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Schlaflos

Schlaflos

Titel: Schlaflos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Bender
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Schach hielt. Sie zwangen es gar, etwas
herauszugeben.
    Was da zwischen den ausgestreckten Händen der Erzengel im
Luftstrom schwebte, sah nach nichts Besonderem aus. Nur eine flache Schale,
glatt und golden.
    Sollte das der Gegenstand der Macht sein?
    Wie enttäuschend. Aber - was hatte sie erwartet?
     
    Der Riss war verschwunden. Madeleine hockte neben dem Strom
aus Licht im Gras, an der Seite einer extrem eingeschüchterten Irina. Sie hatte
keine Ahnung, wie sie dorthin gekommen war.
    Armand stand direkt vor der Energiewand, die Hände wie zum
Gebet erhoben. Wer hätte gedacht, dass der gefallene Engel einen so
ehrerbietigen Eindruck machen konnte?
    »Du hast uns gut gedient.« Die Stimme des Erzengels dröhnte
in ihren Ohren. »Du darfst uns folgen.«
    Armands Hände berührten beinahe das Licht. Lag es am Kontrast
zu der Helligkeit, dass sein Haar braun erschien?
    »Was wird aus der Schlaflosen?«, rief er den Erzengeln zu,
die zu flimmern begannen, wie ein verzerrtes Fernsehbild. »Die Energiefreisetzung
kann de Villefort nicht entgangen sein!«
    Der erste Erzengel betrachtete Madeleine, als sei sie ein
besonders lästiges Ungeziefer. »Für das Gleichgewicht der Kräfte stellt de
Villefort keine Bedrohung mehr dar.«
    »Er wird die Schlaflose töten!«
    Madeleine hockte noch immer benommen und starr vor Kälte im
Gras und fragte sich, wann Armand den Verstand verloren hatte. Die Erzengel
konnten offensichtlich kaum begreifen, dass ihr Untergebener die Gnade, die sie
ihm gewährten, nicht mit beiden Händen ergriff. Nur deswegen zögerten sie noch.
Das Flimmern verstärkte sich, ließ die mitleidlosen Gesichter verschwimmen.
    »Ich habe nicht mehr genug Energie, um gegen de Villefort zu
kämpfen. Ich bitte euch, lasst mich ...«
    Armand verstummte, denn er sprach mit dem Nichts.

13
    Madeleine starrte ungläubig auf leere Fenster, bröckelnden
Putz und die windschiefe Eingangstür.
    »Der Keller sollte einigermaßen in Ordnung sein. Ich muss
noch was erledigen. Dann reden wir, okay!« Armand eilte die Auffahrt hinunter,
den entschwindenden Rücklichtern von Irinas Peugeot hinterher.
    »Armand!« Madeleine legte ihre gesamte Frustration in dieses
eine Wort. Er winkte, ohne sich umzudrehen, und stapfte weiter. In der anderen
Hand trug er den Werkzeugkoffer. Das Einzige, was von dem Maibach übrig
geblieben war. Genau genommen das Einzige, was sie noch besaßen.
    Sie wollte ihm folgen, ihn zur Rede stellen. Was taten sie
hier? Ein verfallendes Haus, irgendwo am Ende der Welt. Und er glaubte
ernsthaft, dies sei der geeignete Platz, sich mit Bastien und seiner
Streitmacht anzulegen?
    Einen Augenblick befürchtete sie, er könnte davon marschieren
und sie sich selbst überlassen. Aber das hätte er wesentlich einfacher haben
können.
    Die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne tauchten das
löchrige, durchhängende Dach in rotgoldenes Licht. Madeleine kniff die Augen
zusammen. Hätte sie doch wenigstens die Sonnenbrille eingesteckt!
    Wütend zerrte sie an der alten Haustür. Sie nährte bewusst
ihren Zorn. Er verhinderte, dass ihre Angst die Oberhand gewann.
    Die rostigen Angeln bewegten sich widerwillig. Das Quietschen
klang nach Protest, als wollte das Haus sie nicht beherbergen. So wenig, wie
sie hineinwollte.
    Die Treppe zum Keller bestand aus ausgetretenem Sandstein.
Der Geruch, der ihr entgegenschlug, war staubig, nicht feucht. Wenigstens
würden sie hier unten nicht Gefahr laufen zu vermodern. Flüchtig sah sie sich
um. Ein paar Fässer und Kisten, ein Regal mit mumifizierten Einmachgläsern.
Madeleine benutzte einen leeren Sack um eine Holzkiste notdürftig abzuwischen
und setzte sich. Ihre Hose war schon lange nicht mehr weiß. Egal. Vielleicht
würde der Staub ja für ein gleichmäßiges Grau sorgen.
    Einerseits fühlte sie sich von Irina im Stich gelassen,
andererseits war sie froh, nicht noch ein weiteres Leben auf ihr Gewissen zu
laden. Die Hexe war sichtlich erleichtert gewesen, als Armand ihr erklärte, sie
könnte nichts mehr für sie tun.
    Irina lud sie vor dieser Bruchbude ab, versprach, sobald sie
nach Haus kam eine Kerze anzuzünden - als könnten sie sich davon Rettung erhoffen
- und fuhr mit ihrem kleinen Peugeot davon, als wäre der Teufel hinter ihr her.
Der Teufel oder ein nach Vergeltung dürstender Meistervampir.
    Sie hörte die Dielen im Erdgeschoss knarren und Armands
Schritte auf der Treppe. Was auch immer er mit dem Werkzeug angestellt hatte,
den Koffer brachte er nicht mit nach unten.

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