblick überkam. Ihre Zähne reagierten auf den köstlichen
Geruch von Armands Blut, das sichtbar unter der Haut seiner Kehle pulsierte.
Sofort hatte sie sich wieder unter Kontrolle, zwang ihre Fänge zurück. Doch
Armand hatte ihre Reaktion bemerkt. Und sein Blick verriet, dass er ihre Zähne
gesehen hatte.
Geister der Hölle! Das dürfte die kürzeste Romanze aller
Zeiten gewesen sein! Ihre Reaktion konnte ihn nur abstoßen!
»Du hast Durst!« Sein Blick ruhte rätselhaft auf ihr. Er
hielt sie weiter fest in seinen Armen. »Die Nacht hat an deinen Kräften
gezehrt.«
Sie nickte eifrig. Sein unerwartetes Verständnis war Balsam
auf ihrer Seele.
»Ich werde alles tun, um dich zu beschützen. Aber es wäre
unklug, wenn du geschwächt bist. Wir werden heute Abend beide unsere Kraft
brauchen.«
Madeleine stockte der Atem.
Er kann unmöglich meinen, was ich denke, er könnte es meinen!
Ihre Zähne drängten erneut aus ihrem Kiefer. Die bloße Vorstellung, sich von
ihm zu nähren, versetzte sie in schwindelige Erregung.
»Ich möchte, dass du von mir trinkst.« Armands Hände gruben
sich in ihr Haar. Er bog ihren Kopf zurück, und sie nahm nichts mehr wahr,
außer seinen Lippen, die sich auf ihre drückten. Sie bemerkte kaum, wie er sie
rückwärts schob, bis sie die rauen Steine eines Mauerpfeilers in ihrem Rücken
spürte. Seine Zunge neckte ihre Lippen, und sie öffnete sich ihm bereitwillig,
stöhnte leise, als seine Zunge in ihren Mund glitt.
Keine Chance mehr, ihre Zähne zurückzuhalten. Der Durst nach
Blut wallte in ihr auf - und etwas anderes, das sie noch nie in diesem
Zusammenhang gespürt hatte. Ein eindeutig sexuelles Verlangen. Sie presste sich
an seinen Körper, rieb sich an ihm. Eine Welle der Lust spülte
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