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Schlamm, Schweiß und Tränen

Schlamm, Schweiß und Tränen

Titel: Schlamm, Schweiß und Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bear Grylls
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Vater gemacht hatte.
    Dennoch plagte mich tief in meinem Innersten die Frage, ob ich
denn nicht wenigstens versuchen sollte, am Auswahlverfahren für die
SAS Reserves teilzunehmen, bevor ich mich bei den Royal Marines
verpflichte.
    Einfach nur so.
    Die nüchterne Antwort, die mein Verstand mir auf diese Frage
gab, hieß ganz klar, dass ich ehrlich zu mir selbst sein sollte. Ich war
fit, ich war kräftig und ich war entschlossen, doch ich war von Natur
aus nicht gerade sehr athletisch und muskulös gebaut - ich hatte immer hart an meinem Körper arbeiten müssen, und wie hart.
    Da viele meiner Freunde von Natur aus viel stärker und ausdauernder waren als ich (dabei mussten sie dafür noch nicht einmal trainieren), meldeten sich tief in mir drin gehörige Zweifel. Doch gerade
weil ich „von Natur aus" nicht mit einem so sportlich muskulösen
Körperbau gesegnet war, hatte ich ja diesen Kampfgeist entwickelt,
wodurch ich in der Lage war, mir immer größere Herausforderungen
zu suchen und immer höhere Ziele zu stecken - sowohl physisch wie
auch mental.
    Und es sollte sich herausstellen, dass genau dieser „Kampfgeist"
und meine Entschlossenheit die wichtigsten Voraussetzungen für die Teilnahme am SAS-Auswahlverfahren waren - weitaus wichtiger
noch als irgendeine angeborene körperliche Eigenschaft.

    Denn wenn das SAS-Auswahlverfahren eins bewirkt, dann dies:
Es sorgt dafür, dass jeder Teilnehmer im Laufe der vielen Monate irgendwann ein Stadium erreicht, wo er physisch „auf dem Zahnfleisch
kriecht" und total erschöpft ist. Total ausgepowert.
    Ganz egal, wie fit er auch ist.
    Wonach der SAS in erster Linie Ausschau hält, ist Kampfgeist und
Enthusiasmus. Er sucht jene Soldaten, die selbst dann, wenn jeder
einzelne Knochen in ihrem Leib schmerzt und nach einer Pause
lechzt, noch das Letzte aus sich herausholen, sich zusammenreißen
und weitermachen, und das immer wieder und wieder von Neuem.
Das hat nichts mit angeborener Fitness zu tun; das hat mit Herzblut
zu tun, und genau dieses Herzblut ist es, das das SAS-Auswahlverfahren von allen Prüfungsteilnehmern verlangt.
    Doch zum damaligen Zeitpunkt hatte ich wahrscheinlich nicht so
viel Selbstvertrauen, um zu begreifen, dass wir alle diesen Kampfgeist
- dieses Herzblut - in uns tragen.
    Denn bei dem Gedanken, zur Marineinfanterie zu gehen, fühlte
ich mich doch ein wenig wohler. Schließlich hatte ich schon einen
kleinen Vorgeschmack davon bekommen, was man von mir als potenzieller Nachwuchsoffizier bei den Royal Marines erwarten würde.
    Ich wusste zwar, dass es hart werden würde, aber ich hatte durchaus den Eindruck, dass ich dem gewachsen wäre.
    Immerhin war ich gut darin, Liegestütze und Klimmzüge zu machen und Geländemärsche in voller Marschausrüstung mit Rucksack
zu absolvieren (das ist gängige Praxis in der Marineinfanterie). Aber
konnte ich auch diese ultra-langen Geländemärsche über hohe Berge
bewältigen, bei denen man mit extrem schwerem Gepäck unterwegs
war, und die schließlich einen wesentlichen Bestandteil des SAS-Auswahlverfahrens darstellten?
    Das befand sich gänzlich jenseits meiner Vorstellungskraft, was
ich glaubte schaffen zu können.
    Doch meine innere Stimme gab noch immer keine Ruhe.
    Zum Schluss hielt ich es dann mit dem guten alten Sprichwort: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. (Das ist ein wichtiger Leitsatz,
den man - das habe ich seit damals gelernt - unbedingt befolgen sollte, damit das Leben nicht langweilig wird.)

    Ich wusste also, dass ich zumindest versuchen sollte, am SAS-Auswahlverfahren teilzunehmen.
    Auch wenn ich es nicht schaffen würde, so hätte ich es doch wenigstens probiert. Es wäre zwar eine Niederlage, aber eine in der sicheren Gewissheit, dass ich absolut alles gegeben hätte. (Ach, und außerdem wusste ich ja, dass der SAS jeden Prüfungsteilnehmer zur Verschwiegenheit verpflichtet, was natürlich perfekt war. Denn wenn ich
durchfallen würde, so schlussfolgerte ich, würde zumindest niemand
etwas davon erfahren!)
    So sah also mein Plan aus. Doch ganz ehrlich, wenn ich auch nur
ansatzweise eine Vorstellung davon gehabt hätte, welche Schmerzen
und Höllenqualen mein Körper während dieses Auswahlverfahrens
durchleiden muss, hätte ich kapiert, dass es purer Schwachsinn ist, an
diesem verrückten Traum festzuhalten.
    Aber glücklicherweise wissen wir ja nicht immer, was die Zukunft
so alles für uns bereithält.

     

Der SAS besteht aus drei Regimentern, wobei

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