Schlamm, Schweiß und Tränen
liebenswürdigen, freundlichen Großvaters, der von uns allen geliebt wurde.)
Bei uns zu Hause war immer etwas los, deshalb war meine Ferienzeit einerseits auch sehr erlebnisreich, andererseits aber auch ausgesprochen turbulent und chaotisch. Aber das war typisch für meine
Eltern, insbesondere für meine Mutter, die - selbst nach ihren eigenen
verrückten Maßstäben - immer ziemlich unkonventionell war und
auch heute noch ist ..., und das im besten Sinne des Wortes.
Im Grunde genommen lässt sich meine Familie ganz einfach charakterisieren: Sie ist wunderbar, mitunter auch wunderlich sonderbar.
Die meisten von uns sind zwar relativ normal, aber dennoch gibt es -
wie in jeder anderen Familie auch - den einen oder anderen, der gehörig einen an der Waffel hat.
Das Wunderbare daran war, dass wir als Familie ununterbrochen
herumgereist sind und eine wahre Flut an interessanten Leuten aus aller Welt kennengelernt haben, die allesamt von meiner Mutter regelrecht angezogen wurden - das gehörte einfach zu unserem Leben
dazu. Dabei spielte es keine Rolle, ob wir in einem alten Campingbus
unterwegs waren, um irgendeinem amerikanischen Motivationstrainer zu lauschen, oder ob wir meine Mutter bei der Umsetzung ihrer
neuen Geschäftsidee unterstützten - dem Verkauf von Mixern und
Wasserfiltern.
Unsere Mahlzeiten haben wir zu ganz unterschiedlichen Tagesund Nachtzeiten eingenommen; dazu wurden dann in der Regel
Schweinekoteletts mit dem denkwürdigen Satz „Die sind doch absolut noch in Ordnung." aus einem Behälter herausgefischt. (Selbst
wenn mein Vater sie bereits am Vortag entsorgt hatte, weil sie schon
dunkel angelaufen und schmierig waren.)
Es hatte irgendwie den Anschein, als wäre es das vorrangige Ziel
meiner Mutter gewesen, ihre Familie nach Möglichkeit so richtig zu
mästen. Im Grunde hat dies den Ausschlag gegeben, dass ich mich in
meinem späteren Leben in genau die andere Richtung orientiert habe,
wodurch ich vermutlich eine schon nahezu „krankhafte" Marotte
entwickelt habe, mich gesund zu ernähren. (Obwohl ich es wahrscheinlich insbesondere den Kochkünsten meiner Mutter zu verdanken habe, dass ich mit einem so extrem robusten Magen gesegnet bin,
denn das kam mir bei meinen vielen Survival-Filmen im Laufe der
Jahre sehr zugute. Dem Himmel sei Dank für all die gammeligen
Schweinekoteletts.)
Alle Leute um uns herum haben im Grunde nur die amüsante Seite von Mutters durchgeknalltem Verhalten gesehen, doch die Kehrseite der Medaille war, dass es für uns als Familie bisweilen ziemlich anstrengend war. Auch wenn einige ihrer Ideen oder Ansichten definitiv
geradezu verrückt und skurril anmuteten, so meinte sie dennoch immer, sie hätte recht.
Mit schöner Regelmäßigkeit haben wir sie dabei ertappt, wie sie
im Garten mit einer Kupferrute in der Hand umhermarschierte und
uns weismachen wollte, dass sie sich unbedingt gegen die zu starke
Elektrizität im Haus „erden" müsste. (In Anbetracht der Tatsache,
dass wir die Heizung nie eingeschaltet hatten und dass wir, anstatt das Licht anzuknipsen, viel lieber Kerzen anzündeten, drängte sich
uns dann doch der leise Verdacht auf, dass wohl irgendetwas an unserer Mutter nicht ganz normal war.)
Aber so war meine Mutter nun mal. Von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen, habe ich in meiner Kindheit sehr viel Liebe erfahren
und jede Menge Spaß gehabt - deshalb spielt beides für mich im Zusammenleben mit meiner eigenen Familie eine sehr wichtige Rolle.
Als meine Eltern sich kennenlernten, war meine
Mutter 21 und mein Vater 29. Sie führten eine ziemlich turbulente
Liebesbeziehung, denn sie trennten sich und kamen danach wieder
zusammen - und das am laufenden Band, bis sie irgendwann nach
Barbados durchbrannten und dort heimlich heirateten.
Sie pflegten stets eine sehr liebevolle Partnerschaft, auch wenn
meine Mutter als Scheidungskind in vielerlei Hinsicht durch die
Trennung ihrer Eltern geprägt worden war. Die Angst, verlassen zu
werden, war tief in ihr verwurzelt und deshalb verhielt sie sich meinem Vater gegenüber bisweilen über die Maßen fürsorglich.
Wenn mein Vater und ich also losziehen wollten, um gemeinsam
klettern oder segeln zu gehen, mussten wir uns regelrecht davonstehlen. (Was uns beiden natürlich sehr viel Spaß machte). Ich glaube,
durch diesen Umstand wurde jeder Ausflug zu einer Art Mission.
Und wir hatten eine ganze Menge derartiger Missionen, als ich noch
ein Junge war.
Doch als ich
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