Schlamm, Schweiß und Tränen
„grundlegenden Fertigkeiten" gedrillt und darüber informiert, welche „Aktivitäten" für den
Nachmittag auf dem Programm standen.
Danach wurden wir zum Hindernisparcours beordert.
Bei den Royal Marines hatte ich ja schon ein paar schwierige
Übungen auf dem Hindernisparcours absolviert. Doch das hier fühlte
sich irgendwie anders an. Vorher hatten mir diese Übungen auf dem
Hindernisparcours richtig Spaß gemacht; doch dieser Parcours vermittelte den Eindruck, dass er ohne Schmerzen und Blessuren nicht
zu bewältigen war.
Die Ausbilder wollten absolute Einsatzbereitschaft und echten
Kampfgeist sehen, und es war immer ein Offizier oder ein Ausbilder
anwesend, der jeden schwankenden Schritt und jede Bewegung genau
beobachtet hat.
Mitunter sind sie auch schon einmal rasch eingeschritten und haben so einen armen Tropf heruntergeholt und ihm mit ruhiger Stimme gesagt, er soll noch einmal von vorn anfangen: „Jetzt mach es gefälligst richtig, und dann mit dreifachem Tempo und Einsatz."
Nachdem ich mich zwei Stunden lang ohne Unterbrechung durch
den Dreck gewälzt und gerobbt hatte, in schwindelerregender Höhe
herumgeklettert war und mich kopfüber ins Wasser gestürzt hatte,
war ich total erschossen. Das waren wir eigentlich alle.
Arme und Beine flehten regelrecht nach einer Verschnaufpause.
Doch bevor wir auch nur eine Sekunde hatten, um Atem zu schöpfen, wurden wir bereits durch den Wald zu einer kleinen Lichtung gescheucht, und zwar mit Tempo. Das ganze Gebiet war mit Kanaldeckeln übersät. Dies waren versteckte Eingänge zu einem geheimen
unterirdischen Tunnelsystem.
Für jemanden, der ein Problem damit hatte, in engen Räumen
eingeschlossen zu sein, war diese Übung der denkbar schlechteste
Ort, um das herauszufinden.
Doch wir hatten nicht die Zeit, darüber nachzudenken. Wir wurden jeder einzeln in diese engen, schmalen Kanalschächte hinuntergestoßen - dann wurden die Deckel über uns verschlossen.
Ganz auf uns allein gestellt, hat sich jeder von uns seinen Weg
durch dieses dunkle, enge, unterirdische Labyrinth aus schmalen und
gerade einmal 90 Zentimeter hohen Durchgängen gebahnt.
In jedem Gang standen etwa 15 Zentimeter hoch Wasser und
Schlamm. Ich kroch langsam den Gang entlang, indem ich meine
Arme ausstreckte und meine Hände tastend nach vorn schob, um herauszufinden, wo es weitergeht. Jedes Mal, wenn ich zu einem Kanaldeckel vorstieß und einen kleinen Lichtstrahl sah, der durch die
Ritzen schimmerte, hörte ich, wie schwere Armeestiefel auf dem Metallgitter über mir herumtrampelten.
Dann ertönte das laute Kommando eines Ausbilders: „Bewegung,
vorwärts, schneller."
Klaustrophobie - ein absolutes Unding im SAS-Regiment. Denn
man musste in der Lage sein, in engen geschlossenen Räumlichkeiten
zu arbeiten; man musste in der Lage sein, seine Gefühle und Ängste
unter Kontrolle zu halten und zu lernen, mit ihnen umzugehen.
Doch sofern man dazu nicht in der Lage war, dann war es das Beste, dass das Regiment dies jetzt herausfinden würde, noch bevor man
überhaupt zur Teilnahme an der eigentlichen SAS Selection zugelassen würde.
Schließlich wurden wir aus unseren Rattenlöchern befreit -
müde, mit verkrampften Muskeln und total erschöpft. Dann mussten wir - um das Maß vollzumachen - den Hindernisparcours noch
einmal absolvieren.
Das diente nur dem einen Zweck, dass die Ausbilder so die Chance
bekamen, jede einzelne unserer „Standard"-Charaktereigenschaften zu entlarven: War ich ein zäher Bursche, ein Arbeitstier; behielt ich
unter Druck einen kühlen Kopf, konnte ich mich in einer kritischen
Situation zusammenreißen?
Noch immer gab es keine Verschnaufpause.
Dann wurden wir zu einer großen, schweren, stählernen Artilleriekanone eskortiert, die mitten auf einem Feld stand und tief in den
Schlamm eingesunken war.
„Los, alle Mann kräftig ziehen - und zwar zackig."
Wir zogen und zerrten mit aller Kraft an den Schleppseilen, um so
die Kanone aus dem Schlamm herauszuziehen, und dann auf einmal
begannen die Räder sich langsam zu drehen.
„Wir sagen Euch, wann Ihr mit dem Ziehen aufhören könnt ...,
doch wenn Ihr vorher aufhört, dann könnt Ihr zusammenpacken und
fliegt raus .... `
Die Ausbilder haben ganz selten gebrüllt, stattdessen waren sie
eher die stillen Beobachter, die nach Selbstdisziplin Ausschau gehalten haben. Denn ihr Mantra hieß immer: „Strengt Euch gefälligst an,
Jungs - denn wenn Ihr zu langsam seid, dann
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