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Schlamm, Schweiß und Tränen

Schlamm, Schweiß und Tränen

Titel: Schlamm, Schweiß und Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bear Grylls
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weit verbreiteter Irrglaube, dass der Rücken
und die Knie von sehr vielen SAS-Soldaten aufgrund der jahrelangen
Beanspruchung durch zahllose Märsche und Sprünge nur noch durch
Platten und Schrauben zusammengehalten werden.
    Tief in meinem Innersten wusste ich, dass meine Chancen, weiterhin in meiner Kompanie meinen Dienst zu verrichten, nicht gerade
zum Besten standen, und das war eine verdammt bittere Pille, die ich
zu schlucken hatte.
    Doch früher oder später müsste ich mich ohnehin mit dieser Situation auseinandersetzen, denn eine Entscheidung wäre unumgänglich. Die Ärzte konnten zwar ihre eindringlichen Empfehlungen aussprechen, aber letzten Endes war es eben an mir, eine Entscheidung zu
treffen.

    Die übliche Geschichte: Unser ganzes Leben wird von unseren
Entscheidungen bestimmt. Und bei Entscheidungen mit weitreichenden Konsequenzen tut man sich oft ziemlich schwer.
    Also dachte ich, es wäre ganz gut, mir für diese Entscheidung etwas Zeit zu lassen.
    In der Zwischenzeit übernahm ich in meiner Kompanie die Aufgabe, andere Einheiten im Überlebenstraining zu schulen. Außerdem
habe ich die Jungs vom Aufklärungstrupp unterstützt, während mein
altes Team draußen im Gelände auf Übung war.
    Aber diese Situation war eine echte Qual für mich - zwar nicht
körperlich, aber seelisch. Denn ich musste meinen Kumpels dabei zusehen, wie sie hinausfuhren, total aufgekratzt und angespannt - ein
eingespieltes Team, das seine Mission ausführte und danach erschöpft, aber voller Begeisterung zurückkam. Genau das wäre im
Prinzip ja meine Aufgabe gewesen.
    Ich hasste es, im Innendienst bei der Einsatzleitung festzusitzen
und für die Nachrichtenoffiziere Tee zu kochen.
    Obwohl ich mir Mühe gab, diese Aufgabe gern zu übernehmen,
war mir dennoch tief in meinem Innersten bewusst, dass ich mich
schließlich nicht beim SAS zum Elitesoldaten hatte ausbilden lassen,
um dann Tee zu kochen.
    Immerhin hatte ich ein paar fantastische Jahre beim SAS verbracht, in denen ich nicht nur mit den Besten trainiert hatte, sondern
auch von den Besten ausgebildet worden war. Doch wenn ich jetzt
diesen Job, für den ich ausgebildet war, nicht in vollem Umfang ausüben konnte, dann wollte ich ihn lieber gar nicht ausüben.
    Das Regiment funktioniert nach einem ganz einfachen Prinzip:
Wenn es seine extrem hohe Schlagkraft behalten will, muss es sich
stets auf seine absoluten Stärken konzentrieren. Und wer dem militärischen Fallschirmspringen und dem Tragen von schwerem Marschgepäck über große Distanzen eben nicht gewachsen ist, kann seinen
Beitrag nicht leisten und ist folglich nichts anderes als nur unproduktiver, nutzloser Ballast. Das tut weh.
    Denn so hatte ich mir nach meinem Unfall mein Leben nicht vorgestellt. Ich hatte mir geschworen, dass ich meine Träume beherzt und entschlossen in die Tat umzusetzen wollte, und zwar ganz gleich,
wohin mich mein Weg auch führen würde.

    Also suchte ich den Oberst meines Regiments auf und gab ihm
meine Entscheidung bekannt. Er zeigte Verständnis und - genauso,
wie er es einst versprochen hatte - versicherte mir, dass die SAS-Familie immer für mich da wäre, wenn ich ihre Hilfe bräuchte.
    Meine Kompanie hat mich mit einem Riesensaufgelage verabschiedet und mir eine kleine Bronzestatue für meine Dienste überreicht. (Sie steht auf meinem Kaminsims und meine Jungs benutzen
sie mitunter schon mal, um damit Soldat zu spielen.) Danach habe ich
meine Ausrüstung zusammengepackt und das 21. SAS-Regiment für
immer verlassen.
    Ich gebe ganz ehrlich zu, dass ich mich an jenem Abend so richtig
habe volllaufen lassen.

     

Was uns nicht umbringt, macht uns stärker.
Denn im Einklang mit dieser eindrucksvollen Spielregel im Leben
hatte ich nicht nur überlebt, sondern war auch stärker geworden -
wenn auch nicht körperlich, so doch zumindest psychisch.
    Um Haaresbreite war ich an einer Querschnittslähmung vorbeigeschrammt, doch dank der Gnade Gottes hatte ich überlebt und wieder in mein Leben zurückgefunden. Durch diesen Unfall hatte ich
zwar unendlich viel gelernt, aber vor allem hatte ich dadurch dem
Schicksal in die Karten schauen dürfen und zum ersten Mal begriffen, wie wertvoll das Leben ist.
    Jetzt hatte ich allerdings das Problem, dass ich weder einen Job
noch ein Einkommen hatte.
    Im Leben ist es meistens so, dass man nicht gleichzeitig seinen Lebensunterhalt verdienen und seinem Herzen folgen kann, denn das
sind in aller Regel zwei

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