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Schlag weiter, Herz

Schlag weiter, Herz

Titel: Schlag weiter, Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Davic Pfeifer
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Das Meer vor Phuket erhebt sich nur selten, nur um dann mit ganzer Gewalt zuzuschlagen. Vor ein paar Jahren hat ein Tsunami die halbe Insel vernichtet. Sie haben einfach alles wieder aufgebaut und weitergemacht wie bisher. Nur kleine Straßenschilder, auf denen »Tsunami Evacuation Route« steht, erinnern noch an die vielen Toten und die Zerstörung.
    Mert fragt sich, was er tun würde, wenn das Meer wieder über das Land herfällt. Schwimmen, tauchen, sich treiben lassen? Nicht mal ein Tsunami könnte ihm noch etwas anhaben. Er würde sich das Kästchen unter den Arm klemmen und sich mitreißen lassen. Irgendwo würde er schon wieder auftauchen. Vielleicht in St. Peter-Ording. Er würde sich an Land schleppen, und Nadja würde ihn in den Arm nehmen, um ihn zu wärmen.

10
    Nadja wartete vor der Halle auf Mert, so wie zwei Wochen zuvor. Sie waren nicht verabredet, aber Mert hatte gehofft, dass sie da sein würde, und die Freude überdeckte sogar das bleierne Gefühl seiner Niederlage gegen Felix. Sie gingen zu ihr. Mert saß wieder auf dem Küchenstuhl und Nadja auf der Fensterbank, während er ihr, noch benebelt von der Aufregung des Kampfes, Szenen schilderte, obwohl sie dabei gewesen war.
    Die wenigen Niederlagen, die Nadja bei Felix hatte mitverfolgen müssen, hingen ihrem Bruder um den Hals wie ein Mühlstein. Er war nicht ansprechbar, bis er wieder in den Ring steigen und seine Schmach tilgen konnte. Mert hingegen wirkte vergnügt, während er in ihrer Küche zwei Bier trank und ruhiger wurde. Sie schliefen miteinander, wenige Minuten später fielen Mert die Augen zu. Er wachte erst gegen Mittag wieder auf und fand Nadja in ein Buch vertieft in der Küche sitzend, nur mit einem Slip und einem Trägerleibchen bekleidet. Sie machte ihm Frühstück, setzte sich auf die Fensterbank, rauchte eine Zigarette und erzählte ihm von dem, was sie gerade gelesen hatte. In China war ein unbekannter Mann verurteilt und eingesperrt worden, der sich vor anrückende Panzer gestellt hatte, um für Freiheit zu demonstrieren. Niemand wusste, was danach mit ihm geschehen war. Ein Mann allein vor einem Panzer. Mert wünschte, er hätte so viel Mut. Und sei es nur, um Nadja zu beeindrucken. Sie schliefen wieder miteinander, so verging der Sonntag.
    Als sie am Montagmorgen aufwachten, schliefen sie noch mal miteinander. Mert war der erste Mann, mit dem Nadja nicht aus Höflichkeit oder Experimentierfreude schlief, sondern weil sie Lust darauf hatte. Davor war Sex für sie ein Akt der Selbstbeobachtung gewesen, bei dem sie versuchte, möglichst wenig aufzufallen. Sie registrierte Hände, Lippen, Schenkel, Penis, sortierte ein, verglich. Aber sie war nicht wirklich dabei, stellte sich eher zur Verfügung. Ihre Erregung entstand aus dem Wissen, dass sie gerade etwas Intimes tat. Bei Mert war es anders. Er war aggressiv, verwundbar und gierig. Er konnte sie mit seiner Begeisterung überrennen und mitziehen. Und er war die falsche Wahl. Mit Mert zu schlafen und ihn Dinge tun zu lassen, die sie sonst nicht zuließ, war wie Rebellion. Sie spürte Mert den ganzen Tag zwischen ihren Beinen, wenn sie auf ihrem Drehhocker hin- und herrollte, Mahlflüssigkeiten zusammenstellte, Verbindungen sinterte. Sie konnte die Erregung jederzeit heraufbeschwören, indem sie ihre Sitzposition veränderte.
    Für Mert war Sex immer mit einem schalen Gefühl verbunden, wie ein Besuch bei McDonald’s. Zuerst trieb ihn große Lust, und nach der schnellen Befriedigung setzte schnell Selbstekel ein, der erst nach Stunden wieder verflog. Leider hielt sich diese Erfahrung nie lange, und Mert tat es wieder. Nur um sich erneut schlecht zu fühlen und sich obendrein zu ärgern, dass er es besser hätte wissen müssen. Mit Nadja war es anders. Bevor sie miteinander schliefen, war Mert nervös und fragte sich, ob das Gefühl so überwältigend sein würde wie beim letzten Mal. Währenddessen versuchte er den Moment möglichst lange zu halten, zögerte seine Ejakulation hinaus, um den Akt an sich zu genießen. Danach fühlte er sich nicht leer, sondern bereichert und zufrieden. Schon am Mittwochabend nach dem Training stand er wieder vor ihrer Tür.
    Sie schliefen miteinander, gingen in die Küche, Nadja kochte Nudeln. Mert saß vornübergebeugt, zu erschöpft, um sich gerade zu halten. Er streckte ein Bein aus, dann das andere. Er zog zuerst seinen linken, dann seinen rechten Arm nach vorne, um den Schultergürtel zu dehnen. Es war lange her, dass Nadja einen Boxer

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