Schlagfertigkeit
schlagfertigen Erwiderungen
Solange der andere noch „auf 180“ ist, wäre es äußerst verwegen, mit einer schlagfertigen Erwiderung zu kontern. Es sei denn, Sie legen Wert darauf, den anderen zum Explodieren zu bringen. Vielleicht kommt es Ihnen (noch) ein wenig befremdlich vor, Ihnen könnten während des Wutanfalls des anderen schlagfertige Antworten zufliegen. Doch warten Sie nur ab. Wenn Ihr „Aufprallschutz“ einmal steht und Sie die Sache tatsächlich mit einer gewissen inneren Distanz betrachten, werden Sie erstaunt sein, wie viele Möglichkeiten sich plötzlich auftun, eine schlagfertige Erwiderung zu platzieren.
Der Grund: Ihr Gegenüber redet sich erst einmal immer stärker in Rage. Weil von Ihnen nichts kommt, ist er genötigt, das „Gespräch“ ganz allein zu bestreiten. Seine geistige Kraft ist jedoch außerordentlich geschwächt; es ist ja schon anstrengend genug, wütend zu sein. Und deshalb reden Menschen, die wütend sind, den größten Blödsinn ihres Lebens zusammen. Das gäbe Ihnen natürlich Gelegenheit, schlagfertig dazwischenzufunken. Doch: Widerstehen Sie dieser Versuchung!
Das „Niederschweigen“
Schweigen und Schlagfertigkeit, wie passt das zusammen? Nun, zur Schlagfertigkeit gehört eben auch, dass man zur richtigen Zeit den Mund halten kann. Aber haben wir nicht bislang immer behauptet, Schlagfertigkeit durchbreche die Sprachlosigkeit? Schlagfertigkeit mache Sie souverän? Und in manchen Situation käme es darauf an, überhaupt etwas zu sagen – denken Sie nur an unsere „Nullsätze“ (→ S. 57)? Nun, das bleibt nach wie vor gültig. Dennoch kann es in manchen Situationen besser sein zu schweigen. Dabei handelt es sich nicht um pure Sprachlosigkeit, sondern um ein souveränes Schweigen.
Sie entscheiden, wann Sie antworten
Das „Niederschweigen“ ist eine durchaus angemessene Reaktion auf einen Wutausbruch. „Worüber man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen“, sagt der Philosoph Ludwig Wittgenstein. Das gilt auch hier: Solange sich der andere austobt, hat es gar keinen Sinn das Wort zu ergreifen. Was wollen Sie denn vernünftigerweise sagen? Er wird allen guten Gründen sofort den Hals umdrehen, also halten Sie Ihre Rechtfertigung noch ein wenig zurück. Auch wenn Sie Ihr Gegenüber auffordert: „Was sagen Sie denn dazu?“, müssen Sie nicht notwendigerweise antworten.
Sie warten vielmehr ab, bis sich die passende Gelegenheit ergibt. Günstig ist es immer dann, wenn sich die erste Versachlichung abzeichnet. Wenn Ihr Gegenüber also darauf zu sprechen kommt, was vorgefallen ist. Dann können Sie antworten, wenn Sie wollen. Sie müssen es aber nicht.
Je länger Sie schweigen, desto hilfloser wird der andere
Es ist ein merkwürdiges Phänomen, aber wenn Sie wirklich gar nichts sagen, bleibt der andere in seiner Wut ganz allein und beruhigt sich nach und nach. Wichtig ist, dass Sie auch körpersprachlich „schweigen“, also eine möglichst neutrale Haltung einnehmen. Wenn Sie zusammengesunken auf Ihrem Stuhl sitzen und Ihre Augen niederschlagen, können Sie nicht erwarten, den anderen „nieder zu schweigen“.
Beispiel: Szene eines Ehekrachs
Das Ehepaar Trautmann hat einen heftigen Ehestreit. Sie schreit ihn an, überhäuft ihn mit Vorwürfen: „Du bist der rücksichtsloseste Mistkerl!“, „Du denkst nur an dich!“, „Du hast mich ausgenutzt!“, „Du hast mich belogen und betrogen!“, „Warum tust du mir das an?“ – Herr Trautmann erwidert nichts, sitzt in seinem Sessel und trinkt in aller Ruhe ein Glas Bier. „Wie kannst du nur so dasitzen und dein Bier trinken?“ Keine Reaktion. „Ich bedeute dir wohl überhaupt nichts?“ Herr Trautmann sieht seine Frau an und sagt noch immer nichts. „Jetzt rede endlich!“, schreit sie ihn an. Kein Wort. „Warum sagst du denn nichts?“ – „Bist du fertig?“, fragt er unbeeindruckt.
Sie lassen den anderen zappeln
Es ist mit Händen zu greifen: Derjenige, der die Situation bestimmt, ist derjenige, der schweigt. Solange Sie keine Antwort geben, keine Stellungnahme abgeben, kann der andere nichts machen. Er wird immer hilfloser.
Machen Sie ruhig einmal die Gegenprobe und stellen Sie sich vor, bei den letzten beiden Beispielen hätten die „Schweiger“ gesprochen. Sie hätten nicht viel sagen müssen, um die ganze Wucht des Wutausbruchs noch zu steigern. Sie hätten mit Ihrer Reaktion dem Feuer nur neue Nahrung gegeben.
Beispiel: Ehekrach Gegenprobe
Sie: „Du bist der rücksichtsloseste
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