Schlamm, Schweiß und Tränen
habt Ihr es Euch selber
zuzuschreiben, wenn Ihr's vermasselt. Ist das klar?"
Das war klar - und es war hart, aber das gefiel mir.
Eine solche Eigenverantwortlichkeit mobilisierte auf seltsame
Weise alle Kräfte.
Eine Menge anderer Soldaten, die ich im Laufe des SAS-Auswahlverfahrens kennengelernt habe, hatten mit dieser inneren Grundhaltung so ihre Probleme. Denn viele Rekruten waren es einfach gewöhnt, dass sie angebrüllt und unaufhörlich von ihren Kompaniefeldwebeln angetrieben wurden.
Beim SAS lief das allerdings ganz anders: All diejenigen, die nur
dann Leistungsbereitschaft zeigten, wenn sie lautstark dazu aufgefordert wurden, waren ziemlich schnell aus dem Rennen.
Man musste in der Lage sein, sich immer wieder zusammenzureißen und zu motivieren, und zwar von ganz allein, ohne Aufforderung von außen. Und wie ich gelernt habe, hieß das beim SAS
eben, dass man „stets noch eine zusätzliche Schippe drauflegen"
musste.
Als die Abenddämmerung hereinbrach und wir total erschöpft
und ausgebrannt waren, durften wir uns endlich zurückziehen. Es
war ein langer und harter Tag gewesen und ich ließ mich auf dem
Betonboden des Hangars in meinen Schlafsack fallen.
Es war noch dunkel, als ich hörte, wie sich die Oberstabsgefreiten
draußen vor dem Hangar formierten, fast lautlos wie Löwen auf der
Pirsch. Ich nestelte im Dunkeln hektisch an meinen Sachen, um
pünktlich abmarschbereit zu sein. Dann um punkt 05:50 Uhr schulterte ich meinen schweren Rucksack und schlurfte mit müden Schritten nach draußen in das fahle Licht der beginnenden Morgendämmerung. Draußen war es sogar noch kälter als drinnen in dem klammen,
offenstehenden Hangar.
Ich musste in Marschordnung antreten, fünf Minuten vor der
Zeit, abmarschbereit.
Denn man hatte uns ganz klar zu verstehen gegeben, was es bedeutet, wenn wir morgens um 06:00 Uhr in Marschordnung anzutreten hatten - nämlich, dass wir in Wirklichkeit bereits um 05:55 Uhr
dastehen mussten. Kam man eine Minute zu spät, wurde man verwarnt. Kam man ein zweites Mal zu spät, flog man raus.
Wir wogen unsere Rucksäcke auf der provisorisch aufgestellten
Waage - mindestens 16 Kilogramm plus Koppeltragehilfe, Gewehr,
Wasser und Verpflegung. Sie waren schwer. (Da ahnte ich allerdings
nicht im Geringsten, was mir im Laufe des kommenden Jahres noch
blühen würde und wie schwer das Marschgepäck am Ende sein würde, das ich durch die Gegend schleppen musste.)
Wir marschierten als Einheit zunächst mit einer relativ zügigen
Schrittfrequenz los, die jedoch nach kurzer Zeit zu einem Eilmarsch
und dann zu einem Dauerlauf gesteigert wurde, während wir immer
demselben Weg um dieselben Berghänge folgten - immer wieder und
wieder.
Und zwar dieselben dreizehn Kilometer - das hieß, vier volle Runden um die bewaldete Anhöhe zu drehen - dieses Mal jedoch mit
komplettem Marschgepäck.
„Los, kommt schon - eine Runde ist geschafft - noch drei sind zu
laufen."
Auf der ersten Hälfte der zweiten Runde haben wir wieder einige
Rekruten verloren, die weit hinter die Gruppe zurückgefallen waren
und dem Tempo nicht standhalten konnten. Denn wenn schon jetzt
das Tempo zu schnell war und das Gewicht zu schwer, war es für ihr
eigenes Wohl einfach das Beste, dass sie bereits in dieser Orientierungsphase „ausgemustert" wurden.
Als es an die dritte Runde ging, hatte ich wirklich hart zu kämpfen: Ich keuchte immer lauter und bekam kaum noch Luft, meine
Nase lief und der Rotz verteilte sich in meinem ganzen Gesicht; jeglicher Sinn für Humor oder verklärte Abenteuerromantik war mir
gründlich vergangen, stattdessen spürte ich nur noch den brennenden
Schmerz in meinen Beinmuskeln und meiner Lunge.
jetzt halt durch, Bear. Los, reif.~Dich zusammen, nur noch eine Runde.
Dann hatte ich endlich das Ziel erreicht. Ich schaute mich um und
sah, dass unsere Gruppe deutlich geschrumpft war und dass jede
Menge zurückgefallene Rekruten noch versuchten, zu uns aufzuschließen. Diese Nachzügler wurden dann beiseite genommen. Ich
habe nie erfahren, was man zu ihnen gesagt hat, aber sie sahen total
niedergeschlagen und völlig fertig aus.
Dann wies man sie an, ihre sieben Sachen zu packen.
Und schon wieder waren acht Kandidaten ausgeschieden. Doch
was mich quälte, war die Angst, ob ich mich weiterhin so unerbittlich
antreiben könnte.
Schließlich war das ja erst die Tauglichkeitsprüfung für die PreSelection. Und sie war hart.
Um wie vieles härter würden
Weitere Kostenlose Bücher