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Schlamm, Schweiß und Tränen

Schlamm, Schweiß und Tränen

Titel: Schlamm, Schweiß und Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bear Grylls
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immer wieder.
    In jenen Stunden der Galgenfrist habe ich mich dann immer beschäftigt, indem ich meine mit Blasen übersäten Füße versorgt, etwas
gegessen und mir etwas Warmes zu trinken gemacht habe. Doch
nachdem ich damit fertig war, konnte ich nur daliegen und warten -
warten auf den gefürchteten Aufruf, dass wir zum Appell anzutreten
hatten für das allmorgendliche militärische Konditionstraining.
    Dieses militärische Konditionstraining wurde von Wochenende
zu Wochenende immer unangenehmer und deutlich härter.
    Am nächsten Morgen mussten wir dann in der Morgendämmerung in kompletter Marschausrüstung antreten. Wir alle hatten mit
steifen Knochen und schmerzenden Beinen zu kämpfen; jeder von
uns sah ausgebrannt und völlig fertig aus. Die Ausbilder dagegen
marschierten strammen Schrittes vor uns auf und ab. Sie lechzten
nach Blut.
    Dann, um punkt 05:55 Uhr ertönte der Befehl.
    ,Vorwärts marsch und bleibt dicht hinter uns. Dieses Wochenende
habt Ihr eine erbärmliche Leistung gezeigt, und jetzt werdet Ihr dafür
büßen."
    Die Ausbilder marschierten im Sturmschritt einen der Waldwege
hinunter und wir schulterten unser Gepäck und eilten hinterher.
Doch dann wurde die Schrittfrequenz immer schneller und wir mussten rennen, um mit ihrem Tempo Schritt halten zu können - doch
mit so schwerem Gepäck zu laufen, war nahezu unmöglich.
    Bereits nach 20 Minuten rangen wir alle keuchend nach Luft und
schwitzten wie verrückt, während wir krampfhaft versuchten, Schritt
zu halten. Eineinhalb Stunden später hielt dieses Tempo noch immer
unvermindert an.
    Inzwischen waren wir sozusagen zur Nachhut geworden, zu einem
derangierten, unordentlichen Haufen stöhnender, erschöpfter Körper,
der jegliche Formation vermissen ließ, denn der Abstand vom ersten Rekruten an der Spitze bis hin zum letzten betrug gut eineinhalb Kilometer. Es war mittlerweile helllichter Tag und jeder Einzelne von
uns war total ausgepowert.

    Auf dem letzten Stück des Weges schleppte ich mich mit letzter
Kraft vorwärts und lag irgendwo im Mittelfeld der Truppe, als ich das
Ziel erreichte. Ich war völlig am Ende. Ich hatte absolut keine Kraft
mehr. Nichts.
    Doch wenn man von mir verlangt hätte, noch 50 Meter weiterzugehen, hätte ich alles daran gesetzt, es zu schaffen.
    Als ich dastand, derart schweißgebadet, dass mein Körper regelrecht dampfte, fing einer der Rekruten auf einmal an, leise murmelnd
vor sich hin zu fluchen.
    „Ich hab' die Schnauze voll von diesem Scheiß", grummelte er in
seinen Bart. „Das ist eine verdammte Schinderei. Das ist keine militärische Ausbildung, das ist Sadismus pur."
    Dann schaute er mich an. „Niemand sollte gezwungen werden, so
etwas zu tun", fuhr er fort. „Man behandelt uns wie Lastesel, aber
auch Lastesel brechen irgendwann unter so einer extremen Belastung
tot zusammen."
    Ich sagte zu ihm, er sollte durchhalten und dass er all diese Strapazen vergessen hätte, wenn der Tag erst einmal zu Ende wäre und er
unter der warmen Dusche stünde. Dann fuhr er herum und starrte
mich nur an.
    „Weißt Du, was der Unterschied zwischen Dir und mir ist, Bear?
Du bist einfach noch dämlicher als ich." Und mit diesen Worten
wandte er sich von mir ab, ließ seinen Rucksack zu Boden fallen, ging
hinüber zu den Ausbildern und sagte, dass er hinschmeiße.
    Die Ausbilder haben ihn dann ohne weiteren Kommentar zu den
Lastwagen geschickt.
    Der Rekrut kletterte auf die Ladefläche und ich habe ihn nie mehr
wiedergesehen. So lief das immer ab.
    Sie zwangen einen in die Knie, indem sie stillschweigend die
Messlatte kontinuierlich immer höher gehängt haben, bis man entweder ausrastete, oder aber die Übung in der vorgegebenen Zeit
nicht schaffte.

    Denn sie haben immer zu uns gesagt: „Wir lassen Euch nicht
durchfallen, denn wenn Ihr durchfallt, habt Ihr Euch das selbst zuzuschreiben. Wenn Ihr innerhalb der vorgegebenen Zeit bleibt und immer so weitermacht, dann werdet Ihr auch die Prüfung bestehen."
    Auf dem Rückweg saß ich zusammengekauert auf der Ladefläche
des Viertonners und dachte darüber nach, was dieser Rekrut zu mir
gesagt hatte: „Du bist einfach noch dämlicher als ich."
    Vielleicht hatte er ja recht.
    Na ja, wenn man sich grundlos traktieren lässt, ist das in der Tat
ziemlich dämlich - und wenn man dafür dann nur 27 Pfund Sterling
pro Tag bekommt, dass man das Privileg genießt, derart traktiert zu
werden, ist das noch viel dämlicher.
    Aber

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