Schlafwandler
liegen. Und sich
entspannen können, so wie Sie sich entspannen
können.«
Gustave lächelte
und nickte leicht.
Seine Augenlider
zuckten …
Und dann verzogen sich
seine Lippen zu einer höhnischen Grimasse. »Sie glauben
doch nicht wirklich, dass Sie mich hypnotisieren
können?« Seine braunen Augen blitzten spöttisch.
»Sie wollen den Großen Gustave hypnotisieren? Das ist
wirklich sehr komisch!«
Kurt tat unwissend.
»Herr Gustave! Das ist wirklich das Letzte, was ich will.
Dass Sie mir hier einschlafen. Ich will nur, dass Sie sich
entspannen, damit wir uns unterhalten können.
Inspektor.« Kurt sah Kraus an. »Kann ich mich kurz mit
Ihnen unterhalten. Gustave … entspannen Sie sich
einfach.«
Im Flur fluchte Kurt
ausgiebig. »Ich habe es fast geschafft.«
»Du machst wohl
Witze!«
»Hast du
gesehen, wie seine Augenlider zuckten, bevor sein Widerstand
aufflammte?«
»Aber er hat
doch nur …«
»Ich brauche
Zeit. Setz dich zu Ruta und trink einen Kaffee. Wie spät ist
es?«
»Elf.«
»Gib mir eine
Stunde. Eine lausige Stunde. Ich kriege ihn, Willi, ich
schwöre, dass ich ihn kriege.«
Während die Zeit
langsam heruntertickte, wurde Kraus zunehmend
ungeduldiger.
Ruta rauchte eine
Zigarette nach der anderen, während sie die Berlin am
Morgen durchblätterte.
»Lieber Himmel.
Sehen Sie mal, wer geheiratet hat. Die Garbo.«
»Die
Glückliche.« Er schob Akten herum und tat, als suchte er
etwas Bestimmtes.
»Na klar ist sie
glücklich. Halten Sie sie für hübsch? Im Vergleich
zur Dietrich?«
Er musste immer wieder
auf die Uhr sehen. Es war bereits halb eins. Sie würden
mindestens fünfunddreißig Minuten brauchen, um durch den
dichten Mittagsverkehr zum Bahnhof Zoo zu kommen. Er stellte sich
vor, wie Käthe mit den Kindern auf dem Bahnsteig wartete.
Fünfundvierzig Minuten, um sicherzugehen. Das bedeutete, sie
hatten weniger als eine Stunde.
»Komm schon,
Kurt«, murmelte er. »Komm schon
…«
»Das hier ist
bestimmt gut.« Ruta blies Rauchringe in die Luft. »Ein
neuer Film über einen Riesenaffen, der New York zerstört.
In den Film kann man seine Enkel mitnehmen.«
Er sprang
förmlich vom Stuhl hoch, als die Tür aufflog.
Es war Gunther, der
aus dem Zentralarchiv zurückkehrte. Seine Augen glühten,
und sein Adamsapfel machte Klimmzüge. »Ich habe was
gefunden, Chef!«
Kraus wollte es nicht
hören.
»Erinnern Sie
sich daran, dass Sie mir befohlen haben, alle Beschwerden zu
überprüfen, die bei örtlichen Revieren eingegangen
sind, und die ungewöhnliche Gerüche an der Havel melden?
Raten Sie mal … Allein 1932 gab es mehr als ein Dutzend
solcher Beschwerden. Und raten Sie jetzt mal, woher sie alle
gekommen sind?«
Kraus warf einen Blick
auf die Uhr. Warum dauerte das denn so verdammt lange? War Gustaves
Willenskraft wirklich so groß? Und wenn er sich jetzt nicht
wirklich hingab? Wenn er es nur vortäuschte?
»Woher, Gustave?
Woher kamen sie? Ich gebe auf.«
»Oranienburg!« Er
reichte Kraus eine Akte.
Darin waren zahllose
Beschwerden an die Polizei von Oranienburg aufgeführt, und
einige sogar an das Preußische Gesundheitsministerium in der
Königsberger Straße. Es ging darin um einen stechenden
Geruch, der große Teile des Flusslaufs überzog, wenn der
Wind von Süden kam. Selbst der Bürgermeister hatte eine
Beschwerde eingereicht.
Auf einer
imaginären Karte folgte Kraus dem Havellauf von der kleinen
Stadt Oranienburg nach Süden. Natürlich war dort die
Ledergerberei. Sie war jedoch im ersten Jahr der Depression
bankrottgegangen. Einen guten Kilometer entfernt lag die Ziegelei.
Aber welcher Geruch konnte von dort schon kommen … es sei
denn, sie stellten keine Ziegel her. Dahinter gab es kilometerweit
nur noch … die beiden kleinen Inseln. Er brauchte allerdings
Beweise. Eine Bestätigung.
Er sah auf die
Uhr.
Viertel nach eins. Sie
mussten los. Wenn Kurt noch nicht bekommen hatte, was sie
brauchten, dann war es jetzt einfach zu spät
…
Die Bürotür
flog auf. Kurt stürmte heraus, in Hut und Mantel.
»Alles klar.
Gehen wir! Ich erzähle dir alles unterwegs.«
»Gunther!«
Kraus explodierte fast vor Anspannung.
Ruta sah ihn an, als
wäre er verrückt geworden.
»Ja,
Chef!«
»Sorgen Sie
dafür, dass unser Freund es gemütlich hat«,
flüsterte er. »Und zwar hinter
Gittern.«
»Jawohl.«
»Und Gunther,
gute Arbeit, die Sache mit den Beschwerden!«
Draußen war es
feuchtkalt. Der Berliner Nebel drang durch die Poren direkt bis auf
die Knochen. Während
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