Schlamm, Schweiß und Tränen
Gesichtsausdruck, wenn sie uns erblickten - einfach unbezahlbar.
Ich kann mich auch noch daran erinnern, dass ich es in demselben
Cafe am Seeufer fertiggebracht hatte, Charlie mit seinen Knien durch
das Zaungitter zu drücken und ihn dann dort schmoren zu lassen -
als Retourkutsche für einen anderen Streich, den er mir gespielt hatte.
Er versuchte alles Mögliche, um sich aus seiner misslichen Lage zu
befreien - angefangen beim Olivenöl bis hin zu Passanten, die Hilfestellung leisteten und an ihm zogen und zerrten -, aber erst, als der
Cafe-Besitzer die Feuerwehr rief, hatte ich ein Einsehen und schaffte
es schließlich, ihn freizubekommen.
Zusammen haben wir die immerhin recht breite Themse überquert, und zwar indem wir - anstatt obendrüber - lieber unter einer
der großen Brücken hindurch geklettert sind. Das war eine aufregende Kletterpartie, die einen Mordsspaß gemacht hat - bis Charlies
Auto- und Hausschlüssel aus seiner Tasche rutschten und im Fluss
landeten.
Einmal sind wir sogar zusammen auf einem zugefrorenen See in
Irland ins Eis eingebrochen - es war an Neujahr, und wir haben es
nur mit knapper Not geschafft, lebend herauszukommen. Die Mädchen, mit denen wir zusammen waren, haben danach stundenlang
unsere Schmerzen mit heißen Getränken und warmen Decken gelindert. Und tagelang haben wir ausgiebig ihr Mitleid ausgekostet.
Die Liste unserer Schandtaten lässt sich beliebig fortsetzen, und
ich bin stolz darauf sagen zu können, dass wir auch heute noch genügend Stoff dazu beisteuern. Charlie ist noch immer einer meiner liebsten, loyalsten und lustigsten Freunde und ich bin unendlich
dankbar für diese tolle Freundschaft.
Ach, und übrigens, er ist der absolut begnadetste Künstler auf diesem Planeten, denn mit seinem Wahnsinnstalent schafft er nicht nur
Kunstwerke, die das Leben seiner Mitmenschen stark berühren, sondern er kann auch noch fantastisch davon leben. Ich dachte, das sollte
mal gesagt werden.
Wie dem auch sei, zum Abschluss meiner zwölfmonatigen Auszeit
hatte ich noch eine letzte Reise geplant und danach, so hatte ich beschlossen, sollte ich mich wohl (wenn auch widerwillig) um einen
Studienplatz an der Universität kümmern.
Doch bevor die Reise losgehen konnte, musste ich mir zuerst noch
etwas Geld verdienen.
Ich versuchte mich als Barmann, wurde aber wegen meines überaus lässigen Schlabberlooks gefeuert. Schließlich meinte Ed, einer
meiner alten Schulfreunde, warum ich eigentlich nicht ein paar Kurse
in Selbstverteidigung in London anbieten würde, und zwar ausschließlich für Mädchen?
Das war eine geniale Idee.
Ich ließ also ein paar Handzettel drucken und überredete die Inhaber einiger Fitnessstudios dazu, mir ihre Aerobic-Räume für meine
Kurse zur Verfügung zu stellen. Das war von Anfang an mein Ding.
(Auch wenn die Studiobesitzer mich leider von meinem Vorhaben abgebracht haben, nur Mädchen an den Kursen teilnehmen zu lassen!)
Mit schöner Regelmäßigkeit tauchte immer wieder einer von diesen Macho Typen in meinem Kurs auf, die es nur darauf anlegen, allen zu zeigen, was sie doch für knallharte Männer sind. Doch zum
Glück machten diese Typen relativ schnell wieder den Abgang, weil
ich im Wesentlichen das Prinzip minimaler Kraftanstrengung vermittelte und die Kunst lehrte, die Kraft eines Angreifers so zu nutzen
und umzuleiten, dass sie sich gegen den Angreifer selbst richtet, um
auf diese Weise den Angriff abzuwehren. Folglich hatten die Machos von diesen defensiven Abwehrtechniken - oder besser gesagt, von dieser Art passivem Kampfstil - schnell die Nase voll.
Im Großen und Ganzen jedoch waren meine Kursteilnehmer engagierte und freundliche Menschen, die einfach nur lernen wollten,
wie sie sich verteidigen können, falls sie jemals in eine brenzlige Situation kommen sollten.
Schon bald kamen immer mehr Fitnessstudios hinzu, wo ich meine Selbstverteidigungskurse angeboten habe und so langsam fing ich
an, einigermaßen gut damit zu verdienen. Allerdings habe ich das immer nur als Mittel zum Zweck betrachtet - sprich, um mir meine Reise zu finanzieren.
Irgendwann war dann der Zeitpunkt gekommen, meine Zelte abzubrechen.
Doch da mir das Training mit den treuen Kursteilnehmern immer
viel Spaß gemacht hatte, plagte mich schon irgendwie das schlechte
Gewissen, dass ich die Kurse nicht mehr weiter unterrichten konnte.
Deshalb sorgte ich dafür, dass die Kurse von anderen guten Trainern,
die ich kannte, übernommen
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