Schlag auf Schlag
Tagen nur viermal telefoniert. Immer hierher, mit deinem Büro.«
»Das erste Mal, um einen Termin mit mir zu vereinbaren«, sagte Myron. »Dann noch dreimal an dem Tag, an dem sie umgebracht worden ist.«
Win stieß einen kurzen Pfiff hervor. »Sehr beeindruckend. Erst merkst du, dass Kenneth ein Arschloch ist, und jetzt auch noch dies.«
»Ja. Manchmal krieg ich schon fast Angst vor mir selbst. Sonst noch was?«
»Ein Portier im Plaza erinnerte sich ziemlich gut an Valerie«, fuhr Win fort. »Nach der Übergabe eines Trinkgelds in Höhe von zwanzig Dollar fiel ihm wieder ein, dass Valerie häufig kurz spazieren gegangen ist. Er fand das seltsam, da die Gäste normalerweise für ein paar Stunden unterwegs sind, wenn sie das Hotel verlassen, nicht nur für ein paar Minuten.«
Myron merkte, wie ihm das Blut zu Kopf stieg. »Sie hat eine Telefonzelle benutzt.«
Win nickte. »Ich habe Lisa in der Telefongesellschaft angerufen. Du schuldest ihr jetzt übrigens zwei Karten für die US-Open.«
Na prima. »Was hat sie gesagt?«
»Am Tag vor Valeries Ermordung wurde aus einer Telefonzelle an der Ecke 5th Avenue und 59th Street - also ganz in der Nähe des Hotels - zweimal im Appartement eines Mr. Duane Richwood angerufen.«
Myron hatte ein flaues Gefühl im Magen. »Scheiße.«
»In der Tat.«
»Also hat Valerie Duane nicht nur angerufen«, sagte Myron, »sondern auch noch darauf geachtet, dass das niemand erfährt.«
»So sieht es aus.«
Schweigen.
Win sagte: »Du musst mit ihm reden.«
»Ich weiß.«
»Warte bis nach dem Turnier«, fuhr Win fort. »Kein Grund, ihn während der Open und der großen Nike-Kampagne abzulenken. Das läuft dir nicht davon.«
Myron schüttelte den Kopf. »Ich rede morgen mit Duane. Nach seinem Match.«
11
Francis, der Oberkellner des La Reserve, kreiste um ihren Tisch wie ein Geier, der auf das Ableben seines Opfers wartete - oder, schlimmer noch, ein New Yorker Oberkellner, der auf ein beträchtliches Trinkgeld wartete. Seit er entdeckt hatte, dass Myron ein enger Freund von Windsor Hörne Lockwood III war, strich er um ihn herum wie ein Hund um einen Mann, der rohes Fleisch in der Tasche hat.
Als Vorspeise empfahl er das Lachs-Carpaccio und als Hauptgericht das Filet vom Atlantik-Dorsch nach Art des Hauses. Myron hielt sich an die Empfehlungen. Mrs. Crane, die bisher geschwiegen hatte, folgte seinem Beispiel. Mr. Crane wählte eine Zwiebelsuppe und gegrillte Leber. Myron würde ihm in nächster Zeit keinen Kuss geben. Eddie bestellte die Weinbergschnecken und Hummerschwänze. Der Junge lernte schnell.
Francois sagte: »Darf ich einen Wein dazu empfehlen, Mr. Bolitar?«
»Sie dürfen.«
Und wieder gingen 85 Dollar dahin.
Mr. Crane kostete einen Schluck. Er nickte zustimmend. Er hatte noch kein einziges Mal gelächelt und auch kaum eine Höflichkeits-floskel von sich gegeben. Zu Myrons Glück war Eddie ein netter Junge. Klug. Höflich. Ein angenehmer Gesprächspartner. Doch sobald Mr. Crane sich räusperte — so wie jetzt - verstummte Eddie.
»Ich erinnere mich noch daran, wie Sie für die Duke University Basketball gespielt haben, Mr. Bolitar«, setzte Crane an.
»Nennen Sie mich doch bitte Myron.«
»Gut.« Statt sich für das Angebot zu revanchieren, zog er die Augenbrauen zusammen. Die Augenbrauen waren das Auffälligste in seinem Gesicht - ungewöhnlich dick und bedrohlich wogten sie unablässig über seinen Augen. Sie sahen aus wie kleine Frettchen, die seine Stirn durchfurchten. »Sie sind damals Mannschaftskapitän gewesen?«, fuhr er fort.
»Drei Jahre lang«, sagte Myron.
»Und Sie haben zwei Universitätsmeisterschaften gewonnen?«
»Die Mannschaft hat sie gewonnen, ja.«
»Ich habe Sie öfter spielen sehen. Sie waren ziemlich gut.«
»Danke.«
Crane beugte sich vor. Die Augenbrauen sträubten sich noch mehr. »Wenn ich mich recht entsinne«, sagte er, »haben die Celtics Sie in der ersten Runde gedraftet.«
Myron nickte.
»Wie lange haben Sie in der NBA gespielt? Sehr lange kann das nicht gewesen sein.«
»Ich habe mir in einem Vorbereitungsspiel für mein erstes Profijahr das Knie verletzt.«
»Und dann haben Sie nie wieder gespielt?« Das war Eddie. Mit weit aufgerissenen Augen im jungen Gesicht.
»Nie wieder«, sagte Myron fest. Das war eine bessere Lektion als jeder Vortrag, den er hätte halten können. So etwas wie das Begräbnis eines Klassenkameraden, der unter Alkoholeinfluss gegen einen Baum gefahren war.
»Und was haben Sie dann
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