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Schlagmann

Schlagmann

Titel: Schlagmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evi Simeoni
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wieder und trank es in großen Schlucken aus.
    Ich lachte.
    »Ja, das bist du, ein Ekel.«
    Aber er ging nicht mehr darauf ein. Ich konsumierte im Lauf des Abends den Rest des Weins.
    Weil er wieder aufgehört hatte zu sprechen und ich keine Lust hatte, das Abendprogramm als Solopart zu bestreiten, schlug ich vor, fernzusehen. Er nickte. Gerade fing ein Krimi an. Absurderweise ging es darin um einen Fußballtrainer, der seine Mannschaft schikanierte und vom Masseur umgebracht wurde. Nach dem Krimi sahen wir uns noch eine politische Diskussionssendung an, und obwohl Arne erklärte, dass Politiker für ihn uninteressant seien, schaltete er nicht aus.
    Ich trank erst, um meine Befangenheit zu verlieren. Dann aus Verzweiflung, weil überhaupt nichts passierte. Wir rutschtenauf unseren Sitzkissen herum. Einmal musste ich aufs Klo, er wies mit der Hand in den Flur. Als ich zurückgekommen war, setzte ich mich auf den Boden und lehnte mich an die Wand, er blieb, wo er war.
    Mir war ein bisschen übel von dem Wein, aber ich war entschlossen, nicht so schnell aufzugeben. Ich sagte ihm, dass ich nun zu betrunken sei, um nach dem Armband zu suchen, am nächsten Morgen würde ich es aber gerne nachholen. Und dass ich auch nicht mehr Auto fahren könne. Ob ich hier in seiner Wohnung übernachten dürfe?
    Er nickte. Dann stand er auf. Ich hörte, wie er nebenan, offensichtlich im Schlafzimmer, eine Schranktür öffnete und herumwühlte. Dann kam er wieder, mit einem dunkelblauen Schlafsack über dem Arm.
    »Du kannst auf dem Boden pennen«, sagte er und ließ den Schlafsack fallen. Keine Ahnung, wieso ich trotz seiner Gleichgültigkeit geblieben bin.
    Er gähnte und erklärte, er werde nun schlafen, morgen müsse er früh aufstehen. »Willst du vor mir ins Bad?«
    Ich nickte. Es war ein typisches Mietwohnungs-Bad. Ein weißes Waschbecken, eine Toilette mit Holzbrille, eine Badewanne ohne Vorhang. Es gab sogar noch so einen zylinderförmigen braunen Gas-Badeofen, wie ich ihn als Kind einmal in der Wohnung unserer Zugehfrau gesehen hatte. Das Bad roch nach Speick-Seife. In der Wanne müffelte ein Bündel Sportklamotten vor sich hin. Verschwitzte Sachen, die lange in einer Tasche gelegen haben, scheinen generell die unangenehme Begleiterscheinung von Sportlern zu sein. Das lernte ich schnell.
    Ich wusch mein Gesicht mit kaltem Wasser, rubbelte meine Zähne ein bisschen mit dem Finger und seiner Zahnpasta. Als ich zurück ins Wohnzimmer kam, war alles still, Arne war weg. Ich zog meinen Rock aus, schlüpfte in den Schlafsack und warratlos. Ich lauschte auf eventuelle Geräusche aus dem Schlafzimmer, aber es war ganz still. Ob er vielleicht erwartete, dass ich in sein Zimmer kam? Der Gedanke daran machte mich ärgerlich. Das auch noch? Dazu war ich zu stolz.
    Mein Herz fing an zu klopfen, als ich ihn nun doch ins Bad schleichen hörte. Er pinkelte plätschernd, danach ging die Klospülung. Dann lief eine Weile das Wasser.
    Ich hielt noch einmal den Atem an, als ich seine Schritte auf dem Flur hörte. Er ging aber geradewegs in sein Zimmer zurück. Sein Bett knarrte hinter der geschlossenen Tür. Das war’s. Stille.
    Ich lag wach und dachte: So sind Männer nicht. Irgendwann wird er auf mich zugehen. Aber Arne war so.
    Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war er bereits weg. Ich zog den Rollladen hoch und sah, dass der Himmel draußen sich bewölkt hatte. Die Blätter an den Bäumen rollten sich bereits und wurden gelb. Es war halb acht. Um neun musste ich bei einem Seminar erscheinen.
    Ich ging barfuß in der Wohnung herum, schaute in sein Schlafzimmer – ein zerwühltes Bett mit gelblich gemusterter Bettwäsche. Unter dem Fenster sein Rennrad, über dessen Stangen mehrere Kleidungsstücke hingen. Ich schnupperte an einem T-Shirt. Es roch männlich. Gut. Turnschuhe auf dem Boden neben einem weiteren Paar Hanteln, die Schranktür stand offen. Von ein paar Bügeln drohten Hemden abzurutschen, in den Fächern waren Sachen zusammengeknäuelt. Auf dem staubigen Nachttisch stand eine altmodische Blechlampe mit schwarz emailliertem Schirm, daneben lag ein dickes grünes Buch. Ich hob es hoch: ein technisches Fachbuch. Darunter kringelte sich sein Lederarmband. Ich nahm es, ging hinüber und steckte es in meine Tasche.
    Neben dem Schlafzimmer gab es eine Küche, die so schmal war, dass nur eine Person Platz hatte. Auf dem Gasherd standein Wasserkessel, auf der Arbeitsfläche daneben ein Glas Nescafé neben einem Anzünder. Ich füllte den

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