Schlamm, Schweiß und Tränen
dann wohl erst die Anforderungen
bei der SAS Selection sein?
Bevor wir jedoch auch nur annähernd so weit waren, dass
man uns in all den Fertigkeiten ausbildete, die ein Soldat einer Spezialeinheit beherrschen muss, mussten wir zuerst erfolgreich die
„Gipfelstürmer"-Phase der SAS Selection absolvieren.
Sie war für den SAS eine ebenso einfache wie probate Methode,
um die große Anwärterschar auf ein recht übersichtliches Grüppchen
zu reduzieren. Dabei ging es stets um einen Wettlauf gegen die Zeit
und gegen das Wetter.
Erst nach dieser harten „Gipfelstürmer"-Phase, wenn nur noch
wenige Kandidaten übrig waren, fing der SAS mit der echten Spezialausbildung und dem Training an, das aus diesen Rekruten Elitesoldaten einer Spezialeinheit macht.
Da ein solches Training für das Regiment immerhin sehr zeit- und
kostenintensiv ist, war es allzu logisch, dass man diese wertvollen Ressourcen nicht in Leute investieren wollte, die - bei genauerer Betrachtung - weder die notwendige Fitness noch die richtige Einstellung für
den Job mitbrachten.
Phase 1 war also dazu da, um kräftig auszusieben; Phase 2 für
Ausbildung und Training.
Seit Beginn der Pre-Selection bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir
schon fast ein Viertel der Rekruten unserer Einheit eingebüßt; nun
standen wir offiziell kurz davor, mit der eigentlichen SAS Selection -
das heißt, mit dem rigorosen Auswahlverfahren, das über die Aufnahme in den SAS entscheidet - zu beginnen.
Als wir in der Kaserne des Regiments ankamen, wurden wir auf
das Kasernengelände geleitet, wo sich der Großteil der Gebäudekomplexe unserer Kompanie befand.
Jetzt war unsere Zugangsberechtigung nicht mehr nur auf ein Nebengebäude und die Sporthalle beschränkt, sondern wir konnten uns
frei auf dem Kasernengelände bewegen.
Das war doch immerhin schon ein Fortschritt.
Wir wurden zunächst darüber informiert, was man von uns ab
jetzt erwarten würde, danach erhielten wir unsere Ausrüstung - unseren ersten Kampfanzug und unsere Grundausstattung.
Im Anschluss daran wurde uns der Umkleideraum für Rekruten gezeigt - auf dem rot angestrichenen Betonboden standen sauber aufgereiht
jede Menge Spinde mit Metallgittern. Dies sollte nun für die Dauer der
SAS Selection unser „Zuhause" sein, sofern wir nicht vorher rausflogen.
Die Botschaft, die man uns unentwegt einhämmerte, war überdeutlich: ,Wenn Du es unbedingt um jeden Preis willst, dann wirst
Du auch bestehen."
Die komplette erste „Gipfelstürmer"-Phase der SAS Selection findet immer in den Brecon Beacons, einer Bergkette im Südosten von
Wales, statt.
In den kommenden sechs Monaten sollte ich jedenfalls den Großteil meiner Zeit damit verbringen, mich schwitzend und keuchend
durch diese Berge zu schleppen - manchmal in sengender Hitze und
praller Sonne, mitten durch ganze Schwärme von Stechmücken und
von Schweiß triefend; dann wiederum gegen Ende des Jahres musste
ich mich durchgefroren und durchnässt durch schweren hüfthohen
Schnee quälen; und mitunter wurde ich oben auf den hohen Gipfeln
von dem extrem starken Wind schier umgeweht.
Es gab Zeiten, da haben wir insgesamt 34 Kilogramm an Marschgepäck mitgeschleppt - so viel wiegt im Schnitt ein ganz normales
achtjähriges Kind.
Unterkühlung, Erschöpfung und der ständige Wettlauf mit der
Zeit sollten zu einem sehr gefährlichen ständigen Begleiter werden.
Man befindet sich in einem fortwährenden Kampf mit dem Wetter,
denn da die Winde mit Sturmstärke über die walisischen Berge hinwegfegen, füllen sich nicht nur die Stiefel mit Wasser, sondern die
Kleidung gefriert auch sofort und wird bretthart. Wie soll man da
vorwärtskommen - und dann auch noch schnell?
Bei dem gesamten SAS-Auswahlverfahren geht es aber um weitaus mehr als nur um körperliche Fitness. Man muss über einen guten
Orientierungssinn verfügen und Karten lesen können, sich mental
schnell auf neue Situationen einstellen können, Selbstdisziplin haben
und wild entschlossen sein, sich durchzubeißen, auch wenn die Beine müde sind und jeder Muskel im Körper nach einer Verschnaufpause lechzt.
Der SAS kann es sich durchaus leisten, bei der Rekrutierung von
Nachwuchskräften so knallhart zu sein, da schließlich immer mehr
Leute zum Regiment wollen und bereit sind, ihre Grenzen auszutesten, indem sie sich diesem rigorosen Auswahlverfahren unterziehen.
Unsere erste Übung in den Brecon Beacons war eine sogenannte
„geführte Wanderung" -
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