Schlamm, Schweiß und Tränen
irgendeinem
unbekannten Nest in Mittelamerika, der einfach nur seinem täglichen Alltagstrott nachgeht.
Ganz gleich, welcher mehr oder weniger normalen Arbeit jemand
nachgeht, ich empfinde für diese Menschen sehr große Bewunderung
und Hochachtung. Denn sie werden weder beachtet noch gefeiert
und dennoch verrichten sie klaglos ihre Arbeit.
Mitunter ist man aber einfach viel zu voreilig oder lehnt sich viel
zu weit aus dem Fenster. Denn zum damaligen Zeitpunkt war ich
immerhin noch sehr unerfahren und blauäugig, eben ein junger Bursche mit ausgebleichten und zum Pferdeschwanz zusammengebundenen Haaren, der gerade von einer Wandertour durch Indien zurückgekehrt und fest entschlossen war, das Leben maximal auszukosten.
Die große Begeisterung und Energie, die ich
investierte, um meine Pläne umzusetzen und mein Leben in vollen
Zügen auszukosten, stand jedoch in krassem Widerspruch zu meinen
recht behäbigen und extrem zögerlichen Bemühungen, die ich an den
Tag legte, wenn es darum ging, mich um meine „akademische Ausbildung" zu kümmern.
Ein paar der Abiturfächer hatte ich nur mit Mühe bestanden und
daher die Abschlussnoten ACDC bekommen, wobei „A" für die beste
Note steht und „D" für ausreichend - also gerade noch bestanden.
(Aber nichtsdestotrotz fand ich das klasse, weil sich meine Abiturnote
genauso las wie der Name einer Rockband.)
Die Ironie des Ganzen war jedoch, dass ich ausgerechnet in der
Prüfung, auf die ich mich praktisch überhaupt nicht vorbereitet hatte
und für die es - wie man mir sagte - einzig und allein auf gesunden
Menschenverstand ankommt, die Bestnote erzielt hatte.
Sachkunde ist ein Unterrichtsfach, in dem zum Beispiel Aufgaben
wie diese gestellt werden: „Beschreiben Sie, wie man mit einem Segelboot rückwärts segeln kann." „Erläutern Sie, wie man herausfinden kann, ob Bäume miteinander kommunizieren'." Diese Aufgaben fielen mir leicht, doch bei den Lernfächern und in Wirtschaftswissenschaften tat ich mich schwer.
Jedenfalls hielt sich meine Motivation, mich an einer Universität
einzuschreiben, doch sehr in Grenzen, zumal ich ja nach jahrelangem
Pauken die Schule gerade eben erst verlassen hatte. Aber gleichzeitig
war ich mir auch nicht ganz sicher, ob ich den Gedanken an ein Studium komplett verwerfen sollte. Ach, Du lieber Gott, muss ich denn
wirklich studieren?
Bei dem verzweifelten Versuch, eine Alternative finden, die mir
mehr Spaß machen würde, verbrachte ich einen Monat vor Studienbeginn geschlagene drei Tage im Foyer des britischen Inlandsgeheimdienstes MI 5 in der Hoffnung, einen Termin für ein Vorstellungsgespräch zu bekommen.
Ich hatte zuvor schon eine schriftliche Bewerbung an den MI 5
geschickt und ein kurzes Antwortschreiben erhalten, worin man mir
für meine Anfrage dankte und mitteilte, dass man gegenwärtig keine
freien Stellen zu besetzen hätte. Der Brief war von einem Fräulein Deborah Malediven unterzeichnet.
Na ja, kann sein, dass ich manchmal auf dem Schlauch stehe, aber
ich bin nicht blöd, denn sogar ich wusste, dass der Name Fräulein
Deborah Malediven komplett frei erfunden war.
Also beschloss ich, hinzugehen und mich persönlich vorzustellen.
Im Nachhinein muss ich vor mir selbst den Hut ziehen, dass ich
Tag für Tag immer wieder von Neuem den Mumm aufgebracht habe,
zu jedem einzelnen dieser zahllosen Eingänge des MI 5-Hauptquartiers im Zentrum von London zu marschieren und um ein persönliches Gespräch mit Fräulein Deborah Malediven zu ersuchen.
Jedes Mal habe ich dem Sicherheitsbeamten erzählt, dass ich einen
Gesprächstermin mit ihr vereinbart hätte und habe gewartet.
Jedes Mal wurde mir höflich mitgeteilt, dass niemand mit diesem
Namen hier arbeitet und dass unter meinem Namen ganz bestimmt
kein Gesprächstermin eingetragen wäre.
Also bin ich wieder gegangen und habe mein Glück beim nächsten Eingang versucht.
Schließlich, nach dem x-ten Versuch, wurde mir zu meiner großen
Überraschung mitgeteilt, dass Fräulein Deborah Malediven nach unten käme, um mit mir zu sprechen.
Während ich also in der großen Marmorhalle des MI 5-Foyers saß
und gespannt wartete, war ich mir auf einmal nicht mehr ganz sicher,
was ich eigentlich wollte. Du lieber Gott, Bear. Was hast Du da bloß
angeleiert, Du Idiot?
Dann endlich erschien ein stämmig wirkender Gentleman - und
der hatte ganz gewiss wenig Ähnlichkeit mit einem Fräulein Deborah
Malediven - auf der anderen Seite der von
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