Schlag weiter, Herz
Rinnstein und rauft sich kurz mit einem anderen Hund. Patong liegt so nah, Mert wäre nie auf die Idee gekommen, dass der Hund es noch nicht bis hierhin geschafft hat.
Im Stadion sind die Ränge leer, es wird gewischt. Die Leute hinter der Bar stapeln Getränke in große Kühlschränke. Mister Sambot schnauzt Mitarbeiter an. Als er Mert sieht, begrüßt er ihn mit Schulterklopfen und befühlt Merts Oberarm, als könne er dessen Fitnessgrad am Bizepsumfang abmessen. Dann macht er eine Bemerkung auf Thai und pfeift anerkennend. »Always early!«
Mert nickt und zieht die Schultern entschuldigend nach oben.
Mister Sambot schnippt mit den Fingern einen Helfer herbei, der Mert in die Umkleide führt, in der er sich vorbereiten kann. Es gibt keine Tür, die Toiletten liegen gegenüber und stinken. Mert stellt seine Tasche ab, setzt sich in der Nähe der Kabine in die erste Reihe und reißt seine M&Ms-Tüte auf.
Über dem Ring schwebt ein quadratisches Metallgestell, gehalten von dicken Drähten. An dem Gestell sind Scheinwerfer, Neonröhren und Ventilatoren angebracht. Es hat angefangen zu regnen, und der Regen drückt die schwüle Hitze ins Stadion. Das Stadion ist überdacht, aber statt auf Wänden liegt das Dach auf einer Stahlkonstruktion, wie ein Baugerüst zu allen Seiten offen. Bei heftigem Regen peitscht das Wasser seitlich rein. Die Getränkeverkäufer laufen mit Handtüchern umher und trocknen in der obersten Reihe die Sitzplätze.
Das Bangla Boxing Stadium fasst etwa fünfhundert Zuschauer, wenn sie sich bis in die Ränge drängeln. Die ersten Besucher kommen, ziehen ihre Regencapes vom Kopf, klappen ihre Schirme zusammen und schütteln sich. Mert sitzt immer noch in der ersten Reihe und wirft sich bunte Kugeln in den Mund, gelegentlich gibt er Ali eine ab.
Als die Tüte leer ist, sind die günstigsten Plätze zur Hälfte besetzt. Es hat aufgehört zu regnen. Bis Mert kämpft, müsste das Stadion gut gefüllt sein.
Sein Gegner trifft zwei Stunden nach Mert ein. Ein großer, muskulöser Afroamerikaner. Sie schütteln sich die Hand. Ross Gordon wiegt wenigstens zehn Kilo mehr als Mert und überragt ihn um eine Kopflänge. Er ist vierundzwanzig Jahre alt, hat dünne Beine, aber einen enormen Oberkörper. Aus den Proportionen schließt Mert, dass Gordon nicht hart schlagen kann. Sein Bizeps ist dick, aber Schlagkraft kommt aus den Beinen. Kein Grund, sich übermäßig Sorgen zu machen. Große Gegner boxt Mert gerne, da kann er zum Körper und zum Kopf kombinieren und seine Vorteile im Nahkampf suchen.
Als Nok erscheint, stehen sich zwei Kinder im ersten Kampf des Abends gegenüber. Die Jungs sind schüchtern, aber nach dem Gongschlag gehen sie mit aller Härte aufeinander los.
Sie sind vielleicht zehn Jahre alt, genau richtig, um die ersten Kämpfe zu machen, um Erfahrungen zu sammeln. Wer in diesem Alter verliert, zerbricht nicht daran, sondern lernt etwas. Und was die Jungs lernen, wird ihnen ewig in Fleisch und Blut bleiben, auch wenn sie eines Tages zu alt sein werden, um es noch umzusetzen. Wenn sie weiterkämpfen, führt der Weg sie über kurz oder lang zu Meisterschaften in der Provinz, vielleicht sogar ins Lumpini Stadium. Dann steht euch alles offen, denkt Mert, als er den Kleinen beim Kämpfen zusieht. Baut keinen Mist, trainiert fleißig, lasst die Finger von den Drogen und behandelt eure Frauen gut, ohne die seid ihr nichts wert.
»Mett!«, ruft Nok aus der Kabine. Es wird Zeit, die Bandagen zu wickeln. In der Umkleide sitzt der Junge, dem Mert einige Schlagtechniken beigebracht hat, bereits bandagiert und eingeölt. Er wird zwei Kämpfe vor Mert antreten. Zur Begrüßung zeigt der Junge ihm seine neu erlernte Kombination: linke Gerade, rechter Aufwärtshaken, linker Seitwärtshaken, rechter Seitwärtshaken, eine linke Gerade zum Abschluss. Er nimmt sein Gewicht gut mit in die Schläge, dreht die Hüfte ein. Mert deutet mit dem Zeigefinger auf den Jungen und macht dann das Victory-Zeichen.
Nok presst eine gefaltete Mullbinde auf Merts Handknöchel. Mert wickelt eine Bandage darum, überprüft bei jeder Lage, ob er seine Hand schließen kann und die Bandage trotzdem straff sitzt. Zum Abschluss schlägt er mit der linken Faust in die offene rechte Hand und umgekehrt. Er zieht sein Suspensorium an, seine Kampfhose darüber, dann beginnt er sich zu dehnen. Nok bereitet den Jungen auf seinen Kampf vor, lässt ihn ein paar Schläge und Tritte in die Pratze machen, beobachtet die Ausführung. Mert
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